Soldner
ausgepeitscht.«
Dar ahnte die Antwort auf ihre Frage. »Du hast es dem König gestohlen!«
»Es steht euch mehr zu als ihm.«
»Aber man könnte auch dich dafür auspeitschen!«
»Es wäre die geringste Strafe für alles, was ich heute Nacht verbrochen habe«, sagte Sevren. »Doch alle meine Untaten waren das Risiko wert. Ich musste dich einfach sehen.«
»Warum denn?«
»Ich weiß doch, dass ihr Hunger habt. Ich habe mir Sorgen um euch gemacht.«
»Wir sind alle hungrig.«
»Auch andere Dinge machen mir Kummer. Irgendwas stimmt nicht.«
»Was denn?«, fragte Dar.
»Man lockt uns in eine Falle. Es ist offensichtlich. Jede Ortschaft wird uns als Köder vor die Nase gehalten, doch wenn wir sie erreichen, ist sie abgebrannt. Morgen geht es in einem neuerlichen Gewaltmarsch ins Tal der Kiefern. Es ist die perfekte Gegend für einen Hinterhalt.«
»Hast du es dem König erzählt?«
»Er hat Generäle, die dafür zuständig sind. Sie wissen mehr als ein Gardist. Sie wissen, was hier vor sich geht. Sie reiten mit offenen Augen in ihr Unglück.«
»Und warum?«
»Ich hab’ keine Ahnung. Ich weiß nur, dass der Magier damit zu tun hat. Der Vertreter der Königin spielt auch eine Rolle. Die beiden waren immer Busenfreunde.«
»Warum erzählst du mir das?«
»Aus zwei Gründen. Du musst deine Beschützer warnen …«
»Du meinst die Orks?«
»Ja, die Orks. Sie sind bei jedem Angriff ganz vorn. Sag ihnen, dass sie in eine Falle laufen. Du solltest auch wissen, dass die Söldner dich sitzenlassen, wenn die Orks gefallen sind. Die denken nur an ihre eigene Haut. Wenn der Angriff losgeht, halte dich von den Nachschubwagen fern. Ich schwöre bei Karm, dass ich dich finden werde.«
»Du machst mir Angst«, sagte Dar.
»Ich kann nicht anders. Ich möchte dich in Sicherheit wissen. Twea auch.«
»Du hast dein Leben riskiert, um mir das zu sagen, nicht wahr?«
»Ich habe mein Leben sehr oft riskiert, aber nur selten aus einem so guten Grund.« Sevren lugte über das Gestrüpp hinweg und schaute sich um. »Die Luft ist rein«, sagte er. »Ich hau jetzt lieber ab.«
»Warte! Ich habe noch was für dich.«
»Was denn?«
»Etwas, das du vielleicht haben möchtest«, sagte Dar. »Ich habe es gerade erst gefunden.« Dann küsste sie ihn.
Dar kehrte zu Kovok-mah zurück und rüttelte ihn wach.
»Atham?«, fragte er müde. Was ist?
Dar antwortete auf Orkisch, für den Fall dass Twea sie hörte. »Ich habe von einer großen Gefahr gehört.«
»Um was geht es?«
»Wenn ihr morgen in den Kampf zieht, werdet ihr in …« Ihr fiel der orkische Begriff für Hinterhalt nicht ein. Ebenso wenig kannte sie die Worte für »Verrat«, »Betrug« oder »Täuschung«. Ein kurzes Nachdenken ließ sie erkennen, dass die Sprache der Orks überhaupt keine Worte für arglistige Taten kannte. Ihr fehlten die Begriffe, um eine Bedrohung dieser
Art zu beschreiben. »… in eine sehr gefährliche Situation geraten.«
»In Gefahr sind wir immer«, sagte Kovok-mah.
»Aber die Urkzimmuthi werden sterben – und die Washavoki-Söldner nicht.«
»Das ist oft so.«
»Thwa, thwa, thwa«, sagte Dar. »Morgen ist es anders. «
»Jede Schlacht ist anders.«
»Die Washavoki werden sich verstecken wie eine Katze, die sich auf eine Maus stürzt«, sagte Dar in dem Versuch, einen Hinterhalt zu beschreiben.
»Auch das ist schon passiert. Ich habe es in anderen Schlachten gesehen.«
»Aber die Washavoki haben Worte ohne Bedeutung gesprochen«, sagte Dar. »Die Urkzimmuthi werden grundlos sterben.«
»Die Worte, die Washavoki sprechen, ergeben oftmals wenig Sinn. Doch ich weiß, dass sie wollen, dass wir töten. Unsere Königin hat angedeutet, dass es so kommt. Wenn wir sterben, ist dies die Folge.«
In der Finsternis des Quartiers konnte Dar Kovok-mahs Gesicht nicht sehen, sondern nur das mattgrüne Leuchten seiner Augen. Sie durchdrangen die Schwärze besser als die ihren. »Sei nicht traurig, Dargu«, sagte er mit sanfter Stimme.
»Warum verstehst du mich nicht? Du musst mich verstehen! Wer führt die Urzimmuthi-Krieger an?«
»Der Vertreter der Königin und seine Tolums.«
»Thwa«, sagte Dar. »Welcher Sohn führt die Krieger an?«
»Es gibt keinen solchen Sohn.«
»Manche Söhne haben Umhänge«, sagte Dar. »Sind sie keine Anführer?«
»Sie sind nicht wie die Washavoki-Tolums, die einem sagen,
was man tun soll«, sagte Kovok-mah. »Umhang ist ein Zeichen von Klugheit. Söhne hören besser zu.«
»Du bist klug. Söhne
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