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Solang die Welt noch schläft (German Edition)

Solang die Welt noch schläft (German Edition)

Titel: Solang die Welt noch schläft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Platz hatten, ihre Waren mit Hilfe großer Maschinen schneller und günstiger zu produzieren.
    »Sollen sie nur alle gehen«, hörte man den Schmied-Schmied des Öfteren sagen. »Für Handwerksbetriebe wie eine Seilerei mag die Zeit in der Stadt abgelaufen sein, aber Pferde müssen immer beschlagen werden. Mir wird die Arbeit nicht so schnell ausgehen.«
    Arbeit, Arbeit, von früh bis spät – das war alles, was Josefines Leben ausmachte! Missmutig hatte sie aus Claras Fenster gestiert und sich weit fortgewünscht.
    Acht bis zehn Pferde beschlug ihr Vater jeden Tag. Montags waren es auch einmal zwei Tiere mehr, denn dann kamen die Droschkenpferde der Allgemeinen Berliner Omnibus-AG dazu, die übers Wochenende noch mehr Städter als sonst durch die Straßen kutschiert hatten. Montags wurde es oft zehn Uhr am Abend, ehe Josefine mit dem Aufräumen und Saubermachen in der Schmiede fertig war. Dass Felix dabei half, erwartete niemand. Niemand fand etwas dabei, wenn er sich mit seinen Holzpferden und Kutschen beschäftigte, die echten Pferde und die Arbeit, die sie machten, jedoch ignorierte. Felix war schließlich der kleine Prinz. Sie nur die Magd. Und wegen ihm hatte sie nun auch noch auf den Besuch beim Onkel verzichten müssen …
    Josefines Kopf war voller griesgrämiger Gedanken gewesen, als Sophie Berg in Claras Zimmer erschien. »Aus der Werkstatt deines Vaters steigt Rauch auf, und das an einem Sonntag – was hat das zu bedeuten?«, hatte sie stirnrunzelnd gefragt.
    Josefine schloss die Augen. Sie wollte sich nicht erinnern. Nicht hier und nicht jetzt. Aber ihre Gedanken ließen sich nicht aufhalten, wie wild gewordene Pferde stürmten sie durch ihren Kopf.
    Das Scheunentor war verriegelt gewesen. Felix’ Namen schreiend, konnte sie bereits den Geruch nach Feuer und verbranntem Horn riechen. Der Spitzbube! Wie oft hatten die Eltern ihm verboten, an die Streichhölzer zu gehen? Wenn sie herausbekamen, dass der Junge schon wieder gezündelt hatte, würde man dies ihr anlasten! Angstvoll und verärgert zugleich trommelte sie mit der rechten Faust so fest gegen das Tor, dass ihre Hand schmerzte. Wut und Angst wuchsen. »Mach auf!« Doch erneut geschah nichts. Sie glaubte jedoch, ein leises Lachen zu hören.
    »Na warte!« Ihren Rock zusammenraffend, rannte sie in den Geräteschuppen. Eine Axt. Sie brauchte ein Werkzeug, groß und schwer, mit dem sie die Tür aufbrechen konnte. Schnell hatte sie gefunden, was sie suchte. Josefine donnerte die Axt mit einer solchen Wucht gegen die Scheunentür, dass sie ihr aus der Hand fiel. Die Tür gab zwar nicht nach, aber zwei ihrer Bretter hatten sich durch die Kraft des gewaltigen Schlags gelockert. Sogleich drang die Hitze machtvoll nach außen, das Feuer nährte sich durch die frische Luft und loderte in der Nähe der Tür hellgelb auf.
    Josefines Handgelenke brannten, Splitter trieben sich in ihr Fleisch, als sie die Holzbretter mit bloßen Händen herausriss.
    Lieber Gott, pass auf meinen Bruder auf. Er ist doch noch ein Kind, er weiß nicht, was er tut. Lieber Gott, nimm mir alles, aber pass auf meinen Bruder auf.
    Sie hatte zu Gott gebetet wie noch nie in ihrem Leben. Aber Gott war nicht anwesend an jenem Sonntag. Das Feuer jedoch … Es hatte ihre Gedanken und Gebete ausgelöscht. Und Felix’ Leben noch dazu.
    »Felix! Wo bist du?« Ihre Stimme klang gedämpft, als würde sie durch einen dicken Stofflappen sprechen. Heftig blinzelnd schaute sie in das glühend heiße Flammenmeer, und in ihren Ohren pochte ein bohrender Schmerz, während sie sich blind in die brennende Hölle vortastete.
    Sie war zu spät gekommen. Ihr kleiner Bruder war in den Flammen jämmerlich verbrannt.

3. Kapitel
    Das Frühstück war eine karge Angelegenheit, die unter der Aufsicht von zwei mürrischen Aufseherinnen in einem düsteren, kalten Saal stattfand. Auch hier gab es nur im oberen Drittel der Wände schmale Fenster, durch die wenig Licht fiel. Wie in einem Keller, dachte Jo und setzte sich an einen der äußeren Tische. Vielleicht lagen die Räume, in denen sich die Jugendabteilung des Frauengefängnisses befand, tatsächlich unter der Erde? Als sie eingeliefert worden war, hatte sie auf solche Dinge wie Treppenstufen nicht geachtet, aber »lebendig begraben wie in einer Gruft« – so fühlte sie sich schon jetzt, nach nur einer Nacht. Am liebsten wäre sie aufgestanden und einfach gegangen.
    Während sie eine trockene Schrippe kaute und dünnen Tee dazu trank, spürte sie immer

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