Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
Vom Netzwerk:
ohne Gefahr überall einsetzen.«
    »Ohne Gefahr!« Wyatt versagte beinahe die Stimme. »In seiner Stellung ist der Mann etwa so ungefährlich wie eine Klapperschlange. Dem Mann sind Menschenleben anvertraut.«
    »Den meisten Offizieren in der Marine werden dann und wann Menschenleben anvertraut«, sagte Hansen. »Hören Sie, Dave, ich will Ihnen sagen, wie man mit Männern vom Schlage Schellings umgeht. Er hat ein Brett vor dem Kopf, und man kommt bei ihm nicht durch – er ist zu stur. Deshalb muß man um ihn herumgehen.«
    »Das ist etwas schwierig für mich«, sagte Wyatt. »Ich habe keinen Status. Ich bin nicht in der Marine – ich bin nicht einmal Amerikaner. Er ist es, der an das Wetteramt berichtet, er ist der Mann, dem sie Glauben schenken.«
    »Sie sind ziemlich aufgebracht, nicht wahr? Worum geht es denn?«
    »Ich weiß es selbst nicht«, gestand Wyatt. »Ich habe nur einfach das Gefühl, daß etwas schiefläuft.«
    »Machen Sie sich Sorgen wegen Mabel?«
    »Ich glaube, es ist Mabel – ich bin aber nicht sicher.«
    »Ich hatte Sorgen wegen Mabel, als ich in seinen Eingeweiden herumkurvte«, sagte Hansen. »Aber jetzt läßt er mich ziemlich kalt.«
    Wyatt sagte: »Harry, ich bin hier draußen geboren, und ich habe schon wunderliche Dinge erlebt. Ich entsinne mich, daß uns, als ich noch ein Kind war, gemeldet wurde, da sei ein Hurrikan im Anzug, aber er würde mit dreihundert Kilometern Abstand an Grenada vorbeiziehen. Daher machte sich niemand Sorgen, außer den Leuten oben in den Bergen, die von der Warnung gar nichts gehört hatten. Es steckt eine Menge Karibenblut in diesem Volk, und sie sind seit Tausenden von Jahren auf den karibischen Inseln zu Hause. Sie verrammelten die Luken und gruben sich ein. Als der Hurrikan auf der Höhe von Grenada ankam, änderte er seine Richtung um neunzig Grad und duckte die Insel fast unter Wasser. Woher wußten diese Bergbewohner, daß der Hurrikan so seine Richtung ändern würde?«
    »Sie hatten ein merkwürdiges Gefühl«, sagte Hansen. »Und sie waren vernünftig genug, danach zu handeln. Das ist mir auch schon passiert. Ich flog einmal in den Wolken und bekam plötzlich dieses Gefühl, daher drückte ich das Steuer ein wenig nach vorn und ging etwas tiefer. Und verdammt noch mal, da flog doch so eine zivile Mühle – eine von diesen Geschäftsreisemaschinen – auf der Höhe, die mir zugewiesen war. Er flog um Haaresbreite über mir vorbei.«
    Wyatt zuckte die Schultern. »Als Wissenschaftler soll ich danach gehen, was sich messen läßt, nicht nach Gefühlen. Ich kann meine Gefühle nicht Schelling vorlegen.«
    »Zum Teufel mit Schelling!« sagte Hansen. »Dave, ich glaube nicht, daß es irgendwo einen kompetenten Wissenschaftler gibt, der sich nicht schon einmal auf sein Gefühl verlassen hätte. Ich bleibe dabei, Sie sollten Schelling umgehen. Warum sprechen Sie nicht mit dem Commodore?«
    »Ich will abwarten, wie sich Mabel morgen verhält«, sagte Wyatt. »Ich will sehen, ob es wirklich so schlimm wird.«
    »Vergessen Sie Ihre Gefühle nicht!« sagte Hansen.
    Julies kühle Stimme erscholl hinter Wyatt. »Na, na, Gefühle für Mabel?«
    Hansen lachte und machte Anstalten aufzustehen, aber Julie winkte ihm, sitzen zu bleiben. »Ich tanze mir die Füße wund und habe noch nicht einmal etwas zu trinken bekommen. Diesen Tanz möchte ich jetzt auslassen.« Sie sah Wyatt an. »Wer ist Mabel?«
    Hansen gluckste. »Eine von Daves Freundinnen. Er hat eine ganze Reihe. Dave, erinnern Sie sich an Isobel im vorigen Jahr? Mit Isobel haben Sie wirklich eine Menge Spaß gehabt.«
    Wyatt sagte: »Wenn ich mich recht entsinne, wurden Sie von Isobel ziemlich in die Mangel genommen.«
    »Ah, ich entkam aber doch.«
    Causton schnippte plötzlich mit den Fingern, als er begriffen hatte. »Sie reden von Hurrikanen, stimmt's?«
    Julie sagte schroff: »Warum gibt man ihnen eigentlich Mädchennamen?«
    »Die sind so leicht zu behalten«, sagte Wyatt, ohne das Gesicht zu verziehen. »Und so schwer zu vergessen. Der Verband der amerikanischen Frauenvereine richtete schon einmal eine Beschwerde an das Wetteramt, aber sie wurde verworfen. Eine Runde für uns im Kampf der Geschlechter.«
    »Ich würde mir gern Ihre Arbeiten ansehen«, sagte Causton. »Vom professionellen Standpunkt, meine ich.«
    »Ich dachte, Sie seien auf Urlaub hier.«
    »Zeitungsleute haben nie wirklich Urlaub – und man nimmt Nachrichten, wo man sie findet.«
    Wyatt merkte, daß ihm Causton sympathisch war.

Weitere Kostenlose Bücher