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Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Titel: Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Boyd
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gewisse, wenn auch fast unmerkliche Ergriffenheit. Bond ging davon aus, dass M ihm nicht mehr entgegenbrachte als die freundliche Aufmerksamkeit eines Vorgesetzten, den Respekt, der einem zuverlässigen und geschätzten Agenten nach erfolgreicher Durchführung einer lebensgefährlichen Mission gebührte. Dennoch wollte er ihm seine tief empfundene Dankbarkeit für diesen unerwarteten, informellen Besuch bekunden, weil er so außergewöhnlich war und über das rein Dienstliche hinausging, aber er wusste nicht, wie er das ausdrücken sollte, ohne sich zum Narren zu machen oder M in Verlegenheit zu bringen.
    »Danke für den Whisky, Sir.« Mehr fiel Bond am Ende nicht ein.

2. Donalda und May
    Drei Tage später zog die Stationsschwester den Gummidrän mit einem Ruck aus Bonds Oberschenkel. Es fühlte sich schrecklich an, als hätte man ihm eine Sehne oder einen Muskel ausgerissen. Ihm wurde schwindlig, als sie den Verband erneut anlegte. Die Stationsschwester war eine ziemlich beeindruckende Persönlichkeit, die Wert auf Gleichbehandlung aller Patienten legte – ob Fürst oder Tellerwäscher, und das galt natürlich auch für ihn.
    »Das hätten wir, Commander«, sagte sie mit einem ironischen Lächeln. Es war das erste Mal, dass sie seine Rangbezeichnung gebrauchte. »Jetzt sind Sie wieder ein normales menschliches Wesen – ganz ohne Röhren und Schläuche.«
    Als sie das Zimmer verlassen hatte, ging Bond ins Bad und betrachtete sich im Spiegel über dem Waschbecken. Er war blass und abgemagert, und seine Gesichtsnarbe trat deutlicher hervor. Es ging ihm zwar ganz gut, aber er war noch nicht richtig bei Kräften, nicht so wie sonst. Er konnte jedoch nicht warten, bis er wieder in Topform war. Es gab einiges zu erledigen. Seit Ms Besuch und seinem unerwarteten Angebot, sich einen Monat Urlaub zu nehmen, hatte Bond viel nachgedacht. Einen ganzen Monat – was konnte man in dieser Zeit alles zustande bringen? M mochte vielleicht denken, dass er seine Mission mit Bravour erfüllt hatte, doch für Bond blieb sie mit dem bitteren Nachgeschmack des Unvollendeten behaftet. Zwei Menschen hatten versucht, ihn zu töten – ein Mann, der ihn außerdem auf brutalste Weise hatte verstümmeln wollen, und eine Frau, die er mit vertrauensvoller und zärtlicher Hingabe geliebt hatte. Ausgerechnet sie plante, ihm den Todesstoß zu versetzen, als er bereits am Boden lag. Bond konnte diese entsetzlichen Sekunden im Kontrollturm von Janjaville nicht vergessen – niemals würde er sie vergessen. Wenn man dem Tod auf diese Weise ins Auge gesehen, wenn man die Einschläge am eigenen Körper verspürt hatte, konnte man, durfte man das nicht einfach als lehrreiche Erfahrung verbuchen, achselzuckend weiterziehen und seinem Glücksstern danken. Dass er überlebt hatte, war reiner, blinder Zufall. Im Lauf seiner Dienstjahre hatten viele Leute versucht, Bond zu töten, den meisten konnte er nachhaltig beweisen, wie töricht diese Zielsetzung war. Nun hatte M ihm geraten, sich zu entspannen, zu erholen, zu verwöhnen, dabei hatte Bond nichts anderes als Vergeltung im Sinn, er wollte diese beiden aufspüren und zur Rede stellen. Er wollte sie ihrer gerechten Strafe zuführen und sich daran weiden. Was sollte er in dieser Verfassung mit einem Monat Urlaub anfangen? Wobei – das war doch die Gelegenheit. Sein Vorgesetzter hatte ihm vier Wochen eitles Nichtstun geschenkt. Bond fasste den Entschluss, just in diesen Wochen besonders aktiv zu werden.
    Er zog seinen Morgenrock über den Pyjama, verließ die Privatabteilung und ging die Treppe hinunter zum Zimmer der Stationsschwester. Dort fragte er, ob er telefonieren dürfe, und wurde zu einer gläsernen Zelle mit Münztelefon geschickt. Nachdem er sich etwas Kleingeld geborgt hatte, rief er zunächst bei seiner Bank an, um sich Geld überweisen zu lassen; danach erkundigte er sich bei Donalda nach einer Adresse und ließ sich anschließend mit seiner Sekretärin Minty Beauchamp verbinden, um sie über seinen vierwöchigen Urlaub zu unterrichten und ihr mitzuteilen, dass er in dieser Zeit nicht zu erreichen sei.
    Nachts im Bett arbeitete Bond seinen Plan etwas detaillierter aus – den Racheplan, der sich gegen Blessing Ogilvy-Grant (oder wie immer sie sich inzwischen nannte) und Kobus Breed, den Mann mit den zwei Gesichtern, richtete. Hulbert Linck obendrein, sollte sich herausstellen, dass er ebenfalls hinter dem Mordversuch steckte. Während Bond überlegte, was er mit ihnen anstellen könnte,

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