Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)
Mittag zurück.«
Schweigend ritten sie durch den Wald, und wie beim ersten Mal rief Klaus: »Wer als Erster am See ist.«
Diesmal war er wieder vor ihr da. »Es ist so heiß«, sagte er lächelnd. »Ich muss schwimmen. Kommst du mit?« Wie selbstverständlich war ihm das Du über die Lippen gekommen. In Windeseile hatte er Hemd und Hose abgestreift und sprang in das glasklare Wasser.
Feodora zögerte nicht einen Moment. Sie schwammen eine Weile nebeneinander, sprachen nicht, sahen sich nur an, und sie fühlte seinen Körper, nah, schrecklich lebendig. Feodora glaubte zu träumen. Als sie aus dem Wasser stiegen, gingen sie Hand in Hand an eine mit weichem Moos bewachsene Stelle. Die ausladenden Zweige einer Trauerweide schützten sie vor der sengenden Sonne.
»Leg dich hin«, sagte er leise. »Ich werde dich abtrocknen.« Zärtlich strichen seine Finger über ihre feuchte, zarte Haut. Langsam, als hätten sie alle Zeit der Welt, liebkosten seine Hände ihren Körper.
Sie hielt die Augen geschlossen. Bewegungslos lag sie da. Sie spürte seine Lippen in ihrem Gesicht, auf ihrem Mund. Dann glitten sie über ihren Hals, küssten zärtlich ihre Brüste, saugten an den kleinen, harten Spitzen. Sein Kopf glitt tiefer, seine Zunge fuhr über ihren Bauch, ihre Schenkel, liebkoste ihre Scham. Was für eine nie gespürte Wonne! Dann kam er zu ihr, begann sich zu bewegen. Erst langsam, dann schneller. Etwas in ihr zerfloss, Wellen trugen sie in ungeahnte Höhen. Ihre kleinen, spitzen Schreie verschmolzen mit seinem Keuchen. Sie waren eins! Feodora glaubte für einen Moment, dasBewusstsein zu verlieren. Eng umschlungen lagen sie da, sein Kopf in der Beuge ihres Halses. »Ich liebe dich, Feodora«, flüsterte er, »vom ersten Augenblick an, als ich dich sah.«
»Ich liebe dich auch.« Feodora schwebte wie auf Wolken.
Diesmal fiel es sogar Heinrich auf. »Du bist so verändert, Liebes. Könnte es sein, dass du schwanger bist?«, fragte er hoffnungsvoll.
»Nein, leider nicht.« Es dauerte einen Moment, bis sie sich wieder gefangen hatte. »Du weißt, ich wünsche es mir so sehr.« Wie einfach es doch war zu lügen! »Aber ich freue mich auf die Jagden. Bald geht es ja los. Karl hat sich angesagt, Ida wird kommen, und die Wedels werden auch da sein, die Orlovs … Na ja, es gibt endlich mal wieder viel Abwechslung.« Sie redete ohne Punkt und Komma. Mit allen Mitteln musste sie verhindern, dass Heinrich misstrauisch wurde.
Irma hatte es ihr gleich am ersten Abend auf den Kopf zugesagt. »Nu is et wohl passiert?«
»Was meinst du?« Feodora tat, als verstehe sie nicht.
»Du jlühst, Fedachen, aus allen Poren kommt et raus.« Irma lachte. »Mir kannste nuscht vormachen. Dich hat et voll erwischt!« Leise sprach sie weiter. »Aber sei vorsichtig, hier hab’n die Wände Ohren. Lasst euch bloß nich erwischen. Die Kastner lauert doch bloß drauf.«
»Ach Irmchen, wenn ich dich nicht hätte …«
»Ik weeß, Fedachen.«
» Ich , Irmchen, ich …« Und dann lachten sie beide, bis ihnen die Tränen kamen.
Ohne es verabredet zu haben, blieb Klaus an manchen Tagen dem Stall fern. Es hieß, er müsse für sein Examen lernen.Wie selbstverständlich ritt Feodora dann mit Helmut oder einem anderen Burschen aus, lachte und scherzte mit ihnen und ließ sich ihre Enttäuschung nicht anmerken. Sie waren wirklich vorsichtig, und doch witterte sie überall Gefahr. Hatte die Hausdame sie gestern nicht merkwürdig angesehen? Und schien es ihr nur so, oder steckten die Mägde tuschelnd die Köpfe zusammen, wenn sie mit Klaus über den Hof ritt? Sie hatte panische Angst, jemand könne ihr Glück zerstören. Doch es war alles so frisch, und so dachte sie nicht an später. Nur das Hier und Jetzt zählte.
Klaus war ein wunderbarer Liebhaber. Er hatte ihre Leidenschaft geweckt, und nun konnte sie nicht genug davon bekommen. Sie liebten sich auf versteckten Lichtungen im dichten Wald, im hohen Schilf an einem der zahllosen masurischen Seen und, als es kälter wurde, auf Hochsitzen und in leeren Fischerhütten.
Die Jagdsaison war wieder in vollem Gang. Ida hatte mit ihren Eltern an der Hirschjagd teilgenommen. Ihr hatte Feodora alles gebeichtet. »Ich liebe ihn, Idachen. Er ist so süß und so lieb. Er entschädigt mich für alles, was ich bisher durchgemacht habe.«
»Aber was tust du, wenn es rauskommt? Wenn Heinrich es erfährt, wird er Klaus umbringen und dich gleich mit.« Ida war ehrlich besorgt. »Passt bloß auf und seid vorsichtig.
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