Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)
und Machtfülle – und wollten das für ihre Zwecke nutzen. Eines ließ ihm keine Ruhe: Obwohl er in den letzten Tagen von Port Dunbar fast pausenlos in Kontakt mit Breed gewesen war, hatte der ihm nie erzählt, dass Blessing das Feuergefecht im Wald überlebt hatte. Warum nicht? Was hatte sie Breed erzählt? Welche Anweisungen hatte sie ihm erteilt?
Er steckte sich die nächste Zigarette an. »Das heißt, diese gewaltige Überwachungsaktion an der Milford Plaza ist dafür gedacht, Linck dingfest zu machen?«
»Ja.«
»Warum? Was macht Linck für die CIA so bedeutend?«
»Wie ich schon sagte – ich weiß es nicht. Linck verfügt wohl über etwas, das wir unbedingt haben wollen. Informationen – irgendein Geheimnis. Ich habe wirklich keine Ahnung.«
Bond runzelte die Stirn. Er hatte Linck von Anfang an für eine etwas fragwürdige Gestalt gehalten. »Ich dachte mir schon, dass dieser Millionär kein romantischer Spinner mit einem Faible für hoffnungslose Fälle ist.«
»Die Welt soll ihn aber dafür halten«, sagte Blessing. »Da ist übrigens noch etwas. Ich werde stark unter Druck gesetzt. Zu stark. Das ist so nicht üblich und eigentlich auch nicht fair. Es ist mir gelungen, ungefährdet ins Herz der Organisation vorzudringen. Brig und die anderen wollen aber nicht begreifen, warum ich ihnen nicht sagen kann, wo Hulbert Linck ist. Oder ob er überhaupt noch lebt. Manchmal denke ich, dass Breed ihn getötet hat.«
»Gut möglich«, sagte Bond.
Blessing stand auf. »Ich gehe jetzt unter die Dusche. Wie wär’s, wenn wir uns etwas zu essen bestellten?«
»Lass uns lieber in ein anständiges Restaurant gehen.«
Sie lächelte spöttisch. »Ich kann mich wohl kaum mit dir in der Öffentlichkeit blicken lassen, James. Was, wenn das Kobus Breed zu Ohren kommt?«
»Stimmt. Ich habe bloß keine Lust auf diesen Motelfraß.«
Blessing verschwand nach nebenan, und kurz darauf hörte Bond die Dusche rauschen. Während er wartete, trank er noch einen Bourbon und versuchte, die einzelnen Puzzleteile zusammenzufügen. Was ihm nicht gelang. Africa KIN , Gabriel Adeka, Hulbert Linck, die CIA … Kobus Breed hatte Janjaville gemeinsam mit Linck verlassen. Bond gewann immer mehr den Eindruck, dass Breed die Schlüsselfigur war.
Blessing kehrte in einem wild orange-schwarz gemusterten, oberschenkelkurzen Morgenmantel aus Baumwolle zurück. Bond stellte sich vor, dass sie darunter nackt war, und rief sich im Stillen gleich wieder zur Ordnung. Er war schließlich hier, um so viele Informationen wie möglich zu sammeln.
»Wo ist eigentlich Gabriel Adeka?«, fragte er.
»Er leitet die ganze Organisation von einem riesigen Haus in Orange County aus, Rowanoak Hall. Im Grunde ist das eine Art Klinik – eine medizinische Sammelstelle für die Kinder.«
»Welche Kinder?«
»Sie werden von Africa KIN eingeflogen.« Blessing schenkte sich einen kleinen Bourbon ein und nippte daran. »Das Interessante ist, dass nicht die CIA , sondern Adeka für dieses Riesenhaus aufkommt. Wir finanzieren nur die Büroräume an der Plaza.«
»Warst du schon dort? In diesem Haus in Orange County?«
»Ich habe mich dort ein paarmal mit Denga getroffen. Es ist wirklich fast wie ein kleines Krankenhaus. Bestens ausgestattet.« Sie stellte ihr Glas ab. »Ich habe Hunger.«
»Ist Breed auch dort?«
»Ich glaube, er wohnt da. Er und Denga arbeiten anscheinend eng zusammen.«
»Alte Waffenbrüder. Wo kommen die Africa KIN -Flüge an?«
»Nicht in Washington. Es gibt einen kleinen Flughafen, der nicht so weit vom Haus entfernt ist, etwa vierzig Minuten Fahrzeit – Seminole Field. Die Kinder werden dort eingeflogen und mit Krankenwagen zum Haus gebracht, wo eine medizinische Voruntersuchung stattfindet. Danach werden sie an spezialisierte Krankenhäuser in Washington, D.C., Maryland oder Virginia überwiesen, je nach Leiden der Kinder. Das Ganze ist sehr aufwendig.«
Blessing nahm auf dem Sofa Platz und achtete darauf, dass ihr Morgenmantel nicht höherrutschte. Bond versuchte, nicht ständig auf ihre schlanken braunen Oberschenkel zu starren.
»Der nächste Flug trifft übrigens morgen ein«, sagte sie. »Und zwar mit großem Trara. Jemand vom Außenministerium übernimmt für uns die offizielle Begrüßung. Das verschafft uns gute Deckung – wenn die Regierung sich beteiligt und ihren Segen gibt.«
»Ich sollte mir das vielleicht ansehen«, sagte Bond.
»Ich dachte, du fliegst nach London zurück.«
»Ja. Aber das muss nicht sofort sein.
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