Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)
liegend.«
Bond nickte, als er das hörte. Digby Breadalbane, sein Schutzengel …
»Letzten Sonntag hat er sogar einen ziemlich guten Artikel im Observer veröffentlicht: ›Tod einer kleinen Nation‹. Sollten Sie gelegentlich mal lesen – Sie werden natürlich mit keiner Silbe erwähnt.«
So war Breadalbane also doch noch zu seinem Knüller gelangt.
M blies ein Rauchwölkchen in Richtung Deckenlampe. »Zum Glück begleiteten ein paar unserer Sondereinsatzkräfte die zanzarische Armee.«
»Ach ja, die ›Berater‹.«
»Genau. Die haben Sie notdürftig verarztet und mit einem Hubschrauber nach Sinsikrou verfrachtet. 24 Stunden später wurden Sie hierher geflogen.«
»Glück gehabt«, sagte Bond, im Nachhinein leicht beunruhigt ob dieser Rettung, die ausschließlich auf einer Kette von Zufällen beruhte.
»Sie sind ein Glückspilz, 007«, sagte M mit einem ungewohnt warmen Lächeln.
Bond dachte an diesen Abend in Janjaville zurück, an Blessings eiskalten Blick, als sie die Pistole auf ihn gerichtet und abgedrückt hatte. Glück gehabt, ja … Die Kugel hatte ihn unterhalb des Schlüsselbeins getroffen und war an der rechten Schulter wieder ausgetreten. Sein rechter Lungenflügel war zwar kollabiert, doch sonst hatte er keine inneren Verletzungen davongetragen.
»Und was ist mit Ogilvy-Grant?«, fragte er.
»Ihm geht es ausgezeichnet, er wohnt immer noch in Sinsikrou und fragt sich, warum Sie ihn nie kontaktiert haben.«
» Ihm ?«
»Edward Benson Ogilvy-Grant, 51 Jahre alt, früher Kapitän der Royal Marine, heute Stationsleiter in Zanzarim.«
»Ich hatte aber mit einer jungen Frau namens Ogilvy-Grant zu tun.«
M warf ihm einen wissenden Blick zu. »Ja. Die hat Sie schön eingeseift. Und Sie haben sich nicht an die Vorschriften gehalten.«
»Selbstverständlich habe ich mich daran gehalten.« Bond empfand den Vorwurf als ungerecht. »Die Q-A bteilung teilte mir mit, Ogilvy-Grant werde mich nach meiner Ankunft kontaktieren. Und das hat sie auch getan.«
»Offenbar handelt es sich um Ogilvy-Grants Sekretärin. In Wirklichkeit heißt sie Aleesha Belem.«
»Nicht zu fassen.« Bond schüttelte den Kopf. »Das erklärt, warum sie so gut über mich Bescheid wusste.« Er hielt inne. »Sie hat es allerdings durchgezogen wie ein Profi – ein echter Profi … in wessen Auftrag?«
»Das wissen wir nicht. Eine ganze Menge Leute haben Interesse an Zanzarim.«
Bond dachte an Blessings ausgeklügelte Täuschungsmanöver: das so authentisch wirkende schäbige Büro, Christmas als Chauffeur, ihre bis ins kleinste Detail stimmige Biografie – der Vater ein schottischer Ingenieur, ihre keltischen Ausdrücke, das Cheltenham Ladies College, Cambridge, Harvard … die Liebesnacht nicht zu vergessen. Immerhin etwas, das M entgangen sein dürfte.
»Hat sie vielleicht für Dahum gearbeitet?«, fragte er.
»Vielleicht … Sie sind einem gewissen Hulbert Linck begegnet?«
»Ja«, antwortete Bond. »Das wandelnde Rüstungsunternehmen. Er hat versucht, Dahum im Alleingang zu bewaffnen, zu beschützen und zu erhalten. Anscheinend hat er keinen festen Wohnsitz.«
»Zwielichtiger Geselle«, sagte M.
»Er hatte etwas Gekünsteltes an sich, als spielte er nur eine Rolle.«
»Eins steht jedenfalls fest: Er ist verschwunden. Die Frau übrigens auch. Vielleicht wurden sie beide umgebracht.«
Bond schenkte sich Whisky nach – M lehnte ab. »Außerdem gab es diesen Kobus Breed – Söldner aus Rhodesien. Ein Psychopath, aber nicht blöd. Inzwischen glaube ich, dass sie mit ihm zusammengearbeitet hat. Vielleicht hat er sie getötet.«
»Wir wissen auch nicht, wo Mr Breed abgeblieben ist. Es ist aber nicht anzunehmen, dass er hinter dem Ganzen steckt. Die Strippen hat ein anderer gezogen. Und selbst wenn sie Dahum verlassen konnten, haben sie doch alles verloren.« M lächelte. »Dank Ihnen. Die werden Sie kaum ins Herz geschlossen haben. Eine Weihnachtskarte dürfen Sie nicht erwarten.«
M stand auf, stellte seinen Becher ab, wühlte gedankenverloren in den Taschen und nahm schließlich Hut und Mantel vom Türhaken.
»Melden Sie sich nach Ihren Ferien«, sagte M. »Fahren Sie an ein schönes Plätzchen und entspannen Sie sich. Sie haben eine Menge durchgemacht und können froh sein, dass Sie mit dem Leben davongekommen sind. Jetzt erholen Sie sich erst mal – gönnen Sie sich was.« Er klopfte Bond auf die Schulter.
Bond stand auf, und sie gaben sich zum Abschied noch einmal die Hand. Zwischen ihnen herrschte eine
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