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Soldaten

Soldaten

Titel: Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sönke Neitzel
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Fortsetzung dieses Kampfes über den Zeitpunkt hinaus, an dem die Kampfhandlungen durch formelle Kapitulation und/oder vollständige Besetzung des Territoriums eines Staates als beendet angesehen werden konnten, war in der HLKO jedoch nirgends die Rede. So fehlte also die Grundvoraussetzung, um die Fortführung des Widerstandes von Freischärlern – und sei es auch uniformierten – völkerrechtlich abzusichern. [215]
    Noch weit problematischer und widersprüchlicher stellte sich die Regelung von Vergeltungsaktionen durch die HLKO dar. So erlaubte Artikel 50 die Verhängung von Massenrepressalien gegen die Zivilbevölkerung nur bei nachgewiesener Verbindung zwischen Tätern und Unterstützerumfeld, eine Regelung, die in erheblichem Maße auslegungsbedürftig war. In der Rechtsdiskussion der Zwischenkriegszeit kam kein länderübergreifender Konsens in dieser Frage zustande, aber mit Ausnahme der französischen Rechtsschule wurde die Geiselnahme als weitgehend legitim anerkannt. Bei der Geiseltötung schieden sich die Geister insofern, als fast nur deutsche Militärjuristen unzweideutig auf dieser Maßnahme beharrten und diese Haltung mit dem Fortbestehen des »Kampfgebietes« zu rechtfertigen suchten. Bei den Kriegsverbrecherprozessen der Nachkriegszeit manifestierte sich dieser Dissens noch ein letztes Mal, als die Richter des Nürnberger Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher Geiseltötungen als prinzipiell illegal, ihre Kollegen in den Nachfolgeprozessen diese jedoch als durch die geltende Rechtslage gedeckt ansahen. In den beiden letzteren Fällen wurden die Urteile gegen die Angeklagten lediglich mit den deutschen Exzessen bei dieser Praxis (Erschießungsquoten von bis zu 1:100) begründet. [216]
    Bereits in der Reichswehr hatte sich die Meinung durchgesetzt, dass dem Auftreten von Partisanen mit größtmöglicher Härte zu begegnen sei, um die Entstehung eines Flächenbrandes, wie es hieß, im Keim zu ersticken. Obwohl sich diese Methode als wenig wirkungsvoll erwies, mündete die Aufstandsbekämpfung in eine – regional unterschiedlich ausgeprägte – Gewaltspirale ungeahnten Ausmaßes. Die Tötung von Geiseln und unbeteiligten Zivilisten, das Niederbrennen von Dörfern gehörte bald zum allgemein praktizierten Kriegsbrauch, der sich in seinem Charakter im Übrigen nicht von der Aufstandsbekämpfung während der Napoleonischen Kriege oder des Ersten Weltkrieges unterschied. Neu war freilich die Dimension. Die rigorose deutsche Besatzungspolitik war denn auch ein Grund dafür, dass während des Zweiten Weltkrieges eine exorbitant hohe Zahl an zivilen Opfern zu beklagen war – mehr als 60 Prozent. Die Unterscheidung von militärischen Kombattanten als legitimem Ziel von Kampfhandlungen und zivilen, rechtlich geschützten Nicht-Kombattanten hatte sich weitgehend aufgelöst.
    Die Abhörprotokolle zeigen geradezu idealtypisch auf, wie Wehrmachtsoldaten den Partisanenkrieg wahrgenommen haben. Sie belegen, dass Führung und Truppe hier ähnlich dachten. So wurde hartes »Durchgreifen« etwa mit der psychologischen Wirkung legitimiert:
    GERICKE : In Russland, im vorigen Jahr, ist eine kleine deutsche Abteilung in ein Dorf geschickt worden, mit irgendeinem Auftrag. Das Dorf war im Gebiet, das von Deutschen besetzt war. Die gesamte Abteilung ist in dem Dorf überfallen und getötet worden. Daraufhin kam die Strafexpedition. In dem Dorf waren fünfzig Männer. Davon sind neunundvierzig erschossen worden und der fünfzigste ist losgehetzt worden in die ganze Umgebung, um zu verkünden, was der Bevölkerung geschieht, wenn ein deutscher Soldat angegriffen wird. [217]
    Angriffe auf die eigene Truppe wurden mit brutaler Gewalt beantwortet, wussten auch Franz Kneipp und Eberhard Kehrle zu berichten. Sie konnten daran nichts Verwerfliches finden und waren der Ansicht, dass insbesondere die Partisanen einen grausamen Tod verdient hätten:
    KNEIPP : Da war was los, da hat der Oberst Hoppe
    KEHRLE : Hoppe, das ist doch ein bekannter Mann, der ist doch Ritterkreuzträger? [218]
    KNEIPP : Ja, der hat Schlüsselburg genommen. Der hat noch Befehle gegeben, ›Wie ihr uns, so wir euch‹, hat er gesagt, sie sollten sagen, wer Deutsche aufgehängt (?) habe, nur einen Anhaltspunkt geben, dann ist alles gut. Keine Sau hat auch nur gesagt, noch nicht einmal, dass sie nichts wussten. Hieß es: ›Alle Männer, links raus‹, dann wurden sie in den Wald getrieben, dann hast du gehört, brr, brr.
    KEHRLE : Im Kaukasus, bei der

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