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Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Titel: Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Boyd
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zwei aufgerichtete Antennen schlaff herabhingen, wenn die Sogwirkung mit zunehmender Füllung nachließ. Bond hatte diese Vorrichtung hassen gelernt, aber die Oberschenkelwunde war immer noch leicht infiziert und der Drän hörte nicht auf zu tropfen. Dafür war die Wunde in seiner Brust bemerkenswert gut verheilt, Eintritts- und Austrittsloch bildeten nun zwei runzlige, rosige Münzen, die das Narbenpalimpsest seines Körpers bereicherten.
    Das Militärsanatorium befand sich in der stillen Ecke eines großen Armeestützpunkts im Süden von Edinburgh. Bonds Station verfügte über sechs Einzelzimmer; sie waren schwerkranken Soldaten, Matrosen und Angehörigen der Luftwaffe vorbehalten, die rund um die Uhr Pflege benötigten. Anders gesagt waren die Zimmer für Militärpersonen reserviert, die ihre Verletzungen geheim halten mussten – fast alle Patienten gehörten Spezialeinheiten an.
    »Ach ja, das hätte ich fast vergessen«, sagte Sheila, als sie die Tür erreichten. »Sie haben Besuch.«
    Als Bond sein Zimmer betrat, sah er zu seiner Verblüffung M am Fenster stehen und die Aussicht betrachten. M drehte sich um und lächelte. Mit seinem Dreiteiler aus schwerem braunem Tweed wirkte er hier so deplatziert wie die Nelsonsäule auf einem Dorfanger.
    »James«, rief M. »Sie sehen ausgesprochen gut aus.«
    Sie gaben sich die Hand.
    »Das ist aber nett, dass Sie diesen weiten Weg auf sich genommen haben, um mich zu besuchen, Sir«, sagte Bond, der auf einmal große Zuneigung zu dem älteren Mann verspürte.
    »Och, deswegen bin ich nicht hergefahren. Ich verbringe gerade ein paar Jagdtage in Perthshire, und da dachte ich mir, warum nicht auch hier auf Beutefang gehen?« M kicherte über seinen eigenen Witz. »Haben Sie was zu trinken da?«
    »Man bekommt hier eine Flasche Sherry, um den Appetit anzuregen, aber davon würde ich die Finger lassen. Würde ihn nicht mal zum Kochen verwenden. Ich habe jedenfalls keinen Tropfen angerührt.«
    »Wusste ich’s doch.« M zog eine kleine Flasche Dewar’s aus der Tasche und stellte sie auf Bonds Nachttisch ab. »Zunächst wollte ich Ihnen Obst und Konfekt mitbringen, aber dann dachte ich mir, das hier ist Ihnen bestimmt lieber. Hoffentlich bekommen Sie deswegen keinen Ärger.«
    Bond suchte im Bad nach einem Zahnputzbecher und spülte eine Teetasse aus. Er schenkte ihnen beiden einen großzügigen Schluck Whisky ein.
    » Slangevar «, sagte M und stieß mit seinem Becher gegen Bonds Tasse. »Trinken wir auf Ihre rasche Genesung.«
    Bond nippte vorsichtig an seinem Whisky. Seit Dahum trank er zum ersten Mal wieder Alkohol. Eine herrliche, tröstliche Wärme breitete sich in seiner Kehle und Brust aus.
    »Genau das richtige Heilmittel«, sagte Bond und schenkte M und sich nach.
    »Wann werden Sie entlassen?«, fragte M.
    »In ein bis zwei Wochen, schätze ich. Mir geht es von Tag zu Tag besser.«
    »Nehmen Sie sich nach Ihrer Entlassung einen Monat Urlaub«, sagte M. »Um wieder voll und ganz auf die Beine zu kommen. Sie haben es sich verdient. Es sind nicht viele, die von sich behaupten können, einen Krieg beendet zu haben.«
    »Und ich habe sogar einen Orden erhalten«, sagte Bond mit einem Hauch Sarkasmus.
    »Und die Regierung Ihrer Majestät wird Ihnen ewig dankbar sein.« M holte seine Pfeife hervor. »Darf man hier rauchen?«
    »Man darf.« Bond steckte sich eine Zigarette an.
    »Ich weiß, dass Sie später einen ausführlichen Bericht verfassen werden, also müssen wir das Ganze jetzt nicht Punkt für Punkt durchgehen«, sagte M. »Aber vielleicht möchten Sie mir ein paar Fragen stellen?«
    In der Tat. »Wie bin ich rausgekommen?«, fragte Bond. Als er das Bewusstsein wiedererlangt hatte, befand er sich, auf eine Bahre geschnallt, in einem Transporter der Royal Air Force auf dem Weg nach Edinburgh. Keiner der Ärzte, die ihn seither behandelt hatten, konnte ihm auch nur ansatzweise erklären, was passiert war.
    »Ein Journalist namens Digby Breadalbane hat Sie gefunden«, sagte M. »Er hatte sich ebenfalls zum Flugplatz aufgemacht, blieb unterwegs aber im Chaos stecken – einem wilden Durcheinander von panischen Soldaten und Deserteuren. Als Breadalbane schließlich ankam, waren alle Maschinen weg. Danach gab es keine Gegenwehr mehr, so dass die zanzarische Armee den Flugplatz im Nu besetzen konnte. Trotzdem wurden noch ein paar Kugeln abgefeuert, was diesen Breadalbane bewog, im Kontrollturm Deckung zu suchen. Dort hat er Sie vorgefunden, bewusstlos in einer Blutlache

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