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Sohn der Unendlichkeit

Sohn der Unendlichkeit

Titel: Sohn der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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einmal in der Gegenwart Amaouris. Träume und Wirklichkeit, banale physikalisch erklärbare Eindrücke wie das Sausen des Flugwindes und der Anblick des Meeres und der dreifarbigen Klippen, Gedanken und eine Masse schlecht kontrollierbarer Bestandteile seiner Hochstimmung ergaben zusammengenommen einen Zustand der Verwirrung, der ihm absolut neu war und ihn berauschte. Aber dahinter drohten und lauerten die nüchternen Überlegungen des Kuriers, der einen bestimmten Zweck erfüllen mußte. Dorians Ausrüstung war ziemlich dürftig – hier brauchte er wenig, um zu überleben. Die Luft Halcyons war mit der Gashülle Terras identisch, der Planet war gleichgroß und besaß dieselbe Schwerkraft an der Oberfläche.
    Der Boden und das Wasser kamen ihm entgegen, als er seine Flügel bewegte und sich in eine Kurve steuerte. Wieder blendeten ihn die Sonnenstrahlen. Er sank etwas langsamer als der Weg des Gestirns über den Horizont, der scheinbare Weg selbstverständlich. Sein Ziel war ein Teil des Archipels, der für ihn eine besondere Bedeutung zu haben schien. Ein System von sieben Inseln war es, die sich, kreisförmig umsäumt von Hunderten anderer Klippen und Riffe, im Zentrum dieses Kontinents aus Felsen befanden.
    »Ein guter Kurier ist durch nichts zu überraschen«, murmelte Dorian und versuchte, seine Gedanken und Empfindungen zu klären. Er mußte dieses unfaßbare Glücksgefühl durchstoßen und wieder zu einer realistischen Beurteilung der Lage kommen!
    Der Ausspruch stammte, wie nicht anders zu erwarten, von Diomed III. der wartend auf Terra saß und vermutlich inzwischen seine Fingernägel mehrfach abgeknabbert hatte.
    Die Inseln kamen näher. Dorian schwenkte in einen Kreis mit geringerem Radius ein und sah die Spitzen der Felsen auf sich zukommen. Irgendwo hier mochte der Würfel schweben und weitere Informationen zum Schiff hinauffunken und somit die Speicher füllen. Hinter ihm schwebte die Landekugel. Sie war unsichtbar und interessierte ihn im Augenblick nicht sonderlich. Er hatte eigene Probleme.
    So etwa hatte sich vermutlich Dädalos gefühlt, als er über Kreta schwebte und die geschichtsträchtige Insel aus der Perspektive eines Vogels gesehen hatte. Mit den Augen des Adlers betrachtet, schrumpften viele Dinge auf ihren wahren Stellenwert zusammen.
    Dädalos?
    Sein Sohn hieß Ikaros, er näherte sich der Sonne und stürzte ab, weil die Hitze seine Federn aus der Halterung herausschmolz.
    Ein Gedanke durchfuhr Dorian. Er war zu schnell, um festgehalten werden zu können. Der Kurier wurde abgelenkt, denn in seinem Schwebeflug hatte er sich der mittleren der sieben Inseln genähert.
    Die Insel war eine der größten, die er gesehen hatte. Unter all den Riffen und Klippen schien diese Ansammlung von Gestein, das sich aus dem Meer gehoben hatte, wichtig zu sein. Zunächst nahm der schwebende Kurier nur die Spitze deutlich wahr. Dort befand sich ein kühnes Bauwerk, das zum Teil aus dem Gestein selbst herausgearbeitet und zum anderen Teil mit den ausgebrochenen Steinen gemauert worden war. Große, vorspringende Terrassen, an deren Rändern gerade und schlanke Bäume wuchsen, sahen aus wie Kanzeln. Unter ihnen waren nur die weißgischtende Brandung und das Meer des Planeten. Irgendwie schien diese Insel auch ein Mittelpunkt zu sein. Dorian erhaschte einen kurzen Blick auf eine längliche, bandförmige Anlage, deren Zweck ihm völlig unklar blieb. Die ersten waagrechten Sonnenstrahlen fielen darauf und ließen das Band aufleuchten. Es sah aus wie flüssiges Silber mit schwarzen Gliedern und Feldern darinnen.
    »Darum kann ich mich später kümmern!« sagte Dorian laut.
    Er umkreiste den Felsgipfel dreimal, dann steuerte er wieder aufwärts und ging in eine Landespirale über. Er wollte auf einem Vorsprung landen, den die Avihomiden als Amphitheater ausgebaut hatten. Von dort führte eine weiße Treppe, mehrfach durch Bäume und Büsche seinem Blick entzogen, nach oben. Sie befand sich im oberen Drittel der Insel, die sich etwa eintausend Meter aus dem Meer erhob. Das Wasser unter ihm lag da wie ein blauvergütetes Glas; die Wellen waren so klein, daß er sie nur sah, weil Licht und Schatten auf ihnen spielten und mikroskopisch winzige Strukturen erkennen ließen.
    Die Hitze des Gestirns brannte auf Dorians Rücken. Er steuerte in einer Spirale, deren Windungen immer enger wurden, auf die Bühne des Theaters zu. Noch wußte er nicht, ob diese getreue Kopie eines altgriechischen Theaters wirklich das war, was

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