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Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Titel: Solom: Der Wanderprediger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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besungen, meine liebe Literaturkennerin, hm?«) fuhr er in der zunehmenden Dunkelheit über eine Wurzel und wurde über den Lenker geschleudert. Zum Glück war nichts gebrochen, aber er hatte ein paar böse Kratzer abbekommen, die mit Antibiotika-Salbe behandelt werden mussten.
    So standen sie nun in einem kleinen Wäldchen, dessen Bäume schon fast keine Blätter mehr hatten. Falls es hier in der Nähe Häuser gab, dann waren ihre Lichter nicht zu sehen. Kleine Tiere, die sich nicht blicken ließen, huschten durch das Unterholz, und die Dunkelheit legte sich immer schneller über sie. Carolyn, ihres Zeichens Hausfrau, Freiwillige bei der Humane Society, Mitglied im Bridge-Club von Sands Creek und überzeugte Republikanerin, musste sich sehr zurückhalten, um nicht zu sagen, was sie dachte: »Wir sind hier wirklich total ab vom Schuss, oder?«
    Elliott zog einen Kugelschreiber mit Taschenlampe aus seiner Gürteltasche und ließ den Lichtstrahl über das Fahrrad schweifen. »Sieht aus, als ob das Vorderrad verzogen ist. Wenn wir zurückkommen, müssen wir den Schaden bestimmt bezahlen.«
    »Du meinst wohl, falls wir jemals zurückkommen!«
    »Ich weiß ganz genau, wo wir sind.«
    »Dann zeig’s mir mal!«, sagte sie und zog die Karte aus der Tasche. Rund um den Kartenteil waren Anzeigen für Touristenattraktionen in der Gegend, feine Restaurants und Immobilienmakler. Die Straße am Fluss war mit Pfeilen gekennzeichnet, und dort, wo sich der Gemischtwarenladen von Solom und Mother Nature Outfitters befanden, war ein rotes Kreuz eingezeichnet. Der Highway 292 von Windshake war als dicke schwarze Linie dargestellt. Der Tester Community Park, dem Maßstab der Karte nach zu urteilen ungefähr fünf Meilen von dem Outdoor-Laden entfernt, war der letzte bekannte Punkt, an dem sie vorbeigekommen waren.
    »Wir sind genau hier«, sagte Elliott und leuchtete mit der Taschenlampe auf einen Bereich, der ungefähr fünf Quadratkilometer groß war.
    »Hier gibt es gar keine Wege«, wagte Carolyn einzuwerfen.
    »Klar doch. Aber wir waren in Richtung Osten unterwegs, weißt du? Die Sonne ist in unserem Rücken untergegangen.«
    Um ehrlich zu sein, hatte Carolyn die Sonne nur sehr spärlich zu Gesicht bekommen, nachdem sie den vertrauten Radweg verlassen hatten. Die hellen Fetzen, die hier und da durch die knorrigen Äste fielen, schienen an jedem neuen Berg und hinter jeder Weggabelung aus einer anderen Richtung zu kommen. Nachdem die Sonne hinter den Bergen verschwunden war, schimmerte der ganze Himmel in der Farbe zerquetschter Pflaumen. Schon da hatte Carolyn gedacht, dass wohl nicht einmal die Brotkrümel aus »Hänsel und Gretel« sie in dieser Nacht sicher nach Hause geleiten würden.
    »Fährt das Rad noch?«, fragte sie.
    »Aber sicher doch, Schatz!« Elliott hob das Fahrrad am Lenker hoch und schob das Vorderrad mit einer Hand an. Es machte drei Umdrehungen, dann blieb es stehen. Die Felge hatte eindeutig eine Acht. »Na ja, zur Not würde es gehen.«
    »Was heißt bei dir ›zur Not‹?«
    »Mach doch mal nicht so einen Stress, Carolyn. Wir sind in Nullkommanix hier raus. Sobald wir am Fluss sind, sind wir ruckzuck zu Hause.«
    »Weißt du, wo der Fluss ist?«
    »Aber klar doch, Schatz!« Er nahm ihr die Karte aus der Hand und leuchtete auf die Stelle, wo sie seiner Meinung nach waren. Dann zog er mit dem Lichtstrahl eine Linie zum Blackburn River, der auf der Karte praktischerweise als leuchtend blaues Band dargestellt war. »Wir sind hier, und dort ist der Fluss. Halbe Stunde zu laufen.«
    »Den Fluss auf der Karte sehe ich auch. Aber wo ist der Fluss hier draußen?« Trotz aller Anstrengung konnte sie sich einen leichten Anflug von Sarkasmus nicht verkneifen.
    »Wasser fließt immer bergab. Ergo laufen wir einfach ins Tal, und dort ist auch der Fluss.«
    »Ergo« war eines dieser beschissenen, besserwisserischen Ingenieurswörter, die Elliott ihr gegenüber immer dann benutzte, wenn er sich angegriffen fühlte.
    »Da bin ich ja froh, dass wir Sportschuhe anhaben und keine Mokassins«, meinte Carolyn. An der Grenze zu North Carolina hatte Elliott an einem kleinen Souvenirladen angehalten. Über der Eingangstür hing eine billige Kopie eines Landschaftsbildes mit Mond, darunter stand ein Bär aus Holz, der mit der Motorsäge aus einem Stamm geschnitzt war. Sie konnte ihm ausreden, einen Fensteraufkleber mit Rebellenflagge und Sirup von Aunt Jemima zu kaufen (»Die Jungs bei PAMCO rasten aus, wenn wir ihnen was von dem Zeug

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