Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)
des Fruchtwassers aus dem Urin des Fötus. Und da die Lungenfunktion von der Atmung im Fruchtwasser abhängig ist, sind bei einer sehr schweren Dysplasie die Lungen des Kindes stark unterentwickelt. Ich entschied mich daher für einen Kaiserschnitt. Der Eingriff war für den 20 . Dezember 1981 terminiert. Gewisse Mächte taten alles, was sie konnten, um mich von diesem Fall abzuziehen und durch einen Kollegen des Monash Institute zu ersetzen. Doch die werdende Mutter wollte davon nichts wissen. Sie bestand darauf, dass ich – und nur ich – sie behandelte. Die Mutter wurde zu dem festgesetzten Datum im St. Gabriel’s Nursing Home in Knightsbridge entbunden. Wie erwartet, hatte das Kind eine schwere renofaziale Dysplasie und überhaupt keine Nierenfunktion. Daher wurde es sofort auf die Intensivstation gebracht. Ich hatte wenig Hoffnung, dass das Kind mehr als ein paar Stunden überleben würde, wegen der schlechten Lungenfunktion. Nun, am folgenden Morgen schaute ich gleich als Erstes nach dem Kind. Doch die Körperfunktionen des Säuglings waren völlig normal. Es war ein völlig anderes Baby.«
»Sie sind sicher, dass Sie sich nicht irren?«, fragte MacKenzie.
»Ich bin ein Fachmann auf dem Gebiet. Ein Irrtum war ausgeschlossen. Ich schlug Alarm. Doch alle Unterlagen waren geändert worden, sodass sie mit dem ausgetauschten Baby übereinstimmten. Das Pflegepersonal, mit dem ich an diesem Fall zusammengearbeitet hatte, war mysteriöserweise unauffindbar, und die Mutter – die das Kind natürlich nie gesehen hatte – hielt es für ein Wunder. Die Mächte im Hintergrund, die dies alles inszeniert hatten, waren offenbar sehr, sehr einflussreich. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden war ich von einem angesehenen Arzt zu einem Verrückten abgestempelt. Als ich meine Praxis in der Harley Street erreichte, stellte ich fest, dass mein Büro durchsucht und all meine Akten konfisziert worden waren. Vom MI 6 , wie man mir mitteilte. Ich wurde sofort suspendiert, und mein Name wurde von der britischen Presse durch den Schmutz gezogen.«
»Grobes ärztliches Fehlverhalten«, flüsterte MacKenzie. Er erinnerte sich an die Schlagzeilen. »Es hieß, Sie seien während der Operation betrunken gewesen. Dass sie seit Jahren ein Alkoholproblem hätten.«
»Ein trockener Sherry zu Weihnachten, das ist alles, was ich je getrunken habe. Sie haben mich abgeschoben und zum Schweigen gebracht. Mir meine Glaubwürdigkeit geraubt. Ich habe meine Familie verloren, meinen Beruf, mein Leben . Und das hier ist aus mir geworden.«
Percival kramte in einer seiner Plastiktüten.
»Was sie aber nicht wissen, ist, dass ich zwei zusätzliche Untersuchungen durchgeführt habe – eine direkt nach der Geburt, eine weitere am nächsten Morgen. Diese Unterlagen hatte ich unmittelbar darauf in der Redgrave Medical Library deponiert, unter einer erfundenen Fallbezeichnung, wo sie nun seit über sechzehn Jahren liegen, ohne dass sie einer entdeckt hat. Sie wollen Beweise? Da können Sie sie finden!«
2025 Stadthaus der Familie De Vere –
Belgrave Square, London
Jason ließ MacKenzies Brief sinken und durchblätterte die anderen Papiere. Auf die Rückseite des letzten Blattes war eine Adresse gekritzelt: The Redgrave Medical Library, 64 Wimpole Street.
»Wimpole Street«, sagte Jason zu sich selbst. »Das war es also, wonach Mutter gesucht hat.«
1998 Aveline-Stiftung –
Edinburgh, Schottland
»Ich habe an dem Morgen, als ich in die Klinik kam, eine Probe der DNS des Neugeborenen entnommen. Ich besitze zudem immer noch eine Probe der DNS aus den pränatalen Untersuchungen.«
Percival holte einen kleinen Metallbehälter aus seiner Plastiktüte.
»Ich habe nichts mehr zu verlieren, MacKenzie. Ich habe vielleicht noch sechs Wochen zu leben, maximal. Sie können mir nichts mehr anhaben. Ich brauchte einen Experten auf dem Gebiet der Genetik. Jemanden, dem ich das hier anvertrauen konnte.« Er öffnete den Metallbehälter und legte zwei Objektträger vor MacKenzie auf den Tisch. »Ich habe so etwas nie zuvor in meinem Leben gesehen. Die DNS des zweiten Babys meine ich.«
Percival sah zu MacKenzie auf. Seine Lippe zitterte.
»Des Wechselbalgs.«
MacKenzie stand auf und ging zu dem großen Mikroskop, das in einem Nebenraum seines Arbeitszimmers stand. Percival folgte ihm. Seine Hände zitterten, als er dem Professor den ersten Objektträger reichte.
»Das ist die DNS des ursprünglichen Kindes«, erklärte der ehemalige
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