Soldner
Katzenaugen im verblassenden Licht. Dar hatte Angst, sich zwischen ihnen zu bewegen.
»Beeil dich«, sagte Memni leise. »Füll die Schöpfkelle und fang an aufzutischen. Vergiss nicht, die Worte zu sagen.«
Der Kessel war zu unhandlich, dass sie ihn zwischen den Orks herumschleppen konnten, deswegen erforderte das Servieren viel Hin-und-her-Laufen. Vor jedem Ork stand eine große, doch niedrige Metallschale. Dar schaute zu Memni, die über das bereits servierte Gemüse Hafergrütze löffelte. Wenigstens sind sie nicht kleinlich, was das Aussehen der Verpflegung angeht, dachte Dar und ahmte Memni nach. Als sie sich umdrehte, um die Schöpfkelle wieder zu füllen, hielt der Ork, den sie gerade bedient hatte, ihren Knöchel fest. Seine Klauen bohrten sich in ihre Haut. Die Worte! Ich habe die Worte nicht gesagt ! Doch ihr Geist war plötzlich leer. Die Hand drückte fester.
»Mu… uh… Muuta… Muutha-yer… yer-rat thas-affa«, sagte sie. »Muutha-yer-rat-thas-affa.«
Der Ork ließ sie los. Dar eilte zum Kessel zurück. Ihr Knöchel war blutig. Danach achtete sie sorgfältig darauf, dass sie den Spruch immer aufsagte. Alle Orks, die sie bediente, nahmen ihre Verpflegung ohne Reaktion entgegen, außer dem einen,
der sie zu ihrem Bad gezwungen hatte. Er bleckte die Zähne und sagte: »Dargu.«
Als Dar die Hafergrütze in seine Schale kippte, tat sie so, als hätte sie nichts gehört. »Muutha-yer-rat-thas-affa.«
»Nein«, sagte der Ork. »Muth la urat tha saf la.«
Dar wiederholte seine Worte. »Muth la urat tha saf la.«
»Hai«, erwiderte der Ork. »Ja.«
Als Dar und Memni den letzten Löffel Hafergrütze verteilt hatten, dämmerte es. Die anderen Frauen waren schon fort. Als sie den Kessel zum Küchenzelt zurücktrugen, warf Memni einen Blick in ihn hinein. »Wenn du ihn auskratzt«, sagte sie, »reicht es für dein Abendessen.«
»Und was ist mit dir?«, fragte Dar.
»Ich habe meinen Söldner«, sagte Memni. »Er wird mir schon was geben.«
Als sie zurückkamen, war das Küchenzelt fast verwaist. Eine einzelne Frau machte sauber. Ein dicker Söldner bewachte sie. Als er Memni sah, hielt er ihr eine Handvoll gekochter Wurzeln hin. »He, Schätzchen«, sagte er. »Ich hab was zu essen.«
»Du bist aber lieb«, sagte Memni.
»Ich würd dir vielleicht was abgeben«, erwiderte er. »Wenn du auch lieb zu mir bist.«
»Ich bin doch immer lieb zu dir, Faussy.«
»Komm her, beweis es.«
»Muss mich erst umziehen.« Memni eilte zum Badezelt. »Dar, du auch.«
Dar schaute zum Hafergrützekessel und zögerte. »Ich werde erst etwas essen.«
Die Putzfrau schaute von ihrer Arbeit auf. »Du kannst das Gewand da nur beim Servieren tragen«, sagte sie. »Mach dir keine Sorgen um die Hafergrütze. Die ist hier sicher.«
»Danke«, sagte Dar und folgte Memni.
Nachdem sie ihr Hemdkleid angezogen und das Serviergewand gewaschen hatte, kehrte sie zum Kessel zurück. Zu ihrer Bestürzung spülte die Frau ihn gerade aus. »Du musst Dar sein, der neue Schorfkopf«, sagte sie. Sie hatte ein nettes rundes Gesicht und einen freundlichen Blick. Sie war ungefähr in Dars Alter, doch ihr Brandzeichen war alt und zu einer wulstigen Narbe verblasst. Außerdem war sie hochschwanger. Die Frau lächelte und hielt Dar gekochtes Gemüse und eine Schale mit knuspriger Hafergrütze hin. »Ich habe es für dich aufbewahrt. Ich bin Loral.«
Dar nahm das Essen. Nach dem erschöpfenden und furchterregenden Tag war Lorals Freundlichkeit geradezu überwältigend. Dar wollte ihr danken, doch stattdessen brach sie in Tränen aus. Loral musterte sie voller Mitgefühl, als sie versuchte, ihr Schluchzen in den Griff zu kriegen. Es dauerte eine Weile, dann gelang es ihr. »Normalerweise heule ich nie«, sagte sie verlegen, »aber heute habe ich es schon zweimal getan.«
»Als ich abgeholt wurde, habe ich einen ganzen Mond lang geheult«, sagte Loral.
»Alles war so …« Dar hielt inne und unterdrückte ein Schluchzen. »… so schrecklich.«
»Man gewöhnt sich daran«, sagte Loral. Sie umarmte Dar. »Iss. Du musst ja halb verhungert sein.«
»Bin ich wirklich.«
Loral schaute zu, wie Dar das Gemüse verspeiste und dann die Hafergrütze mit den Fingern aus der Schale schaufelte. »Du brauchst nicht wie ein Ork zu essen«, sagte sie. »Niemand nimmt dir etwas weg.«
Dann schwieg sie, bis Dar die Schale und ihre Finger abgeleckt hatte. »Ich hab dein Kleiderbündel gerettet. Ich glaube, eine der Frauen hat es in den Dreck
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