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Soldner

Soldner

Titel: Soldner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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getreten.«

    »Mit Absicht?«
    »Natürlich. Du hast Glück gehabt, dass sie es nicht ins Feuer geworfen hat.«
    »Warum sollte jemand so etwas tun?«, fragte Dar.
    »Männer schenken neuen Frauen immer mehr Beachtung. Das gibt dann Ärger. Die haben alle Angst, du könntest ihnen den Mann wegnehmen.«
    »Außer dir.«
    Loral lachte wehmütig. »Kein Mann ist wild auf einen verstopften Schoß.«
    »Tja, und ich will keinen Mann«, sagte Dar. »Deswegen hat keine Frau Grund zur Sorge.«
    »Du willst vielleicht keinen haben, aber du wirst einen brauchen. Wo willst du Schuhe herkriegen, wenn nicht von einem Mann? Frauen kriegen bei Plünderungen keinen Anteil. Nur durch die Großzügigkeit eines Mannes …«
    »Großzügigkeit?«, sagte Dar. »Dass ich nicht lache! Das Einzige, was man von Männern kriegt, ist ein dicker Bauch.« Sie dachte an ihre Freier, die offenbar alle geglaubt hatten, der einzige Zweck einer Ehefrau sei der, ihren Bedürfnissen zu dienen.
    »So ist es nun mal auf der Welt«, sagte Loral. »Wir sind dem Mann untertan.«
    »Das ist der Lieblingsspruch meines Vaters«, sagte Dar.
    »Warum bist du so verbittert?«, fragte Loral. »Es ist doch natürlich, dass Väter einem beibringen, wie das Leben funktioniert. «
    »An seinen Lehren war nichts natürlich. Sogar Tiere zeigen mehr Beherrschung.«
    »Männer sind doch keine Tiere«, sagte Loral. »Hier sind sie die Herrscher. Am besten suchst du dir einen, der großzügig ist.«

    »Hast du einen solchen Mann gefunden?«
    »Vielleicht«, sagte Loral. »Wenn ich ihm einen Sohn gebäre. «
    Dar musterte sie unsicher. »Und damit soll ich mein Leben verbringen?«
    »So muss man es verbringen.«

5

    NACHDEM LORAL die Glut in der Feuergrube mit Asche bedeckt hatte, führte sie Dar ins Frauenzelt. Dessen Boden war mit Stroh und Körpern bedeckt. Obwohl der Abend gerade erst zu dämmern begonnen hatte, schliefen alle Frauen schon. Loral und Dar bahnten sich vorsichtig einen Weg durch die überfüllte Düsternis bis zu einer Stelle, an der sie sich hinlegen konnten. Obwohl ihre Kleider von der Wäsche noch klamm und mit schlammigen Fußabdrücken bedeckt waren, war Dar zu erschöpft für kummervolle Gedanken. Sie nahm ihr Zeug als Decke und sank auf das festgetretene Stroh.
    Loral berührte ihre Schulter. »Komm mit unter meinen Umhang«, sagte sie leise. »Deiner ist doch noch feucht.«
    Dar legte ihren nassen Umhang beiseite und ließ sich von Lorals trockenem Stoff einhüllen. Als sie spürte, dass Lorals dicker Bauch sich kurz an ihren Rücken drückte, fiel ihr ein, dass sie einst neben ihrer schwangeren Mutter gelegen hatte. Dies war eine ihrer letzten glücklichen Erinnerungen. Nachdem ihre älteren Brüder durch eine Lawine ums Leben gekommen waren, war ihr Vater von dem Gedanken besessen gewesen,
neue männliche Erben zu haben. Erst als ihre Mutter noch einmal empfangen hatte, war wieder Friede eingekehrt. Doch ihre Mutter hatte kein Leben in sich getragen, sondern den Tod. Sie schüttelte sich bei der Erinnerung an ihre letzte blutige Nacht, drückte den Rücken an Lorals Bauch und wünschte ihr mehr Glück.
     
    Als Neffa ins Zelt kam, war es noch dunkel. »Aufstehen!«, schrie sie. »Auf! Auf! Wo ist Memni? Ist Memni hier?«
    »Sie ist bei Faus«, erwiderte eine müde Stimme.
    »Dann eben Taren«, sagte Neffa. »Dass die bockt, kann ich mir nicht vorstellen. – Taren!«
    »Hier«, antwortete eine schläfrig klingende Stimme.
    »Zeig der Neuen, wie man Hafergrütze macht«, sagte Neffa. »Aufstehen, Mädchen! Der Vertreter der Königin ist wieder da. Die Männer werden früh wach sein.«
    Die Frauen schliefen in ihren Kleidern, deswegen war das Ankleiden kaum mehr als das Anziehen der Schuhe. Da Dar keine Schuhe besaß, war sie bei den Ersten, die das Zelt verließen. Kurz darauf tauchte eine Frau auf, erspähte sie und blieb stehen. »Weißt du, wie man Hafergrütze macht, Schorfkopf?«
    »Natürlich«, sagte Dar.
    »Hast du schon mal welche für hundert Mann gemacht?«
    »Nur für fünf.«
    »Tja, das ist ’n großer Unterschied«, sagte die Frau, von der Dar annahm, dass sie Taren war. Rein äußerlich war sie das genaue Gegenteil von Loral: Sie war knochig und hatte ein spitzes, pockennarbiges Gesicht. Ihr langes, schmutzigblondes Haar war zu einem verfilzten Zopf geflochten. Sie stellte die gleiche verhärmte und harte Miene zur Schau wie Neffa, sodass es Dar nicht leicht fiel, sie einzuschätzen. »Na, komm, Schorfkopf«, sagte Taren. »Ich

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