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Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Titel: Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Boyd
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Art surreale Vision der Hölle erlebt. Was könnte er für diese beiden Jungen schon tun? Sie würden noch vor dem Sonnenuntergang sterben, wie alle anderen Kinder in diesem infernalischen Raum. Ihm war zum Weinen zumute angesichts seiner Machtlosigkeit. Aber vielleicht stieß er bald auf das nächste Dorf, vielleicht könnte man von dort aus Hilfe –
    Wundersamerweise erschien vor ihm eine Gestalt – ein spindeldürrer junger Mann in abgerissenen Shorts. Er brüllte Bond etwas zu und warf dann mit einem Stein nach ihm, der zu seinen Füßen etwas Staub aufwirbelte. Der junge Mann brüllte weiter und warf noch zwei Steine.
    »Hey!«, rief Bond. »Komm her! Ich brauche Hilfe!«
    Der junge Mann drehte sich jedoch um und rannte weg. Er verschwand hinter einem Akazienhain. Bond jagte ihm nach, aber als er den Hain umrundet hatte, blieb er stehen. Hier also befand sich die Wasserquelle des Dorfes – ein Bächlein, zu einem seichten Tümpel gestaut. Der dürre junge Mann hatte sich anscheinend in Luft aufgelöst, wie ein Geist oder Trugbild. Bond fragte sich, ob er ihn womöglich halluziniert hatte, doch das war ihm inzwischen auch egal. Er watete in die Mitte des Tümpels und setzte sich hinein, saugte sich mit Wasser voll, schöpfte sich die warme trübe Flüssigkeit mit der Hand in den Mund. Nun könnte er weitermachen, sogar irgendwie versuchen, diesen Kindern zu helfen. Er lehnte sich zurück und tauchte den Kopf ein, schloss die Augen, ganz schwach vor Erleichterung. Als er nach kurzer Zeit wieder auftauchte, hörte er in der Ferne ein Auto. Sein langer Marsch war so gut wie vorbei.
    Bond blieb eine Weile unschlüssig neben dem Tümpel stehen. Seine Kleider waren triefnass. Nein, er konnte nicht einfach weitergehen. Er lief zum Dorf zurück, wo er eine leere Kalebasse und eine große Blechdose, die früher Milchpulver enthalten hatte, fand. Beide füllte er am Teich mit Wasser und trug sie zur Lehmhütte mit den toten Kindern. Der kleine Junge war nicht zu sehen. Bond hoffte, dass er bloß in die Hütte hineingekrochen war, und setzte die zwei Behälter behutsam an der Türschwelle ab. Dann hörte er hinter sich einen heiseren Schrei.
    Ein buckliger alter Mann stand vor dem Dorfplatz, auf einen Stab gestützt. Er war unglaublich mager, mit Armen und Beinen wie Vanilleschoten und in Lumpen gehüllt. Bond trat langsam auf ihn zu, während der Greis ihn mit brüchiger Stimme und unverständlichen Worten beschimpfte. Sein kleiner Kopf war gleichsam mit grauen Haaren bestäubt, sein eingefallenes Gesicht mit gespenstisch weißen Stoppeln übersät. Er wirkte wie eine Sagenfigur – oder wie der leibhaftige Tod, dachte Bond – und funkelte ihn mit seinen roten Augen so matt wie giftig an.
    Bond zeigte auf die Hütte mit den beiden Wasserbehältern vor der Tür.
    »Kinder – da drin – helfen Sie ihnen.«
    Der Greis ballte die Faust und fuhr mit seinen Verwünschungen fort.
    Als Bond erneut auf die Tür wies, sah er zwei winzige Krallenhände daraus hervorkommen und die Milchpulverdose hineinziehen. Der Greis packte mit kraftlosen, zittrigen Händen seinen Stab und versuchte vergebens, Bond damit zu schlagen. Er traf nur sein eigenes Bein, ein schmerzloser kleiner Hieb.
    »Helfen Sie diesen Kindern!«, ermahnte Bond den Greis ein letztes Mal, drehte sich um und verließ das Dorf. Ihm schwirrte der Kopf von diesen Eindrücken, die einem Schauermärchen entsprungen schienen, als hätte er einer archaischen Pantomime beigewohnt: Ein Reisender begegnet unterwegs dem Tod. Doch eben hatte er ein Auto gehört, seine Rettung nahte – wenn er nicht einer Täuschung der bösen Geister, die hier hausten, erlegen war.

10. Willkommen in Dahum
    Bonds Gehör hatte ihn nicht getrogen. Der Schotterweg führte ihn vom Dorf zu einer geteerten Fahrbahn, wie üblich voller Schlaglöcher, über die ab und an ein Auto in Höchstgeschwindigkeit bretterte, als gälte es, irgendeiner Naturkatastrophe zu entkommen. Die ersten beiden rasten an ihm vorbei ohne anzuhalten. Danach folgte eine halbe Stunde lang nichts, während die brennende Sonne Bonds Kleider trocknete. Schließlich kam ein drittes Auto in Sicht – ein VW Käfer – und bremste, als Bond es herbeiwinkte. Der Fahrer machte ihm die Tür auf. Wie bei den anderen war auch bei diesem Auto ein großes rotes Kreuz auf die Motorhaube gepinselt. Am Steuer saß ein verschwitzter Mann mit grauen Haaren. Mit unverhohlenem Staunen sah er zu, wie Bond neben ihm Platz nahm.
    »Wo wollen Sie

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