Sohn der Dunkelheit

Titel: Sohn der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. Ward

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Sprich mit mir. «
    Die Hand verharrte auf einem seiner Dolche. » Töte … mich … «
    Qhuinns Augen weiteten sich.
    Luchas’ Stimme war nicht wiederzuerkennen, ein heiseres Flüstern. » Töte … mich … mein … Bruder … «

21
    » Wie geht es dir « , fragte Blay.
    Qhuinn stand auf der Veranda vor der Hütte und atmete ein. Ein Hauch von Zigarettenrauch hing in der Luft. Blay hatte sich schon wieder eine angesteckt, und sosehr Qhuinn diese Angewohnheit hasste, er konnte es ihm nicht verübeln. Mann, hätte er etwas für den Mist übrig gehabt, würde er jetzt auch Kette rauchen.
    Er schielte zu Blay hinüber. Der Kerl sah ihn geduldig an, als wäre er im Zweifelsfall bereit, bis zum Ende der Nacht auf eine Antwort zu warten.
    Qhuinn sah auf die Uhr. Eins.
    Wie lang konnte es dauern, bis der Rest der Bruderschaft hier war? Und würde ihr Bergungsplan funktionieren …
    » Ich fühle mich, als würde ich den Verstand verlieren « , antwortete er.
    » Geht mir genauso. « Blay blies den Rauch in die entgegengesetzte Richtung. » Ich fasse es nicht, dass er … «
    Qhuinn starrte auf die Bäume. » Ich habe dich nie nach dieser Nacht gefragt. «
    » Nein. Und ich mache dir keinen Vorwurf daraus. «
    Rhage, V und John waren bei Luchas in der Hütte. Alle hatten ihre Jacken ausgezogen und um den Vampir gewickelt, um ihn notdürftig zu wärmen.
    Qhuinn trug nur noch Muscleshirt und seine Waffen, aber er spürte die Kälte nicht.
    Er räusperte sich. » Hast du ihn gesehen? «
    Blay war nach der Plünderung in das Haus von Qhuinns Eltern gegangen. Qhuinn hatte es einfach nicht über sich gebracht, die Leichen zu identifizieren.
    » Ja, habe ich. «
    » War er da tot? «
    » Ich dachte schon. Er war … ja, er sah nicht so aus, als bestünde irgendeine Chance, dass er noch lebte. «
    » Weißt du, ich habe das Haus nie verkauft. «
    » Das habe ich gehört. «
    Als Enterbter hätte er theoretisch kein Anrecht auf den Familienbesitz gehabt. Doch bei den Plünderungen waren so viele Vampire ums Leben gekommen, dass niemand Anspruch auf das Grundstück erhob, und so war es, gemäß Altem Recht, an den König zurückgefallen – der es Qhuinn prompt als » freien Grundbesitz « übereignet hatte.
    Was immer das hieß.
    » Ich wusste nicht, was ich denken sollte, als ich von ihrem Tod erfuhr. « Qhuinn sah zum Himmel auf. Es waren weitere Schneefälle angekündigt, deshalb gab es keine Sterne. » Sie haben mich gehasst. Ich schätze, ich habe sie auch gehasst. Und dann waren sie weg. «
    Neben ihm wurde Blay sehr still.
    Qhuinn wusste, warum. Plötzlich war er verlegen und vergrub die Hände in den Taschen. Ja, er hasste es, über Gefühle und solchen Scheiß zu reden, aber jetzt konnte er den inneren Tumult einfach nicht mehr für sich behalten. Nicht hier draußen. Unter vier Augen. Mit Blay.
    Er räusperte sich und fuhr fort. » Ich muss gestehen, in erster Linie war ich erleichtert. Ich kann nicht beschreiben, wie es war, in diesem Haus aufzuwachsen. Alle betrachteten mich als wandelnden Fluch. « Er schüttelte den Kopf. » Ich bin ihnen so weit wie möglich aus dem Weg gegangen, hab den Dienstbotenaufgang benutzt, hab mich im hinteren Teil des Hauses gehalten. Aber dann haben die Doggen angedroht, zu kündigen. Das war das Beste nach meiner Transition: dass ich mich aus dem Fenster in meinem Zimmer dematerialisieren konnte. Auf diese Weise musste sich niemand mit mir abgeben. «
    Blay fluchte leise, aber Qhuinn war noch nicht fertig. » Und weißt du, was das Schlimmste war? Die Zuneigung zu sehen, mit der mein Vater meinen Bruder ansah. Es wäre etwas anderes gewesen, hätte dieses Arschloch uns einfach alle gehasst – aber so war es nicht. Und das führte mir vor Augen, wie sehr ich Außenseiter war. « Qhuinn sah Blay von der Seite an. Scharrte mit den Füßen. » Warum schaust du mich so an? «
    » Entschuldige. Ja, tut mir leid. Du … du hast nur nie über sie geredet. Nicht ein einziges Mal. «
    Qhuinn runzelte die Stirn und blickte erneut in den Himmel, stellte sich die blinkenden Sterne vor, obwohl er sie nicht sah. » Ich wollte. Mit dir, meine ich. Nicht mit anderen. «
    » Und warum hast du es dann nicht getan? « Es klang, als hätte Blay sich diese Frage schon öfter gestellt.
    Schweigen machte sich breit, als Qhuinn Erinnerungen ausgrub, die er weit von sich geschoben hatte. Er sah sich. Sah seine Familie. Sah … Blay. » Ich war wahnsinnig gern bei dir. Ich kann dir gar nicht sagen, wie viel es