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Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Titel: Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hellmuth Karasek
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muss er die letzten Stockwerke laufen. Der Liliputaner aus der DDR erreicht den Knopf zum zehnten. Denn: Die DDR hat von allem das Größte. Also auch die größten Liliputaner.
     
    Na ja! Besser gefällt mir ein Witz aus der Zeit, als die Uhr der DDR ablief.
     
    Da zeigte die ruhmreiche Sowjetunion auf der Leipziger Messe den größten begehbaren Mikrochip.
     
    Auch auf ihren größten kommunistischen Verbündeten, das China Mao Zedongs, war für die Sowjetunion auf einmal kein Verlass mehr. An der Grenze am Ussuri kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den roten Supermächten.
    Ein Witz malte sich den Verlauf eines Krieges zwischen der Sowjetunion und China aus.
     
    Am Ussuri bricht ein Krieg zwischen der Sowjetunion und China aus.
Am ersten Tag stößt die Sowjetunion über die Grenze vor und nimmt 500   000 rotchinesische Soldaten gefangen.
Am zweiten Tag geraten eine Million in sowjetische Gefangenschaft.
Am dritten Tag sind es schon vier Millionen gefangene Chinesen.
Am vierten Tag kapituliert – die Sowjetunion.
     
    Der Goliath-David-Unterschied zwischen Rotchina und der DDR spielt eine noch groteskere Rolle in der Geschichte, in der Walter Ulbricht (noch an der Macht) Mao Zedong (noch am Leben) besucht.
     
    Bei einem Staatsbesuch in China fragt Ulbricht Mao Zedong: »Nu sag mal, hochverehrter Genosse Mao,
wie viele Dissidenten gibt es wohl in deinem großen rotchinesischen Reich?«
Mao überlegt kurz, lässt sich eine Statistik bringen und sagt dann, nachdem er die Papiere studiert hat: »Eins Komma drei Prozent.«
»Aha«, sagt Ulbricht, »und wie viel Millionen Menschen sind das wohl, die eins Komma drei Prozent?«
Mao rechnet kurz und sagt dann: »Rund 17 Millionen.«
Darauf Ulbricht freudestrahlend: » 17 Millionen! Nu, Genosse Mao Zedong, mehr hab ich in der DDR ooch nich!«
     
    Vielleicht sollte man für alle, denen die Einwohnerzahl der DDR nicht mehr so präsent ist, hinzufügen, dass dieser Staat insgesamt 17 Millionen Einwohner hatte. Jene in pathetischen Reden 17 Millionen in Unfreiheit lebenden Menschen, die durch die Mauer vom Rest der Welt weggesperrt worden waren.
    Rechenkünste sind ohnehin die Stärke von Politikern an der Macht, die sich alles schönrechnen und dem Gegner alles schlecht. Man nennt das Statistik, und die Bismarck’sche Definition der Statistik lautete:
     
    »Es gibt drei Formen der Lüge. Die Zwecklüge, die Notlüge und die Statistik.«
     
    Der folgende eherne Satz wird ebenfalls Bismarck zugeschrieben:
     
    »Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.«
     
    In den Witzen über die Sowjetunion, deren sinistre menschenvernichtende Staatsräson George Orwell in seinem Buch 1984 und Aldous Huxley in seiner Schönen neuen Welt oder Arthur Koestler in seinem Roman Sonnenfinsternis beschrieben haben, werden aus Rechnungen wie dem kleinen Einmaleins tödliche Fallen. Der Staat des Gulag mit seinen Menschenvernichtungsmaschinen, denen Millionen zum Opfer fielen, der Double-Speech der Propaganda, die aus Schwarz Weiß machte und aus Weiß Schwarz, fielen Menschen zum Opfer, die neueste Wendungen nicht verfolgten, die nicht verstanden, dass der Moloch Staat immer neue Opfer brauchte, die er ermordete, um die »Linie« neu zu definieren: Opfer waren Trotzkisten, Abweichler, Dissidenten, Zionisten, Titoisten, Sozialdemokraten und so weiter und so fort. Alles Häretiker, mit dem Tod zu bestrafende Ketzer, die der kommunistischen Inquisition zum Opfer fielen.
    Ich habe selbst in der DDR 1951 die Geschichte vom Universitätsrektor in Halle gehört (und Heinar Kipphardt, der DDR -Dramatiker und DDR -Flüchtling, hat sie mir bei einem Gespräch bestätigt).
     
    Immatrikulationsfeier in Halle, ein Jahr vor Stalins Tod. Der Rektor, ein Naturwissenschaftler, betet die Litanei auf den Genossen Stalin runter, sie ist wie das Credo im Gottesdienst (»… gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel«).
Also ließ der Rektor Stalin hochleben. Als Erbauer des Sozialismus. Als Sieger und Feldherr des Vaterländischen Krieges. Als besten Freund des deutschen Volkes, als Führer der internationalen Arbeiterklasse …
Nur ein Attribut ließ er aus, weil es offenbar gegen seine wissenschaftliche Ehre verstieß. Er rühmte Stalin nicht als den größten Wissenschaftler. Prompt wurde er deswegen aus seinem Amt

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