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Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Titel: Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hellmuth Karasek
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Kind hätte es als lustig empfunden, mit Pfui-Rufen so in seiner Schande bloßgestellt zu werden.
    Im »bösen Friederich« ist es der Pranger, wie ihn in der Gegenwart für Promis die Boulevardpresse erfunden hat: »Weltbanker vergewaltigt Zimmermädchen«. Damit die Zeitungen nach dem Muster des Struwwelpeter schreiben können: »Pfui! ruft da ein jeder, / garst’ger Struwwelpeter!« Der große Humorist Mark Twain hat übrigens während seines Berlin-Aufenthalts im Jahre 1891 den Struwwelpeter als Erster ins Englische übersetzt.
     
    In der »Geschichte vom bösen Friederich«, sieht man schon im ersten Bild, wie tote Katzen, Vögel und Geflügel um ihn herum liegen, er die Peitsche gegen sein Gretchen schwingt und einer Fliege gerade den Flügel ausreißt. Bild zwei zeigt, wie ihn der Hund ins Bein beißt. Zitat:
     
    Da biß der Hund ihn in das Bein,
    Recht tief bis in das Blut hinein.
     
    Dann die Geschichte mit den Streichhölzern, »Paulinchen war allein zu Haus«. Schon im zweiten Bild brennt Paulinchen lichterloh, »Herbei! herbei! Wer hilft geschwind? / In Feuer steht das ganze Kind! / Miau! Mio! Miau! Mio! Zu Hilf’! das Kind brennt lichterloh!« Im letzten Bild ist Paulinchen ein Häuflein Asche. Allerdings sieht sie in den Flammen wie eine Balletttänzerin aus, Feuervogel. Schließlich die sehr erbaulich erzieherische »Geschichte von den schwarzen Buben«, die in Tinte gesteckt werden, weil sie böse sind zu einem Schwarzen, einem »Mohren«. Die Geschichte vom Suppenkasper ist eine über Magersucht, die in fünf Tagen zum Tode führt, in der vom Zappelphilipp (heute als ADS bekannt), begräbt sich ein Junge unter dem Essen der hungrig bleibenden Eltern, und Hans Guck-in-die-Luft wäre um ein Haar ertrunken. Der fliegende Robert aber: »Wenn der Regen niederbraust, / Wenn der Sturm das Feld durchsaust, / Bleiben Mädchen oder Buben / Hübsch daheim in ihren Stuben. – / Robert aber dachte: ›Nein! / Das muß draußen herrlich sein!‹ – / Und im Felde patschet er / Mit dem Regenschirm umher«, bleibt für mich ein Archetyp der männlichen Sehnsucht nach ungebundener Freiheit und Gefahr. Weg aus den hübschen Stuben daheim. Und dann das böse metaphysische Ende.
     
    Schirm und Robert fliegen dort
    Durch die Wolken immerfort,
    Und der Hut fliegt weit voran,
    Stößt zuletzt am Himmel an.
    Wo der Wind sie hingetragen,
    Ja! das weiß kein Mensch zu sagen.
     
    Der Preis für die Flucht aus der häuslichen Enge.
     
    Am stärksten hat mich aber die Geschichte vom Daumenlutscher beeindruckt. Ich glaube, sie ist für alle kleinen Jungs und wahrscheinlich auch für alle kleinen Mädchen mit der Kastrations- beziehungsweise Sterilisationsangst verbunden. Es ist die Geschichte einer furchtbaren Verstümmelung. Beim ersten Bild geht die Mutter fort. Sie ist als Furcht einflößende Matrone kostümiert und nur von hinten zu sehen, mit Haube, Umhängetuch, Überrock und breitem Rock. Die Linke schwingt drohend den Zeigefinger. In der Rechten droht unterstützend der Regenschirm.
    Das zweite Bild zeigt Konrad mutterseelenallein, wie er sich blitzschnell der mütterlichen Warnung und Drohung, beide missachtend, widersetzt. Konrad steht in einem Torbogen unter einer Art Sonnengott-Relief, und der Gott scheint maliziös zu lächeln. Ein böse lächelndes Über-Ich, das die Mutter vertritt und über Allmacht verfügt.
     
    Fort geht nun die Mutter, und
Wupp! den Daumen in den Mund.
     
    Für mich ist das für alle Zeit die Quintessenz knäbischen und männlichen Verhaltens. Kaum der Oberaufsicht entronnen, wupp! – den Daumen in den Mund. Die Geschichte lehrt, was kein in flagranti Ertappter wahrhaben will: Die Hände auf den Tisch, der liebe Gott sieht alles. Nun folgt das grausamste Bild. Ein Nachtgespenst als Hampelmannballett fürchterlichster Form, bei dem das Blut zu Boden spritzt. Ein Bild von blitzartiger Schnelligkeit und Bewegung. Am Hut, an den Haaren, den Rockschößen und dem Metermaß des Schneiders abzulesen.
     
    Bauz! da geht die Türe auf,
Und herein in schnellem Lauf
Springt der Schneider in die Stub’
Zu dem Daumen-Lutscher-Bub.
Weh! Jetzt geht es klipp und klapp
Mit der Scher’ die Daumen ab,
Mit der großen scharfen Scher’!
Hei! da schreit der Konrad sehr.
     
    Konrad steht allein. Die Über-Ich-Sonne grinst zufrieden. Dagegen ist Konrads Gesicht von demütigem Schmerz verzogen.
     
    Als die Mutter kommt nach Haus,
Sieht der Konrad traurig aus.
Ohne Daumen steht er dort,
Die sind

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