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Sohn der Dunkelheit

Sohn der Dunkelheit

Titel: Sohn der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. Ward
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messen konnte.
    Im Ofen wurde etwas gebacken. Brot, dem Geruch nach zu schließen.
    » Ich bin hungrig « , bemerkte Trez und zog die Tür zu. Sie verriegelte sich automatisch, aber aus alter Gewohnheit überprüfte er sie trotzdem.
    Irgendwo bediente jemand einen Staubsauger – vermutlich eine Auserwählte. Seit Phury Primal war und die Auserwählten von ihrem Klosterleben auf der Anderen Seite befreit hatte, bot ihnen Rehv sein Haus als Bleibe an. Und das war gut so. Hier war man ungestört, insbesondere außerhalb der Saison, und die abgeschiedene Lage ermöglichte einen sanften Übergang von der beschaulichen Gleichförmigkeit, die, wenn Trez richtig informiert war, im Heiligtum herrschte, zum hektischen, oftmals aufwühlenden Leben auf der Erde.
    Er war lange nicht mehr in diesem Haus gewesen – seit die Auserwählten eingezogen waren, um genau zu sein. Aber seit Rehv seine Betätigung als Drogenbaron an den Nagel gehängt hatte, indem er das ZeroSum in die Luft sprengte, hatte auch Trez’ Verpflichtung ihm gegenüber an Dringlichkeit verloren.
    Und da Rehv keine Rubine und sexuellen Dienste mehr an die Prinzessin liefern musste, hatte es selten Anlass gegeben, hier hoch in den Norden zu kommen.
    Doch das hatte sich offensichtlich geändert.
    » Hey, Rehv, wo steckst du? « , rief Trez mit dröhnender Stimme.
    Sosehr sein Magen protestierte, traten er und sein Bruder in den großen Wohnraum, mit seinem erdrückenden viktorianischen Dekor: granatfarbene Orientteppiche, Sitzbänke mit Gobelinstickereien bezogen, ausgestopfte Köpfe von Bison, Hirsch, Elch und Rotluchs an der Wand rund um einen Kamin aus grobem Stein.
    » Rehv! « , rief er erneut.
    Mann, vor dieser Waschbärlampe hatte er sich schon immer ein bisschen gefürchtet. Genauso wie vor der ausgestopften Eule mit der Sonnenbrille.
    » Er kommt gleich runter. «
    Trez drehte sich nach der Frauenstimme um.
    Und stellte auf diese Weise die Weichen für sein weiteres Leben.
    Es war eine einfache Treppe, die vom ersten Stock herunterführte, gerade, niedrige Stufen, schlichtes Geländer, keine architektonischen Verkünstelungen.
    Doch angesichts der Vampirin in der weißen Robe, die jetzt am Fuß der Treppe stand, wirkte sie, als führte sie geradewegs vom Himmel herab. Die Vampirin war groß und schlank, verfügte aber über die entscheidenden Rundungen. Ihr wallendes Kleid konnte die hochangesetzten, großen Brüste oder die anmutige Wölbung ihrer Hüften nicht verbergen. Ihre Haut war glatt und milchkaffeefarben, ihr dunkles Haar hatte sie eingedreht und hochgesteckt. Ihre Augen waren hell und von dichten Wimpern gerahmt.
    Ihre vollen Lippen waren rosig.
    Er wollte sie küssen.
    Erst recht, als sie sich bewegten und auf betörende Weise Worte formten, die er nicht verstand …
    iAms harter Ellbogen stieß ihm in die Rippen, und er zuckte zusammen. » Au, was soll der Scheiß – äh, Mist? Verdammt! Ich meine verflixt. «
    Mannomann, was für ein cooler Auftritt.
    » Sie hat gefragt, ob wir etwas essen wollen « , raunte iAm ihm zu. » Ich sagte Nein, für mich nichts. Jetzt bist du dran. «
    O ja, er hatte große Lust, etwas zu verspeisen. Er wollte vor ihr auf die Knie fallen und unter diese …
    Trez schloss die Augen und fühlte sich wie das letzte Stück Dreck. » Nein, danke, für mich auch nichts. «
    » Sagtest du nicht, du hättest Hunger? «
    Trez öffnete die Lider und warf seinem Bruder einen warnenden Blick zu. Wollte er ihn wie einen Idioten dastehen lassen?
    iAms wissender Blick verriet ihm, dass er damit richtiglag.
    » Nein, ich bin satt « , sagte er gepresst, und zwischen den Zeilen teilte er seinem Bruder mit: Treib’s nicht zu weit, mein Freund!
    » Ich wollte gerade nach meinem Brot sehen. «
    Trez musste erneut die Augen schließen, als die Stimme der Auserwählten in seinen Ohren klang. Sie trieb seinen Blutdruck in die Höhe und hatte gleichzeitig etwas Beruhigendes an sich.
    » Weißt du was « , hörte er sich sagen, » vielleicht könnte ich doch noch einen Happen vertragen. «
    Sie lächelte ihn an. » Dann kommt mit. Ich bin mir sicher, wir finden etwas nach Eurem Geschmack. «
    Sie ging auf die Tür zu, durch die er und iAm gerade gekommen waren, und Trez blinzelte wie benebelt.
    Es war lange, sehr lange her, dass eine Frau etwas Unzweideutiges zu ihm gesagt hatte … doch sie schien mit diesen Worten, die man sehr wohl als Anmache interpretieren konnte – zumindest als Lüstling, wie er einer war –, keineswegs

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