Solar
Spanisch, und jedes Mal beim Refrain gab es viel Gelächter. Obwohl er schon so viel Zeit in diesem Winkel der Vereinigten Staaten verbracht hatte, verstand Beard kein Wort. Er winkte den nächsten Drink herbei, der sofort kam, und klaubte abermals einen Berg Eiswürfel aus dem Glas. War jemals eine Ehe so kurz und schmerzlos vorbei gewesen? Binnen einer Woche reiste Maisie nach Powys ab zu ihrem Bauernhof im walisischen Hügelland. Im ersten Jahr schrieben sie sich ein paar Postkarten. Dann kam eine Karte aus einem Ashram in Indien, wo sie drei Jahre blieb und von wo sie eines Tages freudig in die Scheidung einwilligte, alle nötigen Papiere anbei. Erst an seinem sechsundzwanzigsten Geburtstag sah er sie wieder: mit rasiertem Schädel und einem Schmuckstein in der Nase. Und viele Jahre später hielt er ihre Grabrede. Die reibungslose Trennung damals im Pfarrhaus mochte der Grund dafür gewesen sein, dass er so unbedacht wieder und wieder geheiratet hatte.
Mühsam kam er auf die Beine und machte sich unter der Glaskuppel hindurch auf den Weg zur Toilette. Nach hiesigen Maßstäben, und die waren streng, konnte man ihn nicht als ausgesprochen dickleibig bezeichnen. Allein schon hier in der Bar machte er ein Paar aus, einen Mann und eine Frau, die weit fetter waren als er, so fett, dass sie kaum auf die Kante ihrer Sessel passten. Dennoch war Beard übergewichtig, seine Knie schmerzten, und ihm war schwindlig, weil er zu schnell aufgestanden war. Während er durch die Lobby lief, kam ein Bediensteter hinter dem Empfang hervor und eilte ihm nach.
»Entschuldigen Sie, Mr Beard, Sir? Habe ich Sie doch richtig erkannt. Willkommen im Camino Real? Ein Herr hat nach Ihnen gefragt?«
»Mr Hammer?«
»Nein. Vor ungefähr einer Woche? Aus England? Aber er hat keine Nachricht hinterlassen?«
»Wie sah er denn aus?«
»Ich glaube, ziemlich groß? Und hat seinen Namen genannt, so ähnlich wie Tapir?«
Sie hätten wohl noch endlos Fragen ausgetauscht, wäre nicht in diesem Augenblick Toby Hammer in der Glastür erschienen; ihm voran ein Page mit einem Kofferkuli. Als die beiden einander umarmten, wandte der Portier sich diskret ab, und Beard dankte ihm mit einem Nicken.
»Toby!«
»Chef!«
Seit er wusste, dass man Beard früher so genannt hatte, redete Hammer ihn, wenn auch ironisch, mit diesem Titel an. Auch andere Mitarbeiter hatten sich das zu Beards Genugtuung angewöhnt. Er sah darin einen gewissen Ausgleich dafür, dass man ihn aus dem Institut geworfen hatte.
Toby Hammer war drei Jahre älter als Beard, schlank und athletisch. Er besaß die gerade Haltung, den klaren Blick und die reine Haut eines Mannes, der seit zwanzig Jahren keinen Alkohol mehr angerührt hat. Hammer hatte O-Beine, wie ein Cowboy, der auf seinem Pferd in die Jahre gekommen war, spielte aber immer noch Squash und wanderte allein mit einem Rucksack durch die High Sierras. Behauptete er jedenfalls. Wenn Beard länger mit ihm zusammen war, verordnete er sich oft selbst eine Diät und hielt sie auch etliche Stunden durch. Hammer war ursprünglich Elektriker, doch Anfang der Achtziger hatte er beschlossen, Alkoholiker zu werden, seine Ehe zu ruinieren und seine Freunde in die Flucht zu schlagen. Als er nach erfolgreichem Entzug alles wieder zurückgewonnen hatte, einschließlich Frau und Kindern, verlegte er sich auf eine nicht näher definierte Tätigkeit. Er kannte unzählige Leute, stellte Kontakte zwischen ihnen her und arrangierte Geschäfte. Er brachte Beard mit Fachanwälten für Steuervergünstigungen zusammen, die Abgeordnete des Bundesstaats kannten, mit Unterhändlern in Washington, die das unübersichtliche Gebiet zwischen Politik und Wirtschaft beackerten, mit Leuten, die einen Draht zu den Geldgebern der großen Stiftungen hatten, mit Risikokapitalgebern, die Leute kannten, die ihrerseits Freunde von Männern wie Vinod Khosla und Shai Agassi kannten. Hammer verhalf Beards Patentanmeldungen zum Erfolg, besorgte den Pachtvertrag mit Kaufoption für das Gelände in Lordsburg, stellte sich mit der Solargemeinde gut und schuf Verbindungen zu Ingenieuren und Materialspezialisten. Es war ihm sogar gelungen, von den Bush-Männern, als sie in den letzten Zügen lagen, Subventionen zu ergattern, und kürzlich noch viel mehr aus dem großzügigen Etat Obamas.
Aber auch Hammer konnte nichts dagegen ausrichten, dass das Projekt sich verzögerte, zusehends schrumpfte und gelegentlich fast vollständig zum Erliegen kam. Ständig galt es Kompromisse
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