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Solomord

Solomord

Titel: Solomord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Duenschede
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hallten mehrere Male in seinen Ohren wider, ehe sie in sein Bewusstsein drangen.

    Als Lore schwer bepackt mit Einkaufstüten den Hausflur betrat, hörte sie Frau Lüdenscheidts Stimme aus dem ersten Stock.
    »Und seit der Scheidung machen Sie alles allein im Haushalt? Waschen, Putzen, Kochen? Also ich w ü sste nicht, ob mein Sohn …«
    »Bestimmt«, ertönte eine tiefe Männerstimme.
    Sie fragte sich, wen die neugierige Nachbarin wohl heute im Treppenhaus abgefangen hatte, während sie den Postkasten leerte, die Briefe und Reklameprospekte in eine der Einkaufstüten stopfte und sich anschließend auf den Weg in den dritten Stock machte.
    Bereits durch die Streben des Treppengeländers erkannte sie Frau Lüdenscheidts geblümte Kittelschürze.
    »Guten Tag«, grüßte sie, als sie das erste Stockwerk erreicht hatte, und war erstaunt, Herrn Wagner als Gesprächspartner der älteren Dame vorzufinden. Sie hatte ihn bisher noch nie mit jemandem im Treppenhaus sprechen sehen.
    »Ach, Lore«, die Nachbarin witterte gleich ein neues Gesprächsopfer. »Warst du einkaufen? Na, dein Vater kann auch nicht alles selbst erledigen! Hat sicher wieder viel um die Ohren?«
    Sie nickte und versuchte, sich an Frau Lüdenscheidt vorbeizuzwängen. Diese hatte sich jedoch so geschickt platziert, dass weder Lore noch Herr Wagner die Möglichkeit hatten, an der korpulenten älteren Dame vorbeizukommen.
    »Ist schon wieder ein Mädchen verschwunden. Haben Sie davon gehört, Herr Wagner?«, wandte sich die Nachbarin wieder dem schmächtigen Herrn aus dem zweiten Stock zu.
    Der nickte.
    »Und aus deiner Schule, nicht? Kanntest du sie?«
    Frau Lüdenscheidt drehte sich erneut. Es war offensichtlich, dass sie die Konversation mit gleich mehreren Gesprächspartnern genoss. Ohne Lores Antwort abzuwarten, fuhr sie fort: »Schrecklich, was heutzutage alles passiert. Das hat es doch früher nicht gegeben. Aber heutzutage?«, sie schüttelte verständnislos ihren Kopf. »Was geht nur in diesen Männern vor?«
    Herr Wagner räusperte sich.
    »Ich muss dann mal!«
    »Oh, selbstverständlich.« Die Nachbarin in der Kittelschürze trat einen Schritt zur Seite, sodass er ungehindert seinen Weg fortsetzen konnte.
    »Einen schönen Tag noch!«, rief sie dem schmächtigen Mann hinterher, der, ohne sich noch einmal umzudrehen, zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hinuntereilte.
    »Ein sehr anständiger Mann«, sie blickte Lore an, die immer noch, mit ihren Tüten beladen, am Treppenansatz stand. »Da kann sich so manch einer ein Stück von abschneiden.«

    Die Leiche war abtransportiert und die Wohnung so gut wie vollständig durchsucht, doch einen Hinweis auf den Sohn hatten sie nicht gefunden.
    Brandt hatte die Kollegen im Präsidium gebeten, die Daten anzufordern und eine Fahndung rauszugeben.
    »Ohne Bild wird das aber schwierig.«
    Ein Foto von Mia von Seitz’ Sohn war jedoch nicht aufzutreiben. In den Familienalben hatten sie nur Kinderfotos gefunden. Die aber waren für eine Fahndung so gut wie wertlos. Anscheinend hatte der Täter alle aktuellen Unterlagen mitgenommen oder vernichtet. Jedenfalls befanden sich in der Wohnung keine Hinweise auf den Sohn. Und auch der Ford Transit schien spurlos verschwunden. Die Kollegen hatten ihn jedenfalls in der näheren Umgebung des Wohnhauses nicht ausfindig machen können.
    »Könnten Sie ein Phantombild zusammen mit einem unserer Experten erstellen?«
    Die Wangen von Frau von Seitz’ Nachbarin nahmen augenblicklich eine rötliche Färbung an, als er sie um ihre Mithilfe bat. Mit leuchtenden Augen nickte sie eifrig.
    »Ich hole nur meine Handtasche!«

    Im Präsidium herrschte Hochbetrieb. Trotz des Samstags wimmelte es von Leuten in den Gängen. Im Flur vor ihrem Büro liefen sie Schirmer in die Arme.
    »Wir haben die Adresse!« Er fuchtelte wild mit einem Stück Papier vor ihren Nasen herum.
    »War gar nicht so einfach. Der Sohn hat nämlich geheiratet und den Namen seiner Frau angenommen. Aber über das Melderegister haben wir ihn trotzdem ausfindig machen können. Wagner heißt der jetzt. Lindenstraße 77!«
    Brandt traute seinen Ohren nicht. Fragend wiederholte er die Anschrift. Sein Vorgesetzter nickte.
    »Aber das ist doch meine Adresse. Herr Wagner ist mein Nachbar!«

    Teichert hielt in der zweiten Reihe direkt vor dem Haus ziemlich am Anfang der Lindenstraße. Die 1887 nach ihrem Baumbestand benannte Straße begann erst mit der Hausnummer 34. Bei ihrer Benennung erstreckte sich die Lindenstraße

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