Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Titel: Solom: Der Wanderprediger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
Vom Netzwerk:
Primitiven Baptisten nicht an die Erlösung glauben …«
    Lonnie, der ein Jahr älter war als Odus, unterbrach sie und fragte: »Heißt das, dass sie nicht an Jesus glauben?«
    »Doch, sie glauben an Jesus, aber er ist für sie nicht der Einzige, der den Weg ins Himmelreich weisen kann. Die Primitiven Baptisten glauben, dass man schon bei der Geburt erlöst ist.«
    »Ich hab keinen Bock auf eine Predigt«, warf Walter Buck, Odus’ ältester Cousin ein, auch wenn der eine kleine Moralpredigt wahrscheinlich am nötigsten gehabt hätte. »Erzähl endlich von dem Geist!«
    Großmutter machte eine kurze Pause und ließ einen braunen Spuckefaden in das Einweckglas rinnen. Im fahlen Licht der Verandalampe leuchteten ihre Augen wie schwarzer Marmor. »Ich komme schon noch früh genug zu dem Geist. Doch an deiner Stelle würde ich aufpassen, dass der Geist dich nicht holt!«
    Walter Buck kicherte, doch sein Atem ging spürbar schneller.
    »Harmon Smith gefiel es hier. Die Gegend erinnerte ihn an seine Heimat im Hochland von Pennsylvania. Er beschloss, sich hier niederzulassen und eine kleine Kirche zu bauen. Das Problem war nur, dass damals auch andere Prediger durch das Land ritten, und sie waren alle rattenscharf darauf, Seelen zu retten. Die Methodisten waren die Schlimmsten – oder die Besten, je nachdem, wie man es betrachtet. Sie ritten sich halb zu Tode, überquerten im tiefsten Winter die Gipfel, schliefen auf dem harten Boden und waren bereit, sich selbst völlig zu ruinieren, nur um einen einzigen Gläubigen zu bekehren. Die meisten von ihnen richteten sich auf diese Weise zugrunde, wurden krank und starben noch vor ihrem dreißigsten Lebensjahr. Das Ganze passierte ja vor zweihundert Jahren, und damals wurden die Menschen im Allgemeinen noch nicht so alt.«
    »War Daniel Boone auch hier?«, fragte Lonnie.
    »Der alte Volksheld war nicht oft hier, nein. Manchmal kam er zum Jagen hier hoch, für ein paar Wochen im Winter. Er hatte eine kleine Hütte oben bei Kettle Knob, aber er hatte mit diesem Ort nie viel am Hut. Aber in dieser Geschichte geht es nicht um Daniel Boone, sondern um Harmon Smith.«
    Alle Kinder kannten den Film, in dem Fess Parker als Daniel Boone mit seiner Waschbärmütze über den Fernsehbildschirm flimmerte. Daniel Boone war der mutigste Held, den der Wilde Westen je gesehen hatte. Aber Odus interessierte sich mehr für den Wanderprediger und ließ den Blick über die Drei Berge schweifen. Dabei stellte er sich vor, wie Harmon Smith sein Pferd über die felsigen Pfade geleitete.
    »Harmon Smith agierte damals von Roanoke in Virginia aus. Sein Wirkungskreis erstreckte sich bis nach Tennessee und Kentucky. Als er zum ersten Mal nach Solom kam, hatte er schon drei Pferde verschlissen. Damals lebten vielleicht zwei Dutzend Familien in diesem Tal, die meisten wohnen heute noch hier.«
    »Gab es damals auch schon welche, die Hampton hießen?«, warf Lonnie ein.
    »Hör auf, immer dazwischenzureden, sonst werden wir nie fertig«, nörgelte Walter.
    Großmutter kniff ein Auge halb zu und sah Walter so vorwurfsvoll an, dass er für den Rest der Erzählung den Mund hielt. Inzwischen hatten die Mücken das Verandalicht für sich entdeckt. Eine hatte Odus ins Ohrläppchen gestochen, so dass es ganz geschwollen war und juckte. Aber das störte ihn nicht, solange er nur mehr über den Wanderprediger erfuhr.
    »Ja, schon damals gab es die Familie Hampton in diesem Tal. Robert und Dolly hießen die Eltern, und sie waren, lasst mich nachdenken, eure Ur-Ur-Urgroßeltern, wenn ich mich nicht irre. Sie gehörten zu den Ersten, die Harmon Smith zu einem bescheidenen Abendessen zu sich einluden. Deshalb weiß ich auch so gut über ihn Bescheid. Seine Geschichte wurde von Generation zu Generation weitererzählt. Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass sie an der einen oder anderen Stelle ein bisschen aufgebauscht wurde. Sonst wäre sie ja keine gute Sage.
    Jedenfalls erzählte Harmon Smith Robert und Dolly, dass er hier oben gern ein Stück Land kaufen wollte. In jener Zeit hatten Prediger nie Geld, schließlich wartete ihre Belohnung erst im Himmel auf sie – nicht wie bei den gegelten Schleimern, die heutzutage auf der Kanzel stehen. Aber Harmon hatte einen jungen Jagdhund, und einer der Hick-Jungen hatte einen Narren an ihm gefressen, so dass er ihn am Ende gegen zehn Morgen Land von Harmon ›abkaufte‹. Zu diesem Zeitpunkt hatte Harmon Dolly und Robert bereits überzeugt, sich den Primitiven Baptisten

Weitere Kostenlose Bücher