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Sohn der Unendlichkeit

Sohn der Unendlichkeit

Titel: Sohn der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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dieser Planet angeflogen wird!« sagte er.
    Seit Tagen kämpfte er damit, der Automatik die entscheidende Frage zu stellen, wie lange sie noch bis zum vierten Ziel der Reise brauchen würden. Aber immer wieder zuckte er davor zurück. Es war für ihn unterhaltender und spannender, sich überraschen zu lassen.
    Er rief eine Unzahl von Musikprogrammen ab …
    Er las viel und absolvierte ein Trainingsprogramm für seinen Körper, das er mit der ihm anerzogenen Konsequenz durchexerzierte und durchhielt. Er schlief lange und träumte. Er dachte an Amaouri und, immer schwächer und verblassender, an alle anderen Menschen, die er getroffen hatte. Und langsam begann er sich zu verändern. Er wurde ruhiger, gemessener und sachlicher. Er begann, die Dinge in ihrer Größenordnung zu sehen. Darunter fielen auch und besonders die Dinge, die ihn selbst betrafen.
    Als das Signal kam, sagte er nur:
    »Endlich!«
    Er ahnte nicht, was ihm bevorstand. Es war weniger schlimm als die Erlebnisse auf Charontes, aber tiefgreifender als alles andere. Einschließlich seiner Krisen auf Terra.
     
    *
     
    Es traf ihn wie ein Schlag in den Magen, als er endlich den Planeten im Makroskop erblickte. Es war eines der wenigen intensiven Bilder, von denen er seit zwei Jahrzehnten träumte. Dorian fühlte, wie seine Finger leicht zu zittern begannen; Unruhe und Begeisterung kämpften in ihm. Dann erschrak er wieder. Die plötzliche Erkenntnis, daß Traumbilder tatsächlich wahr werden konnten, mußte ihn erschrecken. Auch seine lange Beschäftigung mit hypothetischen fremden Planeten, deren Landschaften und Menschen hatte ihn nicht davor bewahren können, diese Bilder zu bestaunen. Er starrte das Bild an, als könne er heute zum erstenmal seine Augen gebrauchen.
    »Das darf nicht wahr sein!« sagte er leise.
    Das Schiff stand in einem stabilen Orbit. Die Landekugel ruhte sicher verankert in den Magnetlagern des betreffenden Großschleusenraumes. Dorian Variatio hatte eine kleine, würfelförmige Robotsonde hinuntergeschickt und sie arretiert, als die ersten klaren Bilder auf dem großen Sichtschirm auftauchten.
    »Es ist unmöglich!« flüsterte er. Das Bild zog ihn in seinen Bann.
    Er sah eine lange, waagrechte Brandungslinie. Die sanften, weißgekrönten Wellen eines warmen Ozeans schlugen gegen die Felsen. Dort, wo die Bilder aufgenommen wurden, mußte es früher Morgen sein, denn die Felsküste wurde voll beleuchtet. Es gab nur wenige Schlagschatten. Der Absturz war schwarz, weil? und blau geädert. Nur drei Farben waren zu sehen, zum größten Teil liefen die Streifen waagrecht.
    Es war keine eigentliche Küste.
    Aus dem Ozean wuchsen hügelartig und hintereinander gestaffelt die Inseln heraus. Es gab dort sicher wenig Land, auf dem etwas angebaut werden konnte. Kaum eine einzige Steigung war geringer als fünfundvierzig Grad. Unablässig hämmerte die Brandung gegen die Klötze und Mauern der Bruchstücke, schlug hoch und zerstäubte in weißen Schleiern, auf denen das Licht der Sonne regenbogenähnliche Effekte hervorrief. Eine paradiesische Küste. Die schroffen Hänge waren übersät von Bäumen. Dorian konnte sich vorstellen, daß sie aussahen wie Olivenbäume, die sich mit knorrigen, harten Wurzeln in jeder Felsritze festklammerten und nicht sterben wollten, obwohl sie tot aussahen.
    »Das also ist Halcyon!«
    Inseln. Viele Inseln. Sie wirkten so, als habe sie ein mächtiger Vorgang der Orogenese aus dem Boden gehoben, durch die Wasseroberfläche gerammt und der Erosion ausgesetzt. Steile Hänge voller tiefer Kerben und Schluchten, miteinander verbunden durch gekrümmte Brücken, die aussahen, als wären sie Überreste von gewaltigen Lavablasen. Und überall, an jedem freien Fleckchen, wuchsen Gras und Bäume, Büsche und Lianen, auf denen ihrerseits wieder farbenprächtige Schmarotzer wucherten. Wortlos bewunderte Dorian die Farben und die Bilder, die Aufteilung der Flächen zwischen Wasser und Land. Das Land war der Horizont, die Inseln die Unterbrechungen in der waagrechten Linie. Das alles wirkte ähnlich wie ein Bild des Surrealisten Ives Tangui.
    Ich weiß es. Ich bin am Ziel! sagte er sich.
    Er brauchte nicht einmal seine Wahrnehmungsbereiche auszudehnen, um die Schönheit dieses Planeten sehen und analysieren zu können. Sie wirkte direkt, ohne jeden Umweg, auf die Emotion, auf das Gefühl. Die Wirkung war absolut ehrlich, weil sie natürlich und keineswegs manipuliert war.
    Während der Würfel langsam in einem riesigen Kreis um

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