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Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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Wyatts kamen um; es wurden tatsächlich drei Viertel der Bevölkerung ausgelöscht. Dann kam die Zeit der Depression im karibischen Raum – Konkurrenz durch brasilianischen Kaffee, ostafrikanischen Zucker und so fort, und die wenigen noch übrigen Wyatts zogen weg. Meine Eltern blieben noch bis kurz nach meiner Geburt, dann zogen sie hinunter nach Grenada, wo ich aufgewachsen bin.«
    »Wo ist Grenada?«
    »Am südlichen Ende der Inselkette, nördlich von Trinidad. Direkt im Norden von Grenada liegen die Grenadines, eine Kette von kleinen Inselchen, die der Vorstellung von einem Tropenparadies so nahe kommen wie kaum eine andere Gegend im karibischen Raum. Ich werde einmal mit dir dort hinfahren. Wir wohnten auf einer dieser Inseln, bis ich zehn war. Dann kam ich nach England.«
    »Deine Eltern schickten dich dorthin zur Schule?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, sie kamen ums Leben. Es gab wieder einen Hurrikan. Ich kam nach England zu einer Tante; sie zog mich groß und kümmerte sich um meine Ausbildung.«
    Julie sagte mitfühlend: »Ist das der Grund, weshalb du Hurrikane haßt?«
    »Ich glaube, ja. Wir müssen einmal so weit kommen, daß wir diese verdammten Dinger unter Kontrolle bringen, und da dachte ich mir, ich wollte meinen Teil dazu beitragen. Wir können zur Zeit nicht viel tun, außer der Errichtung von Frühwarnsystemen und so weiter, aber es wird die Zeit kommen, daß wir einen Hurrikan aufhalten können, so gewaltig er auch ist. Es wird allerhand Arbeit auf diesem Gebiet geleistet.« Er lächelte sie an. »Jetzt weißt du alles über David Wyatt.«
    »Nicht alles, aber wir haben noch viel Zeit für den Rest«, sagte sie.
    »Kann ich nun auch deine Lebensgeschichte hören?«
    »Die hat auch noch Zeit«, sagte sie, schob seine Hand weg und sprang auf. »Hattest du mir nicht versprochen, zum Baden zu fahren?«
    Sie stiegen in den Wagen, und Julie blickte hinauf zu den grünen Bergen des Massif des Saints. Wyatt sagte: »Das ist eine böse Gegend – unfruchtbar, unwegsam, verseucht. Favel hielt sich dort auf, bis er getötet wurde. Eine ganze Armee könnte dort oben verlorengehen – ja, es sind tatsächlich schon mehrere verlorengegangen.«
    »Oh! Wann war das?«
    »Das erstemal, als Bonaparte versuchte, den Sklavenaufstand niederzuwerfen. Die Hauptkämpfe fanden natürlich auf Haiti statt, aber nebenher schickte Le Clerc ein Regiment nach San Fernandez, um die Rebellion der Sklaven hier zu ersticken. Das Regiment landete ohne Schwierigkeiten und marschierte ohne großen Widerstand landeinwärts. Dann marschierte es dort hinauf – und kam nie zurück.«
    »Was wurde aus ihm?«
    Wyatt zuckte mit den Schultern. »Hinterhalte – Heckenschützen – Fieber – Erschöpfung. Weiße konnten dort oben nicht leben, aber die Schwarzen konnten es. Aber die Berge verschlangen noch eine Armee – diesmal eine schwarze – erst kürzlich. Serrurier versuchte, Favel zu einer offenen Schlacht zu zwingen, und schickte drei Bataillone seiner Armee. Auch sie kamen nie wieder; sie bewegten sich in Favels vertrautem Revier.«
    Julie sah hinauf zu den von der Sonne durchglühten Bergen und fröstelte. »Je mehr ich über die Geschichte von San Fernandez erfahre, desto mehr ängstigt es mich.«
    Wyatt sagte: »Wir Westinder lachen, wenn ihr Amerikaner und Europäer euch die Antillen als tropische Paradiese vorstellt. Was meinst du wohl, warum es in New York von Puertoricanern wimmelt und in London von Jamaikanern? Sie sind die wahren Zentren des heutigen Paradieses. Auf den karibischen Inseln herrschen Armut und Uneinigkeit, und nicht nur auf San Fernandez, obwohl es hier vielleicht kaum noch schlimmer werden kann.« Er brach ab und lachte betreten. »Ich vergaß ganz, daß du versprochen hast, mit mir hier zu leben – ich werbe nicht gerade für die Gegend, oder?« Er schwieg einige Minuten und sagte dann ernst: »Was du über eine Forschungsstelle in den Staaten sagtest, ist schließlich nicht ganz von der Hand zu weisen.«
    »Nein, Dave«, sagte Julie ruhig. »Ich möchte dir das nicht antun. Ich möchte unser gemeinsames Leben nicht damit beginnen, daß du meinetwegen deine Stellung aufgibst – das wäre für uns beide nicht gut. Wir werden auf San Fernandez sehr glücklich sein.« Sie lächelte. »Wie lange muß ich warten, bis ich mein Bad bekomme?«
    Wyatt startete den Wagen und setzte die Fahrt fort. Die Landschaft veränderte sich, während sie höher hinauffuhren, um über den Bergrücken zu

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