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Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)

Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)

Titel: Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jón Faras
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stellen alle Funktionen ein und verfallen in Apathie.
    Es war genau dieser Umstand, der uns damals dazu brachte, die Vision von Somatonikern ohne Neurohemmer zu entwickeln. Ich weiß nicht, ob wir gehofft haben, diese auch voll in die Gesellschaft zu integrieren, aber … doch ich glaube, wir sind sogar so weit gegangen. Damals war das ein fast verbotener Gedanke, doch Bertrand und ich, wir hatten ein Ideal vor Augen und hätten alles dafür getan, es auch zu erreichen.
    Mit der Unterstützung meines damaligen Mentor Prof. Charles Bruchot haben wir dieses Ideal zu einem Projektplan gemacht und schließlich die Budgets bewilligt bekommen, die wir dafür brauchten. Wir wurden mit allerlei Auflagen belegt, doch da wir einwilligten, eine alte, umgebaute Villa im Bois de Boulogne als Standort zu akzeptieren, geriet unser Projekt schnell aus dem Fokus der Institutsleitung und wir hatten für Jahre unsere Ruhe.
    Jedoch machten wir damals einen folgenschweren Fehler. Oder sagen wir lieber: einen Kompromiss, den wir niemals hätten eingehen dürfen. Eine notwendige Auflage des Programms war, dass wir uns verpflichteten, bei einem kritischen Scheitern des Projekts, die Tötung aller Probanden anzuordnen. Wir haben natürlich nie daran gedacht, dass wir scheitern würden. Aber leider kam es anders.
    Wir hatten von Anfang an Zwischenfälle mit den Klonen. Damit hatten wir natürlich gerechnet. Die Neurohemmer sind in der Sangre-Forschung nun nicht aus Spaß eingeführt worden, sondern weil durch den Klonprozess die Bereiche des Gehirns, die für die Kontrolle der Instinkte und des Unterbewusstseins zuständig sind, einen angeborenen Defekt haben. Doch wir hatten gesehen – und damit waren wir in der Forschung auch nicht die ersten – dass diese Hirnregion trotz des Defekts lernfähig war. Was wir jedoch nicht haben kommen sehen: die Lernfähigkeit, die bei Klonen für andere, rationale Fähigkeiten in etwa immer gleich hoch ist, variiert stark, wenn es um emotionale Kontrolle geht. Wir hatten für das Projekt Ende 81 und Mitte 82 neue Somatoniker geklont und ihre Gehirne im Klonverfahren bereits auf diese Fähigkeit optimiert. Doch die Zahl der Ausfälle war groß.
    Bereits durch das neuartige Klonverfahren überlebte etwa ein Viertel der Probanden die ersten drei Jahre nicht. Sie starben an Hirnblutungen oder am plötzlichen Kindstod. Bertrand und ich hatten bereits damals überlegt, ob wir das Projekt einstellen sollen. Doch das wäre der Tod für alle übrigen Probanden gewesen. Glücklicherweise hatten wir einen Plan B. Ein befreundeter Forscher arbeitete zu der Zeit an einer ähnlichen Vision wie wir, jedoch auf einem deutlich weniger radikalen Weg. Er entwickelte Neurohemmer, die flexibel mit dem Stoffwechsel der Somatoniker korrespondieren sollten. So ließen diese emotionale Prozesse zu einem gewissen Grad zu, konnten diese aber auch komplett blockieren, wenn die Situation es erforderlich machte. Wir führten einige Tests mit temporären Präparaten durch – eine Art Somatonik-Pille – die sehr vielversprechen verliefen, sodass nach und nach alle unsere Probanden permanent auf diese experimentellen Neurohemmer gesetzt wurden.
    Doch das löste die Konflikte nur kurz. Als die Probanden etwa acht Jahre alt waren – ich glaube, es muss Anfang 90 gewesen sein – gerieten einige von ihnen außer Kontrolle. Wir hatten da schon seit längerem festgestellt, dass nicht alle Probanden auf Dauer die experimentellen Neurohemmer ertragen konnten, doch schließlich eskalierte es. Einige der Klone drehten durch und an einem sehr, sehr schwarzen Tag in meinem Leben führten die Gewaltausbrüche der Somatoniker zum Tod eines Institutsmitarbeiters. Mir war sofort klar, dass es keine zwei Tage dauern würde, bis das Projekt eingestellt wurde. Bertrand wollte das jedoch alles nicht wahrhaben, und während er mit den Institutsoberen rang, versuche ich zu retten, was noch zu retten war.
    Charles Bruchot – mein Mentor – war mein einziger Ansprechpartner, der mir helfen konnte. Er führte damals selbst ein Projekt mit einigen Probanden durch, das kurz vor dem Abschluss stand, und er bot mir an, vier meiner Probanden, die ich für stabil genug hielt, mit den experimentellen Neurohemmern zu leben, in seine Liste aufzunehmen und zurück ins normale Programm des Instituts zu führen, wo sie meiner Betreuung unterstanden. Obwohl ich mir mittlerweile bei keinem der Klone mehr sicher war, ob sie überhaupt den Sprung schaffen würden, wählte

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