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Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Titel: Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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Runde«, rief Corinth dem Schankmädchen zu, und einige Minuten später stand vor Feodora dieses riesige Gefäß, das sie bereits beim Hineinkommen bestaunt hatte. Obenauf schwamm eine weiße Schaumkrone.
    Sie saß auf einer Holzbank, eingerahmt von Corinth und Oberländer. »Prost, Madl«, sagte der und stieß mit seinem Glas gegen ihres.
    »Was ist das?«, fragte sie. »Soll ich das etwa trinken?«
    Die Frage löste bei den Herren Heiterkeit aus. »Das ist Bier, Feda, das bayerische Nationalgetränk. Das trinkt hier jeder. Wenigstens probieren musst du es«, sagte Corinth.
    Eine neue Gruppe betrat den Raum und steuerte den einzigen noch freien Tisch an. Man winkte sich fröhlich zu. »Das ist der Franz von Stuck, ein Malerkollege«, erklärte ihr Corinth. »Wir sind alle vor Kurzem aus der Allotria ausgetreten und haben einen neuen Künstlerverein gegründet, die Münchner Sezession. Unser Künstlerfürst, der Lenbach, ist uns allen etwas zu übermächtig geworden, musst du wissen. Ohne ihn ging nix mehr. Nur mit seiner Genehmigung konnte man im Glaspalast ausstellen, das hat alle gefuchst.«
    Feodora hatte keine Ahnung, wovon er sprach.
    Die Stimmung in der Gaststube wurde immer ausgelassener. Abwechselnd bestellten die Herren Runden mit Bier und Schnaps, und Feodora trank kräftig mit.
    »Bist oan pfundiges Madel«, prostete Oberländer ihr zu. »I bin der Adi.«
    »Und ich bin die Feda.«
    Ihr neuer Freund erhob sich leicht schwankend. »I muss hoam. Lovis, bringst dei Freind morgen mit zum Jour von der Anna? Feda, Georg … es war mir ein Vergnügen. Pfüat eich Gott.«
    »Was hat er gesagt?« Feodora hatte kein Wort verstanden.
    »Er hat euch für morgen zum Jour fix seiner Frau eingeladen. Der Kreis um Anna ist enorm. Es wird euch gefallen, halb Wahnmoching ist da.«
    Feodora brummte der Kopf. Was war denn nun wieder Wahnmoching?
    Gabriel von Seidl war jetzt näher an Feodora herangerückt. »Sie machen ein Gesicht, als wüssten Sie nicht, was Wahnmoching ist.« Er musste lachen. »Wenn Sie wollen, werde ich versuchen, es Ihnen zu erklären.«
    Während Corinth sich bemühte, Georg die Gründe der Abspaltung von der Künstlervereinigung Allotria näher zu erläutern, lauschte Feodora gespannt Herrn von Seidl.
    »Wie soll ich nur anfangen …?«, sinnierte er laut. »Also, Wahnmoching ist eine geistige Bewegung, sinnbildlich geht sie weit über einen Stadtteil hinaus. Man könnte es eine Richtung nennen, Kult, Protest, wenn Sie so wollen … Es ist einfach enorm!« Er sah Feodora an, dass sie kein Wort von dem, was er sagte, verstand. »Wenn Sie etwas länger hier sind, werden Sie es begreifen«, sagte er lachend. »Da bin ich mir ganz sicher.«
    Von Seidl redete weiter von Künstlern und nannte Namen, die Feodora sofort wieder vergaß. Es war einfach zu viel, was da am ersten Abend auf sie herunterprasselte. Trotzdem hörte sie ihm gebannt zu, und so bemerkte sie nicht, wie der Wirt sich dem Tisch näherte und drohend mit mehreren Bierdeckeln wedelte.
    »Georg«, sagte Corinth flehend, »ich bin im Moment ein wenig klamm … Könntest du mir vielleicht aushelfen?«
    »Kein Problem, Lovis. Herr Wirt, die Rechnung geht auf mich.«
    Am nächsten Tag hatte Feodora einen mächtigen Kater. Ihr brummte der Kopf von dem, was sie da alles gehört hatte. »Schwabing heißt eigentlich Wahnmoching, hast du das gewusst?«, fragte sie Georg.
    »Ja, aber nur unter den Eingeweihten. Lovis hat mir erzählt, hier gäbe es verschiedene Kreise, die alle miteinander verkehrten. Wahnmoching ist bevölkert mit Malern, Dichtern und Gelehrten und solchen, die es gern sein würden. Eine bunte, verrückte Mischung. Ich glaube, wir werden hier viel Spaß haben.«
    Als sie am Nachmittag bei den Oberländers ankamen, waren bereits zahlreiche Gäste da. In einem Erker, der etwas erhöht lag, saß die Hausfrau an einer Teemaschine. Für einen Moment verstummten alle Gespräche. Neuankömmlinge wurden erst einmal taxiert, ob sie es wert waren, in Wahnmoching aufgenommen zu werden.
    »Ah, Lovis, deine Freunde aus Königsberg.« Anna Oberländer, eine kleine, rundliche Frau in den Fünfzigern, kam mit ausgestreckten Armen auf sie zu. »Adi hat euch angekündigt. Willkommen in unserem Kreis.« Sie wandte sich den anderen Gästen zu. »Stellt euch vor, von Gabriel habe ich gehört, unsere neue Freundin wusste nicht, dass sie in Wahnmoching wohnt!« Diese Worte lösten heiteres Gelächter aus.
    Die freundlichen Worte der Hausfrau waren

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