Some like it heiß
zu tun.
Klimakterium ist auch nicht viel besser. Das Wort klingt nach einer Krankenhausstation für sterbende Regenwaldflora – »Herr Doktor, wiegeht es der Mimosa Sensitiva auf Zimmer sieben?« –, und obwohl ich mich, zugegebenermaßen, manchmal wie eine schlappe, vom Aussterben bedrohte bolivianische Orchidee fühle, ist Klimakterium keine treffende Beschreibung meines aktuellen Lebensabschnittes.
Auf Alltagsenglisch klingt es ein bisschen freundlicher: The Change of Life, oder wie meine Mutter es nannte: The Change. Die Veränderung. Das klingt vielversprechend – spannend und voller Hoffnung. »I’m going through The Change.« Man geht durch diese Erfahrung wie durch eine Blumenwiese, einen Freizeitpark oder die Auftrittswand bei »Herzblatt«. Ma benutzte The Change jahrelang als Allzweckausrede: »You kids be quiet, I’m going through The Change.« – »Tell your father to get me another Vodka-Tonic, I’m going through The Change.« – »We’re selling the house – I’m going through The Change.«
Alle Familienmitglieder nahmen aktiv teil an dieser Veränderung. Meine Mutter war in Bewegung, und wir mussten alle sehr schnell sein, um mit ihr mitzuhalten. Es war fast wie die Gründung einer Bürgerinitiative, eine Übung in Basisdemokratie. Wir gehen da durch – gemeinsam!
Ich habe sehr gelacht, als ich 2007 zum ersten Mal Barack Obamas Wahlspruch gelesen habe: CHANGE WE CAN BELIEVE IN. Veränderungen, an die man wirklich glauben kann. Ich wusste, was er meinte, und konnte sofort zustimmen. The times they are a-changin’.
Was passiert in dieser mysteriösen Zeit, dieser »Pubertät mit Vernunft«? Die Wechseljahre sind tatsächlich das körperliche Gegenstück zur Pubertät. Bei jungen Mädchen macht sich der Körper bereit, fruchtbare Eier herzustellen – mit der Effizienz eines Fließbands in Wolfsburg. Jeden Monat, jedes Jahr produzieren die Eierstockarbeiterinnen ohne Pause, ohne Streik und ohne Urlaub, bis sie eines Tages müde werden und langsam die Produktion von Östrogen und Gestagen, den wichtigen Sexualhormonen, einstellen. Dann kommt die letzte Regelblutung. Die Frau wird unfruchtbar.
Ich persönlich finde das Wort »unfruchtbar« furchtbar. Ich fühle mich schwer beleidigt von dem Wort »unfruchtbar«. Vielleicht produziere ich keine Eier mehr, but I am very fruchtbar. »Die letzte Regelblutung« wäre aber ein toller Titel für einen nur mit Frauen besetzten Western von Quentin Tarantino. Inglorious Bleeders.
Ich glaube, es ist alles, wie so viele Dinge in unserer modernen Welt, eine Frage des Marketings. Ich möchte nicht die nächsten fünf bis zehn Jahre unter einem sozial nicht anerkannten Zustand leiden, den niemand auch nur aussprechen will. Als ob ich ein mit Tollwut infiziertes Ungeheuer wäre, das ununterbrochen »Fever« singt, wenn es den Mund aufmacht, ein feuerspuckender Godzilla, der Medikamente wie Smarties schluckt, pausenlos Brennnesseltee schlürft und immer viel zu viel schwitzt. Alles in würdiger Einsamkeit, während ich meine innere Weisheit entdecke. No, nein, njet, niemals!
Glücklicherweise kann man alles ins Positive wenden, mit der Hilfe und den Tricks von Marketingmeistern, wie dem deutschen Werbepsychologen Hans Domizlaff, Autor der Marketingbibel »Die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens – Ein Lehrbuch der Markentechnik«. Er sah schon 1939 die Marke als Persönlichkeit, als »Energiesystem«. Und was hat mehr Energie und Persönlichkeit als die Menopause?
Wir brauchen die Hilfe von schmissigen Werbemenschen, die schon Arbeitslosigkeit als »berufliche Neuorientierung« und Atomkraft als »saubere Energie« neu erfunden haben. Experten,die eine Einraumwohnung ohne Aufzug in der sechzehnten Etage eines Marzahner Plattenbaus als »unentdecktes Juwel für sportive Singles mit Ausblick auf den legendären Alexanderplatz« verkaufen.
Pimp my Menopause! Weg mit dem schlechten Image! Weg mit den Online-Filmchen, die in Weichspüler getunkte Frauenärzte zeigen, die verzweifelte Mutter-Beimer-Doppelgängerinnen beraten, bevor sie durch ein Feld voller Erika in Südtirol radeln, ständig untermalt durch New-Age-Gedudel von Enya! Ich kann the upgraded Rekrutierungswebsite vor mir sehen: Hochglanzfotos von Madonna, Nena, Sade und Susan Sarandon. Nächtliche Skylines von New York bis Hongkong! Ein treibender David-Guetta-Soundtrack – pulsierende Beats und dynamische Bildschnitte und die Stimme von Iris Berben, die uns fragt: Sind Sie
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