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Solaris

Solaris

Titel: Solaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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und mollig, ich wollte    gar    nicht, aber    das wurde
    fast eine Liebkosung. Mein Körper bekannte sich zu Harey, wollte sie, zog mich zu ihr hin, jenseits des Verstandes, jenseits der Argumente und der Angst.
    Bemüht, um jeden Preis Ruhe zu bewahren, wiederholte ich:
    -    Harey, das ist unmöglich. Du mußt hierbleiben.
    -    Nein.
    Und wie das klang!
    -    Warum nicht?
    … ich weiß nicht.
    Sie schaute umher und hob wieder den Blick zu mir auf.
    -    Ich kann nicht… - sagte sie ganz leise.
    -    Aber warum!?
    Ich weiß nicht Ich kann nicht Mir scheint mir scheint…
    Sichtlich suchte sie nach einer Antwort in ihrem Inneren, und als sie eine gefunden hatte, war das eine Neuentdeckung für sie.
    -    Es scheint, daß ich dich fortwährend… sehen muß.
    Der sachliche Tonfall dieser Worte schloß die Deutung als Gefühlsbekenntnis aus; das war etwas völlig anderes. So empfand ich, und der Griff, mit dem ich Harey umschlungen hielt, veränderte sich plötzlich, obwohl sich nach außen hin nichts veränderte: sie stand, ich umarmte sie; ihr in die Augen schauend, begann ich ihr die Arme zurückzubiegen, und diese Bewegung, anfangs nicht völlig entschieden, führte schon zu etwas, fand ihr Ziel. Mein Blick suchte schon nach etwas, womit ich Harey fesseln könnte.
    Ihre zurückgedrehten Ellbogen klopften leicht aneinander und spannten sich zugleich mit solcher Kraft, daß mein Zugriff umsonst war. Ich kämpfte vielleicht eine Sekunde lang. So
    zurückgebogen wie Harey und mit den Fußspitzen kaum den Boden berührend, hätte sich sogar ein Athlet nicht befreien können, sie aber - mit einem Gesicht, das an alledem keinen Anteil nahm, mit schwachem, unsicherem Lächeln -, sprengte meinen Griff, richtete sich auf und ließ die Arme sinken.
    Hareys Augen beobachteten mich mit demselben ruhigen Interesse wie gleich zu Beginn, als ich erwacht war, sie schien sich nicht klar über meine verzweifelte Anstrengung von vorhin, die ein Anfall von Angst mir diktiert hatte. Harey stand jetzt untätig da und wartete anscheinend auf etwas, zugleich teilnahmslos, gesammelt und eine Spur verwundert über das alles.
    Die Hände sanken mir von selbst herab. Ich ließ Harey mitten im Zimmer stehen und trat zu dem Regal beim Waschbecken. Ich fühlte, daß ich in einer unvorstellbaren Falle gefangen war, ich suchte nach einem Ausweg und erwog immer rücksichtslosere Mittel. Hätte mich jemand gefragt, was mit mir los sei, und was das alles bedeute, ich hätte kein Wort herausgebracht, aber ich hatte schon das Bewußtsein, daß alles, was in der Station mit uns allen vorging, ein Ganzes bildete, ebenso furchtbar wie unverständlich, doch nicht daran dachte ich im Moment, denn ich versuchte irgendeinen Trick zu erfinden, ein Manöver, das die Flucht ermöglichte. Über dem Regal war in die Wand eine kleine Hausapotheke eingebaut. Ich sah flüchtig ihren Inhalt durch. Ich fand ein Gläschen Schlafpulver und warf vier Tabletten - die Höchstdosis - in ein Trinkglas. Ich verbarg meine Anstalten gar nicht sonderlich vor Harey. Das ist schwer zu begründen. Ich dachte darüber nicht nach. Ich goß heißes Wasser ins Glas, wartete, bis die Pillen aufgelöst waren, und trat zu Harey, die immer noch mitten im Zimmer stand.
    -    Bist du böse? - fragte sie leise.
    -    Nein. Trink das aus.
    Ich weiß nicht, warum ich annahm, sie werde mir gehorchen. Wirklich nahm sie mir ohne ein Wort das Glas aus den Händen und leerte es auf einen Zug. Ich stellte es auf dem Tischlein ab und setzte mich in den Winkel zwischen dem Schrank und dem Bücherregal. Harey kam langsam zu mir und setzte sich bei meinem Lehnsessel auf den Fußboden, wie sooft, mit untergeschlagenen Beinen; und mit einer ebenso wohlbekannten Bewegung warf sie das Haar zurück. Ich glaube zwar durchaus nicht mehr, daß sie es selbst sei, aber jedesmal schnürte es mir die Kehle zu, wenn ich Harey in diesen kleinen Angewohnheiten wiedererkannte. Das war unbegreiflich und gräßlich, aber das gräßlichste war, daß ich mich auch selbst ungeheuerlich verhalten mußte, mich stellen, als hielte ich sie für Harey, aber sie selbst glaubte ja Harey zu sein und handelte ihrem Urteil nach nicht arglistig. Ich weiß nicht, wie ich darauf verfiel, daß es so war und nicht anders, aber das war für mich gewiß, sofern es überhaupt noch etwas Gewisses geben konnte!
    Ich saß, das Mädchen lehnte den Rücken an meine Knie, kitzelte mit den Haaren meine reglose

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