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Soldner

Soldner

Titel: Soldner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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suchte sie noch immer. Sie drehte sich um und sah den lächelnden Sevren. So weit sie es beurteilen konnte, war er nüchtern. »Endlich habe ich dich gefunden«, sagte er.
    »Kann man wohl sagen«, erwiderte sie.
    »Was machst du gerade?«
    »Ich versuche, etwas zu essen für Twea zu finden. Scheint, als wäre uns eine Menge Vergnügen entgangen.«
    »Du klingst aber, als wärst du anderer Meinung.«
    »Du nicht auch?«
    »Als Soldat führt man ein hartes Leben. Söldner sind für jedes billige Vergnügen zu haben.«
    »Stört dich das nicht?«, fragte Dar.
    »Doch, aber ich kann den Charakter der Menschen nun mal nicht ändern. Ich nehme dich mit zum Lagerplatz des Königs. Da brauchst du dir dein Abendessen nicht vom Boden aufzusammeln. «
    »Davot sagt, wer die Lebensmittel des Königs stiehlt, wird ausgepeitscht.«

    »Unser König ist heute großzügig. Und wir haben eine Menge Brot.«
    »Dann ist er also bei anderen Dingen freigebig. Wenigstens bei den Dingen, die er erbeutet hat.«
    »Wie ich sehe, verstehst du unseren König«, sagte Sevren. »Komm mit. Das Essen wird nicht schlechter schmecken, nur weil es von ihm kommt.«
    Dar seufzte. »Einst hat mir ein Mann erzählt, ein leerer Magen sei ein großartiges Heilmittel für ein Gewissen.«
    »Es muss ein Soldat gewesen sein.«
    Dar und Sevren gingen zum Lager des Königs; hier sah es aus wie in einem Versorgungslager. Ein abgespannter Wagen, der im Freien stand, war voller Brot. »Du hättest ihn sehen sollen, als er ankam«, sagte Sevren. »Er war mit allen Leckereien vollgepackt, die man sich nur vorstellen kann.« Er kletterte auf den Kutschbock und fing an, die Laibe zu untersuchen. »Vor uns haben schon andere ihre Wahl getroffen«, sagte er bei der Inspektion. »Ah! Man hat ein Goldstück übersehen!« Er reichte Dar einen großen weichen Weißbrotlaib, in den Obst eingebacken war. Dar lief das Wasser im Mund zusammen.
    »Ich nehm ihn lieber mit zu Twea«, sagte sie.
    Sevren schaute enttäuscht drein. »Ja, aber vorher habe ich noch etwas für dich. Ich hole es mal eben.« Er huschte davon.
    Dar lauschte den Geräuschen des sie umgebenden Gelages und wartete auf Sevrens Rückkehr. Dann erinnerte sie sich an die Schreie, die sie am vergangenen Abend gehört hatte, und ihr wurde bewusst, dass der sie umgebende Überfluss mit dem Schmerz und dem Verlust anderer Menschen erkauft worden war. Sie dachte noch darüber nach, als Sevren mit einem Bündel aus hellbraunem Stoff zurückkehrte. Er reichte es ihr. Dar faltete es auseinander. Es war ein fast neues Hemdkleid. Es war
ein einfaches Gewand, doch der Stoff war fein gewebt und solide genäht. Sevren lächelte breit und sagte das Offensichtliche. »Es ist für dich.«
    Dar erwiderte sein Lächeln nicht. Ihre Stimme klang kühl, als sie antwortete. »Wo hast du es her? Welche Frau musste sterben, damit ich es bekommen kann?«
    Das Lächeln auf Sevrens Gesicht verschwand. »Gardisten plündern nicht. Ich hab’ es von einem Wagen. Es ist Teil meiner Bezahlung.«
    »Ein feiner Unterschied«, sagte Dar. »Wie kann ich es tragen, ohne an die Leiden einer anderen zu denken?«
    »Du kennst ihr Schicksal doch gar nicht, und ich ebenso wenig«, sagte Sevren. »Vielleicht war es ein trauriges. Doch wenn du das Kleid verbrennst, würde es ihr Leben auch nicht ändern.«
    Dar betastete den Stoff. Sie hatte noch nie etwas so Weiches getragen. »Ich kann es nicht annehmen.«
    »Dann wird dein Stolz dich nackt machen.«
    »Es ist nicht mein Stolz.«
    »Es ist kein Stolz, wenn du glaubst, du könntest die Welt verändern? Wir sind keine Könige und Königinnen. Wir müssen das Beste aus unserem Leben machen. Wir müssen das tun, was in unserer Macht steht. Zieh dieses Kleid an und räche mit deinem Tun anderer Leute Missgeschick.«
    Dar musterte schweigend das Gewand in ihren Händen. Sie wollte es nur ungern loslassen, empfand aber auch ein schlechtes Gewissen wegen dieses Wunsches. Ihr zweimal eingerissenes und ebenso oft geflicktes »gutes« Kleid zerfiel allmählich zu Lumpen.
    »Wenn wir nach Westen reisen, werden wir alle nackt sein«, sagte Sevren, der Dars innere Zerrissenheit spürte. »Wenn du vor Karm stehst, wird dieses Kleid vergessen sein.«

    »Ich fürchte, ich werde diese Reise bald machen«, sagte Dar.
    »Ich habe die Hoffnung, dass du stattdessen nach Süden reist und als freie Frau ein langes Leben führst.«
    Dar zögerte noch ein bisschen, dann seufzte sie und sagte: »Ich werde es behalten.«
    »Das

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