Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)
hochgeistigen Anstrengungen.«
Jether versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. »Heiterkeit hat allezeit ihren Platz in den himmlischen Gefilden«, meinte er seufzend. »Aber heute haben wir schwerwiegende Dinge zu besprechen. Obadiah, Dimnah, ihr seid entlassen.«
Er wartete, bis die beiden Jünglinge von ihren kurzen Beinen die vergoldeten Stufen hinuntergetragen worden waren, die vom Turm der Winde hinabführten. Jether seufzte. »Oh, ein Jüngling zu sein … eine so unkomplizierte Existenz zu führen! Aber nun zu anderen Dingen, hochwürdige Mitstreiter. Wir sind heute hier versammelt, um uns ernsten Dingen zu widmen. Ich eröffne hiermit die Sitzung des Rates.«
Er schlug das große goldene Buch auf, das vor ihm lag. Nachdem er die Seite gefunden hatte, die er suchte, wandte er sich erneut den Ältesten zu.
»Es sind nun nahezu zweitausend Jahre vergangen, seit Lucifer bei Golgatha besiegt wurde.«
Er hielt inne, um seine Worte einsinken zu lassen.
Maheel hob sein silbernes Haupt. »Die große Endschlacht Armageddon rückt näher.«
Issachar nickte zustimmend. »Auch Lucifer ist dies wohl bewusst. Bei Golgatha wurde ein Drittel seiner gefallenen Engel von unseren Heeren vernichtend geschlagen.«
»Lucifer hat geschworen, dass dies nie wieder geschehen soll«, hob Jether hervor. »Und wie wir alle wissen, hat er einen Plan geschmiedet. Einen teuflischen Plan.«
Er blickte auf die versammelten Ältesten.
»Einen Plan, seinen eigenen Messias hervorzubringen. Den Sohn der Verdammnis.«
Aller Augen waren auf ihn gerichtet.
»Mein hochwürdiger Mitstreiter Issachar. Bitte berichte dem Rat über deine Erkenntnisse.«
Issachar der Weise faltete die Hände. Seine sonst heiteren Züge waren ernst.
»Meine verehrten Mitstreiter. Was wir herausgefunden haben, lässt Übles für das Menschengeschlecht erahnen. Lucifers Ziel ist es, durch seinen dunklen Messias die Welt der Menschen mittels der Errichtung einer Neuen Weltordnung zu beherrschen. Zu diesem Zweck beabsichtigt er, die Bankensysteme, den militärisch-industriellen Komplex, die Geheimdienste und Spionageorganisationen, die Pharma- und Drogenkartelle und die Massenkommunikationsmittel unter seine Kontrolle zu bringen.« Issachar seufzte. »Sein Ehrgeiz ist grenzenlos. Durch seinen Messias gedenkt Lucifer letzten Endes selbst die Menschheit zu regieren.«
»Ich danke dir, Issachar.« Jether ließ den Blick durch die Runde schweifen. »Als einem der Gestürzten ist Lucifer die Schöpferkraft genommen, die allein von Jehovah ausgeht. Darum kann er kein menschliches Wesen aus dem Nichts erzeugen.« Er machte eine bedeutungsvolle Pause. Alle hingen gebannt an seinen Lippen. »Doch bei den Menschen hat sich der technische Fortschritt in den letzten Jahrzehnten auf ungeahnte Weise beschleunigt. Wir haben erfahren, dass Lucifer in der Welt des Menschengeschlechts ein Abbild seiner selbst zu erschaffen gedenkt. Einen Klon, der seine eigene DNS trägt.«
Die Mitglieder des Hohen Rates starrten Jether entgeistert an.
Lamaliel ergriff das Wort. »Er wird nicht mehr auf die Stalins und Hitlers dieser Welt angewiesen sein, die alle am Ende seine Erwartungen enttäuscht haben.«
»Du hast wahr gesprochen, verehrter Lamaliel.« Jether wandte sich Xacheriel zu. »Xacheriel, als Jehovahs hochwürdiger Kurator der Wissenschaften und Universen, erläutere uns bitte die wissenschaftlichen Hintergründe, soweit sie bekannt sind.«
Xacheriel, der seine großen gelben Gummistiefel inzwischen abgestreift hatte, stand auf. An seiner Haltung war nun nichts mehr, das zum Lachen gereizt hätte, als er seine Unterlagen durchblätterte, die vor ihm auf dem Tisch lagen.
»Verehrte Mitstreiter. Hochwürdiger Jether …« Xacheriels Stimme zitterte vor Anspannung. »Anders als bei Christos’ Geburt wird an der Geburt von Lucifers Messias nichts Übernatürliches sein. Es wird sich dabei vielmehr um ein Ergebnis biogenetischer Forschung handeln … ausgeführt von Lucifers schändlichen Superwissenschaftlern aus den Reihen der Gestürzten. Den Zwillingen von Malfecium, meinen eigenen Zöglingen, die ich lange Jahre hier in den wissenschaftlichen Portalen des Ersten Himmels angeleitet habe.« Xacheriels Gesicht hatte sich gerötet, ob vor Zorn oder Scham, ließ sich nicht sagen.
»Bitte beruhige dich, alter Freund«, ermahnte ihn Jether sanft. »Die Zeiten solchen Verrats in unserer Welt sind längst vorbei.«
Xacheriel funkelte die Ältesten um den Tisch unter buschigen
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