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Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Titel: Solom: Der Wanderprediger (German Edition)
Autoren: Scott Nicholson
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gewachsen. Während ihres Gesprächs hatte er die Hacke immer fester umklammert. Warum, wusste er auch nicht. Er sah nur, dass seine Fingerknöchel ganz weiß waren.
    »Ja, Schatz«, flüsterte er und schlug mit der Hacke in den Wegerich, der sich in seinem Garten breitmachen wollte. Wegerich wurde, wie auch Tomaten, bei feuchtem Wetter oft von Mehltau befallen. Ein böses Unkraut, falls Gott jemals so etwas erschaffen wollte.
    Alex holte aus, um ein zweites Mal mit der Hacke zuzuschlagen. Da fiel sein Blick auf ein paar schiefstehende Pflanzen am anderen Ende des Gartens. Irgendetwas hatte sich an seinem Mais zu schaffen gemacht. Er stakte über die Brokkolireihen, vorbei an den Beeten mit dem jungen Spinat. Sein Blut war kurz vorm Kochen. Der Mais war zertrampelt, an einigen Pflanzen waren die Spitzen abgebissen. Manchmal kamen die Rehe aus dem Wald, um sich an seinem Garten gütlich zu tun. Seit Alex jedoch den Tipp eines Biogärtner-Kollegen befolgte, waren ihre Besuche seltener geworden. Man musste einfach immer mal an die Gartengrenze pinkeln, und schon blieb das Wild fern. So dumm die Viecher mit den großen dunklen Augen auch waren, eines wussten sie: dass Menschen für sie den Tod bedeuteten.
    Aber diese Schäden hier stammten nicht von Rehen. Denn an dem Zaun, der sein Grundstück von dem der Smiths trennte, lagen haufenweise abgetrennte Maisstängel verstreut.
    Alex hatte ein gespaltenes Verhältnis zu Zäunen, denn Mutter Erde gehörte eigentlich allen. Trotzdem hatte er bei der Vermessung genau aufgepasst, wo seine Grundstücksgrenze lag. Er glaubte an die Gesetze der Natur, aber das hieß leider noch lange nicht, dass der Rest seiner habgierigen Artgenossen genauso dachte. Die anderen glaubten eher an Dokumente im Gerichtssaal oder bei der Bank oder in Washington, D.C.
    Doch Dokumente hin oder her, eines stand fest: Ziegen konnten nicht lesen. Und selbst wenn sie es könnten – Alex würde ein halbes Kilo erstklassiges Gras aus eigenem Anbau darauf verwetten, dass sie sämtliche Anweisungen und Vorschriften ignorieren würden. Er umklammerte den Griff der Hacke noch fester, falls doch noch eines dieser glubschäugigen Viecher hier herumstrich.
    Der Maschendrahtzaun war lediglich ein bisschen eingedrückt, so als ob sich etwas Schweres dagegengelehnt hätte. Auf jeden Fall schwerer als eine Ziege, wie es aussah. Alex zögerte. Er wollte gern im Einklang mit der Natur leben, auch wenn sechseinhalb Milliarden unbehaarte Affen unermüdlich daran arbeiteten, unseren Planeten unbewohnbar zu machen. Er hatte zwei Möglichkeiten: Entweder er ging runter zu Gordon Smith und redete mal mit ihm, oder er ging rüber aufs feindliche Gebiet, um das Gesetz der Berge zu vollstrecken.
    »Alexxxxxx!« Am Schnurren ihrer Stimme glaubte Alex zu erkennen, dass Meredith den Joint bereits angezündet hatte. Er ließ die Hacke sinken.
    »Ich komme wieder«, sagte er zum Wald jenseits des Zaunes gewandt.

 
     
     
    8. KAPITEL
     
    Die Kirche der Primitiven Baptisten von Rush Branch war ein einfaches Holzgebäude mit einem einzigen Raum. Das Fundament bildeten ein paar krumm und schief gesetzte Hohlblocksteine. Die weiße Farbe war stellenweise schon abgeblättert. Sie war dick aufgetragen und so oft überstrichen, dass man daran das Alter der Kirche erkennen konnte. Das Gelände war gepflegt, und der kleine Bach, der der Kirche ihren Namen gegeben hatte, plätscherte nur sechs Meter von der Eingangstür entfernt vor sich hin. Vor einem kleinen Wasserfall hatte sich eine tiefe Stelle gebildet, die sich wunderbar als natürliches Taufbecken eignete.
    David Tester machte sich mit der Motorsense an den Holzstufen zu schaffen. Wie die meisten Pfarrer in den Bergen ging er unter der Woche einer regulären Arbeit nach. David war selbstständiger Landschaftsgärtner. Normalerweise hätte er sich damit niemals über Wasser halten können, wenn da nicht die Besitzer der Wochenend- und Ferienhäuschen gewesen wären, die entweder keine Zeit oder keine Lust hatten, sich um ihren Garten zu kümmern. Für David war das ein Zeichen Gottes, dass die Auswärtigen nach Solom gehörten. Die Primitiven Baptisten glaubten, alles sei vorbestimmt. So brauchte David gar nicht erst zu versuchen, irgendjemanden zu bekehren. Entweder ihre Namen standen im Großen Buch oder nicht. So einfach war das.
    Gordon Smith, der College-Dozent, hatte ihn einmal gefragt, warum die Baptisten dann eigentlich noch Gottesdienste abhielten, wenn es niemanden zu
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