SOLO mit PINK LADY - MIT 16 DIE WELT EROBERT
See habe ich eine kleine Liste der Dinge zusammengestellt, die ich am meisten vermisse:
Zuerst sind da natürlich meine Familie und meine Freunde. Insbesondere mein Bruder und meine Schwestern. Zweitens die Möglichkeit zur Entspannung – ohne, dass ich stets für alles bereit sein muss. An dritter Stelle rangiert Schlaf – langer und ununterbrochener Schlaf ohne schrille Alarmsignale oder andere Weckrufe (so stelle ich mir die ersten Wochen nach meiner Heimkehr vor; macht also bitte keine Pläne für mich!).
Außerdem vermisse ich das Spazierengehen. Ich vermisse es wirklich, mir die Beine am Strand oder sonst wo zu vertreten. Und natürlich gutes Essen. Auch wenn ich noch nicht gänzlich vom Proviant an Bord gelangweilt bin, so spüre ich doch mein Verlangen nach frischen Gerichten. Ich habe Sehnsucht nach einem knackigen Salat, jeder Art von Obst und sogar Gemüse. Ich würde viel für eine gute Tasse Kaffeegeben, denn hier an Bord geht mit dem unappetitlichen Wasser aus den Tanks und Milchpulver nicht viel! Über das lange heiße Bad müssen wir erst gar nicht reden. Und ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr ich es begrüßen würde, wenn zur Abwechslung einmal ein anderer das Geschirr abwaschen würde. Ach ja, ich vermisse auch Schokolade, die nicht geschmolzen und wieder fest geworden ist. Sie schmeckt einfach anders!
Es ist wieder ein schöner Tag in diesem Teil des Atlantiks. ELLA’S PINK LADY segelt in 13 Knoten Wind mit fünf Knoten Geschwindigkeit raumschots. Ich werde jetzt die Angel wieder auswerfen. Das hatte ich mit dem Kälteeinbruch eingestellt. Ich weiß gar nicht, was man in diesem Revier fangen kann. Aber ein Versuch kann ja nicht schaden, oder?
Es dauerte allerdings nicht besonders lange, bis sich herausstellte, dass ein Versuch doch schaden kann! Nur Minuten, nachdem ich die Angel ausgeworfen hatte, stürzte sich ein über ELLA’S PINK LADY kreisender Vogel herunter und verfing sich in der Schnur. Sobald ich bemerkt hatte, dass der arme Vogel hinter uns hergezogen wurde, habe ich die Angel schnell eingeholt. Dem Vogel ging es zu der Zeit schon nicht mehr so gut. Ich hatte deshalb ein schlechtes Gewissen. Und so hat es einige Zeit gedauert, bis ich mich überhaupt wieder an die Angel traute. Neben Parker und meiner Kuscheltiercrew waren die Vögel meine einzigen regelmäßig wiederkehrenden Begleiter. Ich verbrachte Stunden damit, ihnen beim Fliegen um ELLA’S PINK LADY herum zuzusehen. Ich fand es grauenhaft, einen von ihnen auf diese Art und Weise zu fangen. Aber ich konnte mich damit nicht lange befassen, denn schon sehr bald sollte mein Kopf mit ganz anderen Dingen beschäftigt sein.
In der vergangenen Woche waren ein paar Fronten durchgegangen. Laut Wettervorhersage sollten sie einige Stürme mit sich bringen, doch die hatten sich zunächst als vergleichsweise harmlos herausgestellt.Ich würde nicht sagen, dass ich deswegen selbstgefällig wurde, aber als Bob den nächsten Wetterbericht schickte und einen weiteren weniger starken Sturm ankündigte, hatte ich nichts Ernsthaftes erwartet. Eine Fehleinschätzung!
Sonntag, 24. Januar 2010
Wind, Wellen, Action und Drama!
Meine herrlich sonnigen Bedingungen endeten mit einem Knall. ELLA’S PINK LADY und ich hatten eine interessante Zeit hier draußen. Der Wind sollte annähernd auf Sturmstärke zunehmen, aber keiner der Rechner und auch keine Vorhersage hatte die 65 Knoten angekündigt, die ich ablesen konnte, bevor ich meine Windinstrumente beim Kentern verlor!
So viel Wind bringt sehr große und sehr böse Wellen mit sich. Um euch einen Eindruck von den Bedingungen zu geben: Sie waren vergleichbar mit jenen, die im schrecklichen Sydney-Hobart-Rennen 1998 herrschten. ELLA und ich sind viermal gekentert. Die dritte Kenterung war die schlimmste. Der Mast wurde 180 Grad ins Wasser gedrückt. Wobei drücken nicht das richtige Wort ist. Korrekt beschrieben, wurde ELLA’S PINK LADY hochgehoben, eine Welle hinuntergeworfen, dann unter einen brechenden Wellenberg gedrückt und mit Gewalt auf den Kopf gestellt. Ich hatte längst alle Schotten dicht gemacht. Es war viel zu gefährlich, an Deck zu sein. Ich konnte also nicht viel tun, mich nur anschnallen und festhalten. Obwohl wir nur mit dem kleinen Sturmsegel unterwegs waren, hat uns der elektronische Autopilot vor dem Wind hervorragend auf Kurs gehalten. Meine ermutigenden Anfeuerungen mögen dazu beigetragen haben oder auch nicht! Als wirklich gefährlich entpuppten sich
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