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Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Titel: Solom: Der Wanderprediger (German Edition)
Autoren: Scott Nicholson
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Glatze.
    »Guten Tag, Kirchenältester David«, sagte James.
    »Kirchenältester James«, erwiderte David den Gruß.
    »Bisschen Gartenpflege, was?«
    »Selbst der Garten Eden brauchte dann und wann eine helfende Hand.«
    »Hmm.« James blickte auf das Grab von Harmon Smith, vor dessen Grabstein eine kleine Mulde zu sehen war. »Das Gras wächst am besten über jenen, die mit reinem Herzen ruhen.«
    »Der große Freudentag ist nicht mehr weit«, erwiderte David. »Dann werden die Auserwählten auferstehen und mit dem Herrn gehen.«
    Da bemerkte James das schwarze Loch. »He, guck mal da!«, sagte er.
    »Ja, ich dachte, es wäre ein Mauseloch«, erwiderte David. »Wird langsam Zeit, dass sich die Mäuse einen Wintervorrat anlegen.«
    »Das ist keine Maus. Das ist ein Kupferkopftunnel.«
    »Ich hab noch nie einen Kupferkopf in einem Loch gesehen.«
    »Natürlich nicht. Ganz schön schlau, diese Kerlchen, was? Die meisten Leute denken, Schlangen sind einfach nur dumm und böse, aber das stimmt nicht. Wusstest du schon, dass eine Schlange, wenn man ihr den Kopf abhackt, erst bei Sonnenuntergang stirbt?«
    »Ich habe in meinem Leben schon die eine oder andere Schlange getötet.«
    »Manche Kirchen in Kentucky haben Schlangen beim Gottesdienst dabei«, erzählte James. »Ziemlich bescheuert, wenn du mich fragst.«
    »Im Evangelium des Johannes gibt es eine Stelle, die besagt, dass der, der den wahren Glauben in sich trägt, sogar eine Schlange in die Hand nehmen kann, ohne Schaden zu erleiden.«
    »Das klingt verdammt blöd, wenn du mich fragst. Entschuldige meine Ausdrucksweise, Kirchenältester David.«
    David ließ das Loch nicht aus den Augen. Er versuchte, die Vorstellung aus seinem Kopf zu bekommen, wie sich die Schlange durch den vermoderten Brustkorb des Wanderpredigers bohrte. Es erschien ihm wie Gotteslästerung, etwas, das der Herr niemals zulassen würde. Vielleicht könnte David eine Falle aufstellen, damit die Dinge wieder ins Lot kamen. Natürlich nur, wenn dies Gottes Wille war.
    »Ich habe gehört, die Carters sind aus der Kirchgemeinde ausgetreten«, sagte James. »Sie sind jetzt bei den Free Will Baptisten.«
    David wischte sich den Schweiß und die klebrigen Grashalme aus dem Gesicht. »Ja. Ich habe versucht, mit Benjamin Carter zu reden. Er meinte, bei dem ganzen Schlamassel auf dieser Welt wäre es besser, wenn man sich zusätzlich absichert. Es reichte ihm nicht, sich in der Hoffnung auf Erlösung tatenlos zurückzulehnen. Er wollte sein Schicksal selbst in die Hand nehmen. Rosie ist ihm natürlich gefolgt, wie es sich für eine gute Ehefrau gehört.«
    »Wir haben nur noch ein Dutzend Mitglieder, Kirchenältester David.«
    David nickte. Da die Primitiven Baptisten nicht an Missionierung glaubten, konnten sie auch nicht einfach draußen herumlaufen und neue Mitglieder anwerben. Die junge Generation hatte sich generell von der Kirche abgewandt, darunter litten nicht nur die Primitiven Baptisten. Manchmal, wenn David im Fernsehen die Bibelshows anschaute und die Typen mit ihren Seidenkrawatten und gegelten Haaren sah, wurde er fast ein bisschen neidisch. Dann stellte er sich vor, wie er vor der Kamera rüberkommen würde. Es musste großartig sein, den Geist des Herrn in sich zu spüren, während man versuchte, andere auf den rechten Weg zu bringen und sie anzuregen, Jesus Christus in ihre Herzen zu lassen und neu geboren zu werden.
    Die Primitiven Baptisten glaubten, bereits in Gottes Gnaden geboren zu sein. Deshalb mussten die Anhänger dieser Glaubensrichtung nicht viel tun, außer auf ihre Glückseligkeit zu warten. Selbstverständlich halfen die Rituale der Kirche auch dabei, mit den Sorgen dieser Welt fertig zu werden. Die Gottesdienste boten ein Gefühl der Gemeinschaft. Das war in den Bergen manchmal noch immer eine Seltenheit. Schließlich war der nächste Supermarkt mehr als achtzig Kilometer entfernt. Zwar hatte der Gemischtwarenladen einen alten Kanonenofen und eine kleine Imbissecke, aber die Atmosphäre war nicht mehr dieselbe, seitdem sich dort parfümierte Touristen mit ihren lauten Handys breitmachten. Fast schien es, als hätten sie den Laden mit ihrem Geld der Ortsgemeinschaft entrissen.
    »Der Herr wird sich darum kümmern«, meinte David. In den letzten Monaten waren in der Kollekte mehr Münzen als Scheine gewesen. David predigte nicht wegen des Geldes, auch wenn er sich für seine Aufwendungen für das Benzin und die Gerätenutzung zur Grundstückspflege entschädigen
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