Soldatenehre
reden.«
»Reden Sie«, befahl Grace.
»Ja«, sagte Betsy, zog ein Messer aus dem Gürtel des Lieutenants und strich damit leicht über das Gesicht des Gefangenen. »Erzähl.«
L. J. stieg die Treppe zum Glockenturm der Kirche hinauf. Wie versprochen bot er den besten Ausblick auf Kilkenny und Umgebung. Nach Südosten blok-kierten mehrere große Getreidesilos den Blick, doch er interessierte sich hauptsächlich für den Norden.
Zu seiner Überraschung fand er bereits einen Tisch und Stuhl vor. Mallary war dicht hinter ihm, gefolgt vom Master und dem Spezialisten mit dem improvisierten Langstreckenfunkgerät. Der Funker verband einen Draht mit beiden Glocken, während der Master-Banner eine Karte auf dem Tisch ausbreitete.
»Passt genau. Denken Sie, gestern hatte schon jemand eine Karte hier?«, fragte er.
»Ich habe nie behauptet, dass Grace dumm ist«, murmelte L. J. und setzte sich. Vor der Kirche stand sein Befehlsfahrzeug. Zwei WartungsTechs waren auf dem Weg hinüber zu seinem Koshi und Mallarys Arbalest. Die beiden Mechs waren schnell und ergänzten einander hervorragend. Momentan bildeten sie die Hauptverteidigung der vorgeschobenen Befehlskompanie.
Der Master stellte mit Gewichten beschwerte Markierungen auf die Karte. Der Wind hier oben war stark, heiß und staubig. »Kompanie C hat die Stadt wie befohlen durchquert und eine Verteidigungslinie am ausgetrockneten Flussbett etwa drei Klicks nördlich der Stadt aufgebaut.«
»Sie werden beschossen, Sir«, meldete der Funker. »Nichts, womit sie nicht fertig würden. Hauptsächlich Gewehrscheiß.«
»Wiederholen Sie nur, was Sie hören, Spezialist«, befahl der Master.
»Genau das hat er gesagt, Master-Banner.«
»Dann säubern Sie Flaggführer Grafs Ausdrucksweise für ihn.«
»Ja, Sir.«
»Kompanie D sollte die Stadt ungefähr jetzt erreichen, Sir. Wir lassen sie absitzen, den Ort sichern und die Düngerfabrik niederbrennen. Ansonsten wird sie als unsere Reserve fungieren.«
L. J. blickte auf die Hauptstraße hinunter, über die er gerade gekommen war, und sah eine Kolonne von Panzern und Lastwagen, flankiert von Mechs. »Geben Sie an Flaggführer Chang durch: Heute Nacht ist er unsere Reserve, aber erst muss er diesen Ort säubern.«
»Ja, Sir«, bestätigte der Funker und gab die Order weiter.
L. J. sah gerade nach Osten, daher entging ihm die anfliegende Rakete, bis sie so nahe explodierte, dass er sich reflexartig auf den Boden warf. Eine unsinnige Reaktion, wenn man sich in zwanzig Metern Höhe befand.
Er drehte sich um und sah eine zweite Rakete von Westen anfliegen. Sie fiel zu kurz - oder zumindest schlug sie in eine Querstraße vor der Kirche ein. Die nächste war bereits unterwegs und sollte wohl weiter südlich auftreffen. Sie explodierte knapp vor Kompanie Cs vorderstem Geschützlaster.
»Geben Sie mir das Funkgerät«, forderte L. J. und nahm dem Spezialisten Kopfhörer und Mikrofon ab. »Chang, hören Sie mich?«
»Ich bin noch da, Sir«, antwortete sein Offizier mit einem trockenen Lachen.
»Kleine Änderung in der Planung. Biegen Sie scharf links ab und schauen Sie nach, was am Westrand der Stadt los ist. Mir blockiert ein Hügel die Sicht, aber eine weitere Rakete ist im Anflug. Vorsicht, wir wissen nicht, was die Westflanke hat, aber jemand zu unserer Linken hat die Schwarz-Roten erledigt.«
»Ich werde ihnen den Dank des Regiments ausrichten, Sir. Aber wenn sie nur mit diesem Müll zu tun hatten, wissen sie nicht, wie ein echter Kampf aussieht.«
»Niederschlagen, abstauben und vorführen«, schloss L. J. Unter ihm drehte die Marschkolonne der Kompanie C bereits nach links ein, verteilte sich und fuhr los. Nach zwei weiteren Raketen brach der Beschuss ab. Möglicherweise hatte der Gegner im Westen damit sein Pulver verschossen. Aber um das genau zu wissen, musste L. J. warten, was Chang meldete.
»Wo sind A und B?«, fragte er.
»A dringt soeben über die Flussstraße in die Stadt ein, Sir«, meldete der Master. »B ist etwas hinter ihnen. Sie wurden vor ein paar Stunden von einem Hinterhalt aufgehalten. Flaggführer St. George überließ B die Aufräumarbeit und rückte mit A weiter vor.«
L. J. nickte. Art wusste, dass er das Bataillon hier sammeln wollte, also stellte er sicher, dass zumindest eine seiner zwei Kompanien zur Stelle war.
Er brauchte keinen Feldstecher, um Kompanie A zu sehen. Ihre Mechs betraten die Stadt von Südosten und passierten den Getreidesilo. Eine Rakete näherte sich langsam von einem
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