Solo
vermutlich auch tat.»
«Natürlich alles nur Mutmaßungen.»
«Aber auf diese Weise kam ich durch Kensington Gardens zur Albert Hall. Wo ich ein Plakat sah. Eines von vielen, aber bei weitem das interessanteste. Die Anzeige eines Konzerts um acht Uhr des Abends, an dem Megan starb.»
«Ein Konzert?» Sie spürte, wie Kälte sie durchrieselte, ihr Atem schneller ging.
«John Mikali spielt Rachmaninows Zweites Klavierkonzert,
hieß es da, und der Name erinnerte mich an etwas. Während des Festivals von Cannes 1971 wurde ein italienischer Filmregisseur von dem Mann aus Kreta erschossen, der danach trotz des Aufgebots an französischen Sicherheitsbeamten spurlos verschwand. Mikali zählte zu den zahlreichen Prominenten, die damals in diesem Hotel abgestiegen waren.»
«Nun?»
«Als im vergangenen Jahr dieser ostdeutsche Minister in Frankfurt getötet wurde, raten Sie mal, wer da am gleichen Tag in der Universität ein Konzert gab?»
Sie holte tief Atem. «Asa, das ist unsinnig. John Mikali ist einer der größten Pianisten der Welt. Eine internationale Berühmtheit.»
«Und hat als Junge zwei Jahre in der Fremdenlegion gedient», sagte Morgan. «All right, es klingt zwar nicht sehr wahrscheinlich, aber zumindest ist es einen zweiten Blick wert.»
«Haben Sie mit Superintendent Baker über diese Idee gesprochen?»
«Ich werd' den Teufel tun. Das ist meine Sache – niemandes sonst. Ich werde weitere Nachforschungen anstellen. Halte Sie auf dem laufenden.»
Nachdem er aufgelegt hatte, holte sie ihr Adreßbüchlein und suchte flugs Bruno Fischers Telefonnummer. Als er sich meldete, klang seine Stimme, als liege er noch im Bett.
«Bruno – hier ist Katherine Riley.»
«Und was kann ich so früh am Morgen schon für Sie tun?»
«Wann wird John aus Helsinki zurückkommen?»
«Gar nicht. Er fand, daß er ausspannen müsse. Ist direkt nach Athen geflogen und von dort nach Hydra weitergereist. Dort dürfte er jetzt zu erreichen sein. Sie haben doch die Nummer, wie? Das einzig Gute an diesem barbarischen Winkel ist der Telefonanschluß.»
Kate legte auf und blätterte weiter in ihrem Büchlein. Ein Gutes an Hydra; man konnte direkt durchwählen. Sie drehte die ellenlange Nummer. Dreimal mußte sie es versuchen, ehe sie durchkam.
«John, bist du's?»
«Katherine. Woher rufst du an?» Seine Stimme klang erfreut.
«Aus Cambridge. Ich glaube, ich kann ein paar Tage weg. Kann ich zu dir kommen?»
«Aber selbstverständlich. Wann darf ich dich erwarten?»
Sie sah auf die Uhr. «Ich habe hier noch einiges zu erledigen, aber ich könnte die Nachmittagsmaschine gerade noch erwischen. Wenn nicht, dann spätestens heute abend. Das würde bedeuten, daß ich erst morgen früh auf die Insel übersetzen kann.»
«Konstantin wird am Dock auf dich warten.»
Nach dem Gespräch blieb sie noch lange regungslos sitzen. Unsinn! Völliger verdammter Unsinn! Und in diesem Augenblick haßte sie Asa Morgan aus vollem Herzen.
Morgan wartete am Schalter im Archiv des Daily Telegraph in der Fleet Street. Die freundliche junge Dame, der er vor fünf Minuten sein Anliegen vorgetragen hatte, kehrte mit einer umfangreichen Akte zurück.
«Mikali, John», sagte sie. «Jede Menge über ihn.» Das stimmte. Morgan trug die Akte zu einem der Tische, setzte sich und fing an, sich durchzuarbeiten. Natürlich gab es Lücken. Die Zeitungsausschnitte stammten vorwiegend aus der englischen und amerikanischen Presse, aber es waren auch ein paar französische darunter. Die Besprechung eines Konzerts, das mit der Ermordung Vassilikos' zusammenfiel, und eines weiteren genau an dem Tag, als der Russe in Toronto erschossen wurde.
Schließlich fand sich ein Artikel aus Paris Match, den Morgan sehr bedächtig las. Sein Französisch war mangelhaft, aber er bekam das Wichtigste mit. Der Beitrag handelte von Mikalis Dienstzeit in der Legion und gab eine besonders drastische Schilderung des Vorfalls von Kasfa in Algerien.
Dann schlug er die nächste Seite auf und sah die Fotos. Eines von Mikali in Tarnuniform und mit dem roten Barett der Fallschirmjäger, wie er lässig ein Maschinengewehr im Arm hielt. Auf dem anderen, einer Nahaufnahme, trug er das weiße Käppi des voll ausgebildeten Legionärs.
Morgan blickte auf das harte junge Gesicht, das kurzgeschorene Haar, die ausdruckslosen Augen, den Mund. Er schloß die Akte. Das reichte. Er hatte den Mann aus Kreta gefunden.
Kurz nach
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