Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?
ist ein Mädchen, das ha, ha, hat gegegesagt, a, a, als ich sie, sie, sie nach ihrem Berufswunsch gefragt ha, ha, ha, habe, dass sie Pro… Pro… Pro…«
Dem Direktor wird blümerant. Er setzt sich, blickt die Handarbeitslehrerin gefasst an.
»Sprechen Sie es ruhig aus«, sagt er, nachdem er sich in seinen Sessel hat fallen lassen.
»Da, da, da ist in meiner Klasse ein Mädchen, die, die, die möchte« (sie nimmt all ihren Mut zusammen), »die möchte Prostituierte werden.«
»Ja, Gott sei Dank«, sagt der Direktor. »Warum sagen Sie das nicht gleich! Ich hab schon gefürchtet, das Mädchen wolle Protestantin werden.«
DIE OSTZONE UND DAS STRICKZIMMER
Die unmittelbar nach dem Krieg in der »Ostzone«, der sowjetischen Besatzungszone, kursierenden Geschichten und Witze über die sowjetische Besatzungsmacht, die Rote Armee, kreisten um »Zapzerap«, wie das Plündern der Russen genannt wurde, um »Uhri, Uhri«, weil sie den Deutschen die Uhren abnahmen, manchmal stolz sechs Armbanduhren mit sich herumtrugen, bevor das Plündern verboten wurde, um beschlagnahmte Fahrräder, vergewaltigte Frauen und das »Strickzimmer«. Geschichten und Bilder von russischen Offiziersfrauen haben sich auch mir eingeprägt, weil sie, selbst wenn sie mit gesunden weißen Zähnen ankamen, bald stolz den Mund voller Goldzähne hatten – als »Wohlstands«-Symbol, mit dem sich die Besatzungsmacht schmückte wie heute die Oberschicht in, sagen wir, Kasachstan.
Anders als in den Westzonen, die sich vor der Gründung der Bundesrepublik »Trizonesien« nannten – in ihnen spielten viele Besatzerwitze –, wurde die russische Besatzungsmacht bald strikt von der deutschen Bevölkerung isoliert, was laut Stammtisch- und Flüsterparolen damit zusammenhing, dass die Soldaten aus dem »Arbeiterparadies« nicht merken sollten, dass die besiegten »kapitalistischen«, gar »faschistischen« Deutschen in besseren Lebensumständen und höherer Zivilisation lebten als sie zu Hause.
Viele kamen aus einer primitiven Welt. Auch hier hatten die Witze einen chauvinistischen, ja nazi-nostalgischen Touch wie der folgende aus den Hungerjahren.
Da fragt der Junge, der beim Buchlesen auf das Wort »Butter« stößt, seinen Vater: »Du Papa, was ist Butter?«
Der Vater überlegt. »Butter …? Butter …? Keine Ahnung! Aber warte!«, sagt er, geht zum Bücherschrank und greift nach einem Lexikon. Beim Buchstaben B schlägt er Butter auf und liest: »Butter. Brotaufstrich aus der Nazizeit.«
Da wird die Hungerzeit in eine lange trostlose Zukunftsperspektive verlängert. Dieser Witz macht auch deutlich, wie schnell der Westen nach der Währungsreform und den Wirtschaftswunderjahren zum »Goldenen Westen« avancierte, in dem es vor allem Orangen und Bananen gab. Unvergessen das Titanic -Titelblatt nach der Wiedervereinigung, das ein Zonenmädchen zeigt, das stolz eine geschälte Salatgurke hält. Die Bildunterschrift: »Zonen-Gaby im Glück: Meine erste Banane«.
Über die schrecklichen massenhaften Vergewaltigungen macht sich der folgende Witz lustig, der der Tatsache Rechnung trägt, dass die vergewaltigenden Soldaten alles hernahmen, was nur einen Rock trug. In der verrohten Nachkriegsgesellschaft war der folgende auf den Hund gekommene Herrenwitz im Umlauf:
Kommt ein altes Mütterchen zur sowjetischen Kommandantur einer Kreisstadt. Es ist Sonntag, und sie fragt: »Wird heute nicht vergewaltigt?«
Als die Vergewaltigungsorgien der Roten Armee vorbei waren, ging es auch beim Sex zivilisierter zu, ganz wie im richtigen Leben. Und nicht mehr nach dem Soldatenrecht des Stärkeren, das übrigens die europäische Malerei gern in der die Manneskraft verklärenden Szenerie des »Raubs der Sabinerinnen« feierte.
Der folgende Witz spielt in Tschechien und feiert die geschmeidige Art von Anpassung und Gehorsam.
Ein Tscheche erzählt seinem Freund: »Weißt du, was mir gestern passiert ist? Ich bin nach Hause gekommen, und da lag meine Frau mit einem russischen Offizier im Bett.«
»Und was hast du gemacht?«, fragt der Freund.
»Natürlich auf Zehenspitzen nichts wie raus. Ich hatte Glück: Er hat mich nicht gesehen.«
Die »Strickzimmer«-Witze sollen die Rotarmisten als vorsintflutliche Menschen zeigen, die noch nie mit einer Zivilisation in Berührung gekommen sind.
Da erzählen heimkehrende russische Offiziere in der Sowjetunion, wie prächtig die besiegten Deutschen wohnen. Sie haben Küche, Schlafzimmer, Esszimmer,
Weitere Kostenlose Bücher