Soforthilfe bei Stress und Burn-out
nach Weltanschauung eher philosophische Erklärungsmodelle zum Zuge. Die Suche nach dem psychischen Anteil einer Störung artet allzu oft in ein langwieriges Analysieren und Suchen nach Lebenszusammenhängen aus, ohne die biologischen »harten« Fakten zu berücksichtigen. Und was letztlich von den vielen MaÃnahmen geholfen hat oder ob nicht doch Besserungen spontan und aufgrund persönlicher Selbstheilungszufälle eintraten, wird vermutlich in den nächsten Jahrzehnten nicht von der Psychotherapie-Forschung belegt werden können.
Davon abgesehen: Aufgrund der Stigmatisierung psychischer Erkrankungen in unserer Gesellschaft hat noch nicht ein einziger meiner Klienten auf die Standardfrage »Sind Sie psychisch krank?« einfach mit Ja geantwortet. Meist kommt ein klares »Nein!« oder höchstens: »Mein Psychiater sagt, ich habe dies oder das.«
So ist aus meiner Sicht eine Psychiatrisierung für nicht unerheblich viele burn-out-gefährdete oder -betroffene Menschen eher abschreckend und letztlich nicht zielführend. Da immer wieder nicht unerhebliche Zahlen über den Chronifizierungsanteil nach einer psychosomatischen oder psychiatrischen Behandlung bekannt werden, schreckt dies zusätzlich ab.
Ich möchte deshalb das Augenmerk auf den neuen neurosomatischen Ansatz richten, wie er vereinzelt auch in einigen psychiatrischen Kliniken langsam Einzug hält:
Bei Burn-out handelt es sich um eine stressbedingte Entspannungsstörung. Eine rein körperliche Ursache hat sich nach einer gewissen Zeit derart entwickelt, dass eine Entspannung und Vitalisierung mit allen herkömmlichen Regenerationsabläufen nicht mehr möglich ist. Eine lang anhaltende Erschöpfung ist die Folge, nicht die Ursache dieser Entspannungsstörung. Der Umgang damit ist ein mehr oder weniger kreativer Lösungs- und Selbstheilungsversuch.
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Diagnose Erschöpfungsdepression
Dieser Selbstheilungsversuch gelingt immer besser, je weniger die Stresshormone im Gehirn und Organismus in Ãberdosis wirken. Wenn die Diagnose »Erschöpfungsdepression« gestellt wird, ist sie in der Regel der Situation angemessen und richtig. Es ist aber eine Verwechslung mit der Ursache zu vermeiden, wenn man eine langfristige
Heilung und Veränderung anstrebt. Da aber immer wieder eine Ursache gesucht wird, rückt dann bei der Diagnoseerstellung die Anstrengung, die eine Erschöpfung nach sich zieht, in den Fokus. Und das ist schnell die Arbeitsüberlastung, die Lebenssituation oder sonst eine Ursache, die im AuÃen des Menschen zu suchen oder zu finden ist. Damit entzieht sich die Ursache der eigentlichen Beeinflussbarkeit - und lenkt von den Möglichkeiten der inneren Stressbewältigungsstrategien des Betroffenen ab. Da ja jemand so lange erschöpft ist, muss er warten, bis er wieder bei Kräften ist; die Erholung soll von auÃen wieder Kraft bringen: So dreht sich beim Konzept ohne neurosomatische Erkenntnisse und Methoden der betroffene Mensch dann doch im Kreis, da er zur Vitalisierung anderes braucht als Erholung.
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Psychosomatischer versus neurosomatischer Ansatz
Während beim psychosomatischen Ansatz sehr komplexe Vorgänge im Körper im Vordergrund stehen, sind bei der neurosomatischen Betrachtungsweise körperliche, neuronale Steuerungsprozesse im Fokus, die vom Gehirn ausgehend die ganze Funktionalität des Körpers steuern.
Beim psychosomatischen Ansatz wird das ganze Psychogramm des Menschen analysiert und je nach Methode unterschiedlich, aber dann doch immer wieder auf die Kindheit und die Entwicklung des Menschen zurückgeführt. Das hat zur Folge, dass es für eine Erkrankung eine psychische Ursache geben muss. Doch wie soll diese Ursache von einer Schuldsuche in der Kindheit getrennt werden, wenn das Verstehen des Menschen nur in den Abläufen der Kindheit zu suchen ist? Das ist ein als heikel empfundenes Feld - und leider nicht wirklich dienlich.
In der Placeboforschung gilt es als bewiesen, dass rund 70 Prozent aller Heilungsprozesse von der Erwartungshaltung des Menschen gesteuert werden. Das ist eine sehr schlechte Nachricht für die Apparate-Medizin, wenn der Apparat genauso wie die Operation nur dann wirkt, wenn die durch die Behandlung erzeugte Erwartung und nicht die Behandlung an sich die eigentliche Heilwirkung erzeugt.
Wenn wir die neuesten Erkenntnisse der Hirnforschung berücksichtigen, dann ist mit
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