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Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Titel: Solom: Der Wanderprediger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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sammelte sich in Odus’ Achselhöhlen. Vor seiner Familie oder seinen Freunden hatte er kein Problem damit, Storys zu erzählen. Selbst vor einem Mikrofon hatte er keine Angst mehr. Doch die Vorstellung, dass er sie vor einem Haufen Touristen zum Besten geben sollte, die dabei an ihrem Martini nippten, war wirklich zu viel für ihn. »Ich erzähle keine Geschichten vor Publikum«, sagte Odus.
    »Ist kein großes Publikum. Nur wir und die Nachbarn. Vielleicht so zehn Leute.«
    »Zehn sind viel.«
    Der Mann schaute auf die Filmhülle. »Fünfzehn Dollar kostet das Video. Ich zahle Ihnen hundert Dollar für eine Stunde.«
    Odus dachte an das Portemonnaie in seiner Gesäßtasche. Es war so leer, dass sich nicht einmal eine Einsiedlerspinne in den Falten des Leders verstecken konnte. Für hundert Dollar konnte er sich ein paar ordentliche Flaschen Whiskey kaufen, und ordentlicher Whiskey würde vielleicht endlich die Träume von dem käsegesichtigen Mann mit dem schwarzen Hut ertränken. Im Park plärrten die Klänge der Countryband aus den Lautsprechern. »Fox on the Run« hieß der Titel, der dreistimmig gespielt wurde. Der Mann steckte sich die Waffel in den Mund. Seine dicke rosa Zunge umkreiste den oberen Waffelrand.
    »Ich muss darüber nachdenken.«
    Durch die Sonnenbrille konnte man nicht sehen, was der Mann jetzt dachte. War es Ungeduld? Oder Überraschung? Odus war das ziemlich egal. Schließlich hatte er keinen dauerhaften Job verloren. Dabei wollte er ja nicht mal einen dauerhaften Job.
    »Ich schau mir das Band mal an und melde mich dann, okay?«, sagte der Mann. »Wie kann ich Sie am besten erreichen?«
    Odus nahm den Zahnstocher aus dem Mund und drückte mit der Spitze auf seinen schwieligen Daumen. »Ich hab kein Telefon. Meistens finden Sie mich hier im Laden oder irgendwo in der Nähe.«
    Der Mann lächelte, an seiner Oberlippe glänzte Vanillecreme. »Okay, ›Stimme der Berge‹. Dann machen wir es so.«
    Er ging zur Kasse, um die Kassette zu bezahlen. Dann trat er aus dem Laden. Odus schaute ihm durch die Fliegentür auf seinem Weg zum Park hinterher.
    »Hab eine Kassette verkauft«, sagte Sarah. »Macht einsfünfzig für dich.«
    »Nur dass ich die erst in einem halben Jahr oder so kriege«, entgegnete Odus. »Wegen der Lizenzabrechnung.«
    Sarah nahm einen Fünf-Dollar-Schein aus der Kasse und hielt ihn Odus hin. »Ich sag einfach, die ist kaputtgegangen. Nimm’s als Vorschuss.«
    Odus schluckte und ging zum Ladentisch. Jetzt war es ruhig im Laden. Ein älteres Paar schaute sich den Krimskrams in den Regalen an, ein Kind stand am Süßigkeitenregal vor einer schweren Entscheidung. Odus streckte die Hand nach dem Geldschein aus. Als er seine Hand wegzog, packte ihn Sarah mit der Kraft eines Opossummauls.
    »Nimm das Geld und kauf dir dafür was zu trinken. Und dann vergiss die ganze Sache!«, sagte Sarah. »Du hast nichts gesehen, und ich hab nichts gesehen!«
    Ihre Augen trafen sich. Fast schien es, als schaute Odus mit seinen knapp einsneunzig und hundertzwanzig Kilo zu Sarah auf, die gerade mal einen Meter fünfzig groß war und fünfzig Kilo wog, aber nur, wenn sie triefnass war.
    »Er ist wieder da, und daran ändert sich auch nichts, wenn man sich betrinkt.«
    »Sich zu betrinken hat noch nie etwas geändert, das hat dich doch sonst auch nicht gestört!« Sarah ließ seine Hand los. »Erzähl es ja nicht draußen herum. Sonst denken die Leute, dein Hirn wäre endgültig verdörrt. Dann stecken sie dich in die Klapsmühle.«
    »Die Leute, denen ich es erzähle, werden mir glauben, weil sie Bescheid wissen.«
    »Ich hab gehört, was du zu dem Mann gesagt hast. Deine Geschichten sind nicht echt, sie sind gelogen.« Sarah fing an, sich an den Zigarettenschachteln und Tabakdosen hinter dem Ladentisch zu schaffen zu machen. »Die größten Lügen sind am leichtesten zu schlucken«, erwiderte Odus. »Doch wenn sie dir wieder hochkommen, dann brennen sie wie Hölle.«
    Dann trat er hinaus in den sonnigen Tag, gerade noch rechtzeitig zur letzten Strophe von »Fox on the Run«.

 
     
     
    25. KAPITEL
     
    Fleischfressende Ziegen.
    Klang wie ein beschissener Zombieschinken, fand Alex Eakins. Eigentlich fand er Zombies ganz gut, denn genau betrachtet zählten diese zähnefletschenden Kreaturen aus dem Jenseits zu den freiheitlichsten Wesen überhaupt. Zumindest, wenn man von der freien Marktwirtschaft ausging. Aber Ziegen waren irgendwie was Anderes.
    Alex war nicht doof. Ihm war klar, dass er ein

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