Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie
sich nahm, um uns mit Gott zu versöhnen und vor seiner Strafe zu erretten.
Paulus
Wenige Tage nach Jesu Kreuzigung und Beerdigung kamen Gerüchte auf, er sei von den Toten wieder auferstanden. Damit zeigte er, dass er mehr war als nur ein Mensch. Damit zeigte er, dass er wirklich »Gottes Sohn« war.
Wir können sagen, die christliche Kirche setze mit diesem Ostermorgen und den Gerüchten über Jesu Auferstehung ein. Schon Paulus stellte das klar: »Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich.«
Jetzt konnten alle Menschen auf die »Auferstehung des Fleisches« hoffen. Um unserer Erlösung willen war Jesus ja gekreuzigt worden. Und jetzt, liebe Sofie, jetzt musst du dir merken, dass es hier auf jüdischem Boden nicht um die »Unsterblichkeit der Seele« oder irgendeine Form von »Seelenwanderung« geht. Das war eine griechische – und damit indogermanische – Vorstellung. Aber das Christentum lehrt, dass es im Menschen nichts gibt – zum Beispiel auch keine »Seele« –, was von sich aus unsterblich wäre. Die Kirche glaubt an die Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben, aber es ist eben ein Wunder Gottes, dass wir von Tod und Verdammnis errettet werden. Es ist nicht unser Verdienst und es ist keiner natürlichen – oder angeborenen – Eigenschaft zu verdanken.
Die ersten Christen begannen nun, die »frohe Botschaft« der Erlösung durch den Glauben an Jesus Christus zu verkünden. Durch sein Erlösungswerk stand Gottes Reich bevor. Nun konnte die ganze Welt für Christus gewonnen werden. (Das Wort »Christus« ist eine griechische Übersetzung des jüdischen Wortes »Messias« und bedeutet also »der Gesalbte«.)
Nur wenige Jahre nach Jesu Tod wurde der Pharisäer Paulus zum Christentum bekehrt. Auf seinen vielen Missionsreisen durch die gesamte griechisch-römische Welt machte er das Christentum zu einer Weltreligion. Davon erfahren wir in der Apostelgeschichte. Pauli Verkündigung und seine Anleitung der Christen wurden außerdem durch die vielen Briefe verbreitet, die er den ersten christlichen Gemeinden schickte.
Und dann taucht er in Athen auf. Er spaziert einfach auf den Markt der Hauptstadt der Philosophie. Und er war entrüstet, »da er sahe die Stadt so gar abgöttisch«, heißt es. Er besuchte die jüdische Synagoge in Athen und er sprach mit epikureischen und stoischen Philosophen. Von ihnen wurde er auch auf den Areopag geführt. Hier sagten sie: »Können wir auch erfahren, was das für eine neue Lehre sei, die du lehrest? Denn du bringest etwas Neues vor unsere Ohren; so wollten wir gerne wissen, was das sei.«
Kannst du dir das vorstellen, Sofie? Hier taucht ein Jude auf Athens Marktplatz auf und erzählt von einem Erlöser, der ans Kreuz geschlagen wurde und später von den Toten auferstand. Schon bei Pauli Besuch in Athen ahnen wir den Zusammenstoß zwischen griechischer Philosophie und christlicher Erlösungslehre. Aber Paulus kann die Athener offenbar zum Reden bringen. Während er auf dem Areopag steht – und also zwischen den stolzen Tempeln der Akropolis – hält er folgende Rede: »Ihr Männer von Athen«, so fängt er an, »ich sehe euch, dass ihr in allen Stücken allzu abergläubig seid. Ich bin herdurch gegangen und habe gesehen eure Gottesdienste und fand einen Altar, darauf war geschrieben: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige ich euch denselben, dem ihr unwissend Gottesdienst tut.
Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darinnen ist, sintemal ein Herr ist Himmels und der Erde, wohnet nicht in Tempeln mit Händen gemacht.
Seiner wird auch nicht von Menschenhänden gepfleget, als der Jemandes bedürfte, so er selbst Jedermann Leben und Odem allenthalben gibt.
Und hat gemacht, dass von Einem Blut aller Menschen Geschlechter auf dem ganzen Erdboden wohnen, und hat Ziel gesetzt, zuvor versehen, wie lange und weit sie wohnen sollen.
Dass sie den Herrn suchen sollten, ob sie doch ihn fühlen und finden möchten. Und zwar, er ist nicht ferne von einem Jeglichen unter uns.
Denn in ihm leben, weben und sind wir; als auch etliche Poeten bei euch gesagt haben: Wir sind seines Geschlechts.
So wir denn göttlichen Geschlechts sind, sollen wir nicht meinen, die Gottheit sei gleich den goldenen, silbernen und steinernen Bildern, durch menschliche Gedanken gemacht.
Und zwar hat Gott die Zeit der Unwissenheit übersehen; nun aber gebietet er allen Menschen an allen Enden, Buße zu tun.
Darum, dass er einen
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