Soldner
freut mich«, sagte Sevren.
»Ich muss jetzt gehen. Twea ist hungrig.«
»Ich gehe mit«, sagte Sevren. »Betrunkenen Söldnern kann man nicht trauen.«
Dar hatte nichts dagegen, also brachte Sevren sie bis an den Lagerplatz der Orks. Dar begab sich in Muth’las Umarmung. Der Scheiterhaufen in der Mitte loderte zum Himmel empor. Die gefallenen Orks lagen in den Flammen. Dar hatte von Menschen gehört, die ihre Toten in voller Rüstung und mit Kriegsbeute bedeckt verbrannten. Orks verließen die Welt nackt und lagen auf den Riedgrasbündeln, in denen sie ihr Leben verbracht hatten. Die Orks, die überlebt hatten, saßen, ohne sich zu rühren, um das Feuer herum. Als die Flammen zum Himmel hochschlugen, begannen sie einen Klagegesang.
Sie sangen weder von Heldenmut noch von Ruhm. Sie ehrten die Gefallenen vielmehr durch Verse, die mit dem Refrain endeten:
»Dein Geruch besteht fort,
und wir denken an dich,
auch wenn du
unser Blickfeld verlassen
und dich in die Arme
unserer Mutter begeben hast.«
Bald übertönte der tiefe, klagende Gesang alle anderen Geräusche des Heerlagers.
36
»WACH AUF, Twea«, sagte Dar. Twea drehte sich stöhnend auf Kovok-mahs Schoß. »Ooh, ich hab’ Kopfschmerzen …« »Das macht der Wein bei allen dummen Mädchen. Steh jetzt auf! Wir müssen arbeiten.«
Falls ihr Wortwechsel Kovok-mah geweckt hatte, ließ er es sich nicht anmerken. Seine Augen blieben geschlossen, als Twea zu Dar hinausging. Ein neuer Morgen dämmerte heran. Twea stöhnte erneut.
»Ich hoffe, du hast den ganzen Tag Kopfschmerzen«, sagte Dar. »Damit du nicht vergisst, wie dumm du warst. Der Mann war übrigens nicht nett. Du kannst dich freuen, dass es dir erspart geblieben ist, die Erfahrung zu machen, wie un- nett er eigentlich war.«
Trotz des dröhnenden Schädels gelang Twea ein Lächeln. »Tja, jedenfalls war jemand nett zu dir. Wo hast du das schöne Kleid her?«
Dar errötete. »Sevren hat es mir geschenkt. Aber nicht für das, was du denkst.«
Twea setzte eine arglose Miene auf. »Was denke ich denn?«
»Der dumme Kerl hat es mir geschenkt, weil er mich gut leiden kann.«
»Ich finde auch, dass er ein dummer Kerl ist«, sagte Twea.
Dars Miene verfinsterte sich. »Komm mit. Wir wollen Neffa nicht verärgern. Ihr Kopf tut wahrscheinlich ebenso weh wie deiner.«
Als sie zur Feuergrube kamen, war niemand anwesend. Dar fand eine Schöpfkelle und stocherte damit in einem Topf mit verbrannter Grütze. Ein Teil war noch genießbar, doch das Zeug schmeckte angebrannt und bitter. Tweas Magen war so empfindlich, dass sie nichts essen konnte. Als der Morgen graute, schleppte Neffa sich heran und musterte Dar aus geröteten Augen. »Warum macht ihr keine Grütze? Muss man euch denn alles sagen?«
Dar wies nicht daraufhin, dass sie seit dem Morgen, an dem sie zu dem großen Marsch aufgebrochen waren, keine Grütze mehr gekocht hatten. Sie erkundigte sich lieber, wie viel sie kochen sollte. »Volle Rationen«, erwiderte Neffa. »Die Männer sind sicher nicht gut gelaunt. Warmes Essen richtet sie vielleicht wieder auf.«
Dar begab sich zum Vorratswagen und maß eine volle Ration Körner ab. Dann kehrte sie zur Kochgrube zurück, wo Twea gerade ein Feuer anzündete. Sie grinste und puffte Dar in die Rippen. »Neffa hat neue Schuhe«, sagte sie leise.
Dar schaute auf. Neffas hatte ihre verlotterten Sandalen tatsächlich gegen neues Schuhwerk getauscht. »Da muss aber jemand letzte Nacht ziemlich betrunken gewesen sein«, erwiderte sie.
Twea kicherte.
Nach und nach tauchten die anderen Frauen auf. Die meisten waren verkatert. Ihr Elend hinderte sie jedoch nicht daran, die Geschenke zu vergleichen, die die Söldner ihnen gemacht
hatten. Einige Frauen trugen neue Kleider, Mäntel oder Schuhe. Andere protzten mit Schmuck.
»Habt ihr Neena gesehen?«, fragte eine Frau.
»Ja«, erwiderte eine andere. »Murdant Kol hat ihr ein schönes neues Kleid geschenkt …«
»Zwei, hab ich gehört«, sagte eine dritte Frau.
»… und Stiefel – und Juwelen!«
»Das sind doch nur Glasperlen«, sagte die dritte.
»Nun, bei ihr wirken sie wie Rubine.«
»Ich wäre auch gern seine Frau«, sagte die erste und stieß einen Seufzer aus.
Nach diesem sehnlich hervorgestoßenen Kommentar schauten plötzlich alle drei Frauen Dar an. Sie bemerkten ihr neues Kleid und tuschelten miteinander. Es freute Dar, dass sie ihre Neugier nicht befriedigen konnten.
Die Söldner wankten noch später herein als die Frauen, und die
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