Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)
er die Fluggesellschaft benachrichtigte. Danach hielt er das nächste Taxi an und gab dem Fahrer zehn Dollar, damit er ihn um die Ecke fuhr und eine Weile anhielt. Bond zog sich in einen Hauseingang zurück und beobachtete, wie Agent Massinette die BOAC -Agentur betrat, bestimmt um sich zu vergewissern, dass Bond wie geplant abfliegen würde. Das dürfte die CIA beruhigen, die Bond von nun an möglicherweise weniger streng überwachen würde. Erst mal abwarten. Sobald Massinette seinen Ausweis vorgezeigt und die gewünschte Bestätigung erhalten hatte, würde er Felix Leiter informieren.
Bond stieg wieder ins Taxi und ließ sich ins Fairview zurückfahren. Massinette hatte etwas Befremdliches an sich – sein Auftreten war nicht ganz so professionell, wie man es von CIA -Agenten wie beispielsweise Brig Leiter kannte. Bond missfiel der verdrießliche, feindselige Blick, mit dem Massinette ihn bei ihrer ersten Begegnung gemustert hatte. Brig Leiter war mit ganzem Herzen bei der Sache, er war bestimmten Wertvorstellungen verpflichtet – das sah man auf den ersten Blick. Massinette war schwerer einzuschätzen, aber wozu sollte Bond sich überhaupt mit ihm beschäftigen? Vielleicht hatte der Mann einfach private Sorgen, die seine Einstellung zur Welt generell trübten – Agenten waren schließlich auch nur Menschen.
Im Fairview begab Bond sich gleich zum Parkplatz und blieb fünf Minuten in seinem Mustang sitzen. Als er sich garantiert unbeobachtet wähnte, fuhr er über einen ausgedehnten Umweg entspannt zum westlich gelegenen Seminole Field Airport.
Der Flughafen erfüllte eine Doppelfunktion als Knotenpunkt für kleine Propellermaschinen, die Kurzstrecken nach Maryland, Virginia und Philadelphia flogen, und als Standort für drei F-100-Super-Sabres-Staffeln der Air National Guard. Aus diesem Grund war die Start- und Landebahn lang genug selbst für die größten Transporter und Passagierjets. Bond stellte den Wagen ab, nahm seinen Feldstecher mit und stieß zur Gruppe der Flugzeugbeobachter, die sich auf einer Anhöhe außerhalb des Begrenzungszauns versammelt hatten. Von dort aus hatte man gute Sicht auf die Landebahn, das Vorfeld und den kleinen Kontrollturm sowie die Abfertigungs- und Passagierhallen. Die Hangars der Air National Guard befanden sich am anderen Ende des Flughafens. Bond warf einen Blick auf seine Uhr: Blessing zufolge sollte der Africa KIN -Flug aus Khartoum in einer Stunde hier eintreffen. Als er mit seinem Feldstecher die Piste absuchte, sah er, dass ein Bereich abgezäunt war, und entdeckte am Rand eine kurze Tribünenreihe, wo ein paar Journalisten und Fotografen plaudernd und rauchend herumsaßen.
Nach etwa einer halben Stunde fuhr eine kleine Limousinenkolonne vor. Diverse Honoratioren stiegen aus und wurden in die Passagierhalle geführt, darunter Oberst Denga und Blessing. Es waren etliche Anzugträger und ein paar Frauen in feinen Kleidern und Hüten – vermutlich Sponsoren der Hilfsorganisation und offizielle Vertreter des Ministeriums. Das Willkommenskomitee war also eingetroffen, doch Gabriel Adeka nahm offensichtlich nicht teil. Danach fuhren drei Krankenwagen mit dem Africa KIN -Logo auf das Vorfeld und hielten in einer Reihe an.
Zur vorgesehenen Zeit landete im Sturzflug eine Boeing 707, die den Flugzeugbeobachtern ein Raunen entlockte. Während sie ausrollte, sah Bond, dass die Seiten zwar mit dem Schriftzug »Transglobal Charter« versehen waren, am Bug jedoch das inzwischen altvertraute Africa KIN -Logo prangte. Das Flugzeug nahm seine Parkposition ein, die Würdenträger applaudierten und man schob ein paar Gangways zu den Türen. Aus den Krankenwagen wurden Rollbahren entladen und von Sanitätern bereitgestellt.
Dann gingen die Türen auf und die Kinder traten heraus. Zunächst die gehfähigen, einige mit bandagierten Köpfen und Gliedern, andere mit kleinen Krücken. Dann wurden die kleinsten und schwächsten von Krankenpflegern hinausgetragen und zum Schluss die schwerkranken und schwerverletzten, die für den Fototermin auf die Rollbahren gelegt wurden.
Bond stellte seinen Feldstecher scharf, als die Würdenträger sich im Blitzlichtgewitter kurz zu den Kindern gesellten. Auf der einen Seite stand Denga – makellos in seinem beigen Seersuckeranzug – neben einem frischgebackenen Senator, auf der anderen stand ein Unterstaatssekretär neben Blessing. Händeschütteln nach allen Seiten, eine kurze Ansprache, die mit höflichem Applaus aufgenommen wurde. Bond fiel auf,
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