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Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Titel: Solom: Der Wanderprediger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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auf die Schliche kommen, indem sie einen ungewöhnlichen Anstieg im Stromverbrauch entdeckten. Denn er war gar nicht ans Stromnetz angeschlossen, also gehörte er nicht zum System – im wahrsten Sinne des Wortes.
    Er schloss den Schuppen auf, schaute vorsichtshalber noch einmal prüfend zum Himmel hinauf und ging rein. Der gesamte Raum war erfüllt von einem blauen Licht, das als Gewächshausbeleuchtung diente. Die Marihuanapflanzen waren so groß wie Alex. Er hatte sie aus Kona-Gold-Samen gezogen, die ihm ein Freund aus Hawaii geschickt hatte. Über allem lag der süße Duft der prallen Blüten. Die drei Dutzend Pflanzen wuchsen in großen Zwanzig-Liter-Eimern, darin die beste Komposterde, die Mutter Natur hervorbrachte. Alex setzte sich im Schneidersitz vor die Pflanzen, wie bei einer Yoga-Übung. Hier fand er seinen Frieden, hier war sein Altar des heiligen Rausches.
    Zu schade, dass er diesen magischen Ort verborgen halten musste. In einer gerechten Welt könnte er diese wunderbaren Pflanzen draußen im Garten anbauen, vor den Augen Gottes und aller Menschen. Sogar vor den Augen des Alten Zausels. Wenn Cannabis legal wäre, dann bräuchten die Landwirte vielleicht keine Fördermittel. Die Belastung für den Staat wäre geringer, und gleichzeitig müsste man nicht mehr so viel Geld in die Drogenbekämpfung stecken. Warum hatten die Liberalen bloß keine brauchbaren Kandidaten?
    Seine Wut auf die soziale Ungerechtigkeit verflog, als er den süßen Duft von cannabis sativa tief einatmete. Eine Spinne hatte sich am Stiel einer Pflanze ein Netz gesponnen. Sie war gelb mit schwarzen Streifen auf dem Rücken und bahnte sich ihren Weg ins Auge des Netzes, wo sich eine verzweifelte Fliege in den hauchdünnen Fäden verfangen hatte. Wie ein Mikrokosmos des Lebens, dachte Alex. Ein symbolisches Spiel. Man schwirrt so durchs Leben und kümmert sich um seinen eigenen Scheiß, und dann zieht es dir plötzlich den Arsch weg und die Realität schlägt mit aller Brutalität zu, um dir deinen Lebenssaft auszusaugen.
    So wie die Ziegen, die den Alten Zausel ausgesaugt hatten.
    Ganz schön hart.
    Zu hart, fand er, um mit klarem Kopf darüber nachzudenken. Scheiß drauf, was er Meredith erzählt hatte. Er wollte nur nicht mit ihr gemeinsam kiffen, denn dann hätte er entweder mit ihr reden oder sie ihm Bett zur Ruhe bringen müssen. Die einzige Methode, eine Frau ruhigzustellen, war, ein Stück seiner Selbst in sie reinzustecken. Er aber wollte jetzt allein sein. Aus seiner Socke zog er einen Joint und brannte ihn an. Genüsslich zog er daran, ohne aus seiner Yogastellung aufzustehen. Und dann spielte er im Kopf das Szenario von Situation, Problem und Lösung in verschiedenen Varianten durch.
    Die Situation: Du hattest eine Vision. Niemand wird dir glauben, denn du gehörst keiner Massenreligion an. Naja, Meredith vielleicht, aber sie glaubt auch an Atlantis und UFOs und sogar an Dunkin’ Donuts.
    Das Problem: Entweder du behältst es für dich und vergisst es, oder du musst dir eingestehen, dass Wunder geschehen.
    Die Lösung: Du musst mehr kiffen.
    Er nahm einen tiefen Zug von seinem Joint und hielt den Rauch in den Lungen. Vor seinem geistigen Auge sah er, wie der blaue Rauch in seine Blutbahn floss und Ausläufer zu seinem Gehirn sandte. Die Droge wirkte anregend und beruhigend zugleich. Ein Widerspruch, der ihm gefiel und gut in sein Weltbild passte.
    Ist zwar lange her, dass du in der Bibelschule der Methodisten warst, aber irgendwie ergeben die Wunder aus der Bibel einen Sinn. Wie Jesus mit dem Brot und den Fischen, damit alle was zu essen hatten, oder als Jesus aus Wasser Wein machte, damit sich alle ordentlich die Kante geben konnten. Aber so weit ich mich erinnern kann, kommt in der Bibel nirgendwo ein Alter Zausel vor, der seinen eigenen Arsch an die Ziegen verfüttert.
    Alex zog noch einmal am Joint. Die Spinne war jetzt bei der Fliege angekommen. Diese hatte sich wahrscheinlich selbst aufgegeben, denn sie war zu erschöpft, um weiterzukämpfen. Vielleicht hatte sie auch gemerkt, dass das Spiel vorbei war und sah durch ihre Facettenaugen zwei Dutzend Spinnen auf sich zukommen. Alex überlegte, ob er Gott spielen und die Fliege retten sollte. Er brauchte sie nur zu befreien, damit sie abhauen und weiterhin Scheiße fressen und Maden großziehen konnte. Doch es stand ihm nicht zu, im Plan der Natur herumzupfuschen. Außerdem hätte er dafür aufstehen müssen, und in seinen Beinen kribbelte es gerade so schön.
    Die

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