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Solaris

Solaris

Titel: Solaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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hatte, - trotzdem unterschied ich darin den wiederholten, heulenden Ruf: »Kris! Kris! Kris! ! !«
    Das hörte ich im übrigen nicht deutlich. Das Blut schoß mir von den aufgeplatzten Knöcheln, so chaotisch und gewaltsam suchte ich den Flugkörper zu starten. Bläulicher Widerschein fiel auf die Wände, von der Startplattform stob unter den Düsenauslässen in Schwaden der Staub auf, er verwandelte sich in eine Säule grellgiftiger Funken, und alle Geräusche übertönte ein hohes, langgezogenes Dröhnen. Die Rakete hob sich auf drei Flammen, die sofort zu einer einzigen Feuersäule verschmolzen, und flog, zuckende Glutfahnen hinter sich zurücklassend, durch die geöffnete Ausstoßöffnung hinaus. Die Blenden schlossen sie sofort wieder, die automatisch angelassenen Kompressoren begannen frische Luft durch die Halle zu spülen, in der beißender Rauch wogte. Das alles machte ich mir nicht klar. Die Hände aufs Pult gestützt, das Gesicht noch vom Feuer durchbrannt, die Haare geringelt und verrußt vom thermischen Schlag, schnappte ich krampfhaft nach Luft; sie roch brenzlig und war zugleich erfüllt von dem charakteristischen ozonartigen Geruch der Ionisation. Obwohl ich im Augenblick des Starts instinktiv die Augen geschlossen hatte, war ich doch durch die Strahlflamme geblendet worden. Geraume Zeit sah ich nur schwarze, rote und goldene Kreise. Allmählich verflüchtigten sie sich. Rauch, Staub und Nebel verschwanden, von den gedehnt stöhnenden Ventilationsleitungen eingesaugt. Das erste, was ich zu sehen vermochte, war der grünlich leuchtende Radarschirm. Ich fing an, mit dem Direktreflektor zu manövrieren und die Rakete zu suchen. Als ich sie endlich erwischte, war sie schon außerhalb der Lufthülle. In meinem Leben hatte ich noch keinen Flugkörper so rasend und blindlings abgeschickt, ohne jede Vorstellung davon, welche Beschleunigung ich ihm verleihen solle, und wohin ich ihn überhaupt schicken wollte. Ich hielt es nun für das einfachste, ihn auf eine Kreisbahn rund um die Solaris umzulenken, in einer Höhe von ungefähr tausend Kilometern: dann konnte ich die Triebwerke stillegen; solange sie arbeiteten, war ich ja nicht sicher, ob nicht irgendeine in den Folgen unberechenbare Katastrophe eintreten würde. Wie ich auf der Tabelle nachprüfte, war die Bahn in tausend Kilometer Höhe stationär. Auch sie gab, ehrlich gesagt, keinerlei Garantie; das war einfach der einzige Ausweg, den ich fand.
    Den Lautsprecher, den ich gleich nach dem Start ausgeschaltet hatte, wagte ich nicht einzuschalten. Im Gegenteil, ich hätte alles nur Erdenkliche getan, nur um zu vermeiden, daß ich wiederum diese gräßliche Stimme hören müßte, die nichts Menschliches mehr an sich hatte. Eines konnte ich mir sagen: daß alles Blendwerk zerrissen war, und daß durch Hareys vorgespiegeltes Gesicht ein anderes Gesicht hindurchzublicken begann, das wahre Gesicht, gegen das die Alternative des Wahnsinns wirklich einer Befreiung gleichkam.
    Es war ein Uhr, als ich den Flughafen verließ.
    Die »Kleine Apokryphe«
    Im Gesicht und an den Händen hatte ich verbrannte Haut. Ich erinnerte mich, daß ich in der Hausapotheke einen Tiegel Brandsalbe bemerkt hatte, als ich das Schlafmittel für Harey gesucht hatte (jetzt hätte ich über meine Einfalt gelacht, wenn ich nur gekonnt hätte), ich ging also auf mein Zimmer. Ich öffnete die Tür, und im roten Licht des Sonnenuntergangs sah ich auf dem Lehnsessel, bei dem vorhin Harey gekniet hatte, jemanden sitzen. Der Schreck lähmte mich, ich zuckte in Panik zurück, um zu flüchten, das dauerte einen Bruchteil einer Sekunde. Der Sitzende hob den Kopf. Es war Snaut. Die Beine übereinandergeschlagen, mir den Rücken kehrend (und wieder in derselben von Reagenzien verätzten Leinenhose), sah er irgendwelche Papiere durch. Einen ganzen Stoß davon hatte er neben sich auf dem Tischlein liegen. Als er mich erblickte, legte er alles weg und betrachtete mich eine Weile finster über die zur Nasenspitze vorgerutschte Brille hinweg.
    Ohne ein Wort ging ich zum Waschbecken, holte die halbflüssige Salbe aus der Hausapotheke und begann die am ärgsten verbrannten Stellen auf der Stirn und den Wangen damit einzuschmieren. Zum Glück war ich nicht sehr geschwollen, und die Augen waren unversehrt, da ich die Lider fest zugedrückt hatte. Einige größere Blasen auf Schläfe und Wange stach ich mit einer sterilen Injektionsnadel auf, dann quetschte ich die seröse Flüssigkeit heraus. Hierauf klebte ich

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