Some like it heiß
Hitzewallungen am Tag, bei anderen sind es bis zu fünfzig – fünfzig am Tag. Das sind die Frauen, die einen Oscar,den Nobelpreis, aber mindestens das Bundesverdienstkreuz kriegen sollten! Zusammen mit einer Schüssel immer kalten Wassers und einer Klimaanlage am Bande.
Vorhersagen kann man Hitzewallungen nicht. Sie sind auch kein Zeichen eines bestimmten Naturells. Entweder es kommt zu Hitzewallungen oder eben nicht. Nach meinem ersten hot flash habe ich meine Frauenärztin gefragt, wie es jetzt weitergehen soll. »Nimm dir ein bisschen Zeit für dich«, antwortete sie, »warte ab. Immer mit der Ruhe.«
»Warte ab« und »Immer mit der Ruhe« sind zwei Sätze, die keine Frau, die auch nur im Geringsten irgendetwas mit der Menopause zu tun hat, hören will. Wir haben keine Ruhe und möchten nicht mehr warten. Aber eine buddhistische Geisteshaltung ist besonders in den Wechseljahren hilfreich, denn als ich »Hitzewallungen« googelte, las ich auf der faszinierenden Website »34-menopause-symptoms.com«: »Forschungen belegen bisher, dass nicht so sehr der Hormonmangel an sich für die Hitzewallungen verantwortlich ist, sondern dass es eher die Umstellungsprozesse und die damit verbundenen Schwankungen im Hormonspiegel sind. Sinddie Umstellungsprozesse abgeschlossen und der Hormonspiegel einigermaßen konstant, so verschwinden auch die Hitzewellen. Meistens ist dies nach einem Zeitraum von drei bis fünf Jahren der Fall.« – Drei bis fünf Jahre! Tja, der Weg ist das Ziel.
Es gibt dort auch jede Menge praktische Tipps, unter anderem das hocherotisch klingende »Stoßlüften« und die »Zwiebeltechnik«. Wunderbar! Ich werde mich für die nächsten drei bis fünf Jahre wie ein tränentreibendes Gemüse kleiden und jedes Fenster, das ich sehe, sofort weit öffnen, wenn ich ein Zimmer betrete. Sexy. Meine Freundin Cynthia, eine elegante New Yorkerin, hat einen glamouröseren Vorschlag: »Gib mir einen Fächer und einen Martini.« Ein bisschen unerwarteten Vollrausch finde ich nie verkehrt.
Es gibt natürlich auch positive Aspekte. Eine Studie der Harvard University zeigt, dass Frauen, die besonders zum Beginn der Wechseljahre unter Hitzewallungen leiden, ein geringeres Risiko für Herz- und Gefäßkrankheiten sowie Schlaganfälle haben.
Im Frauenklo hielt ich meine Handgelenke unter kaltes Wasser und versuchte, meine Haaremit dem Handtrockner zurechtzufönen wie Madonna in »Susan … verzweifelt gesucht«. Ich schälte per Zwiebeltechnik einige Schichten von meinem Körper und steckte sie in meine Tasche, wo ich meinen Fächer fand. Die S-Bahn rollte immer weiter, und der Konzertveranstalter wartete. Ich musste mich zusammenreißen und professionell erscheinen. Zwischen meinem Herzklopfen und der brummelnden S-Bahn hörte ich die Worte Bob Fosses, die er vor jeder Vorstellung wie ein Mantra rezitierte – einen Satz voller Optimismus und Pragmatismus, das Lebensmotto aller Entertainer: »It’s showtime, folks!«
4. THESE BOOTS ARE MADE FOR WALKING
»Es ist dein Leber-Qi.«
Sabine, meine Heilpraktikerin, gab mir eine Fußreflexzonenmassage, schüttelte den Kopf, atmete tief aus, bohrte in die weichen Stellen mit der Kraft eines Presslufthammers und seufzte: »Es ist dein Leber-Qi. Die Schuhe machen es kaputt.«
»Leber-Qi« ist ein Begriff aus der TCM – der traditionellen chinesischen Medizin. Ich bin Amerikanerin, und meine Heilpraktikerin kommt aus Franken, aber wir glauben fest dran. Das »Qi« ist eine Energiebahn, ein Netz durch den ganzen Körper, genau wie das Schienennetz der Deutschen Bahn, voller Verbindungen zwischen Nerven, Organen und Muskulatur. Wenn eineBlockade entsteht – durch Stress, ungesunde Ernährung, Schlafdefizit, Überforderung, Überarbeitung oder Wut –, gibt es Probleme. Und wie bei der Deutschen Bahn, wenn ein Ding fucks up, everything fucks up.
Tränen flossen über meine Wangen, und ich fing an zu schluchzen. Ich wusste nicht, was schlimmer war: Sabines Fußfolter oder die Idee, dass die Tage, an denen ich High Heels tragen würde, bald vorbei sein könnten.
»OUCH! Ich dachte, die Wechseljahre seien das Problem.«
»Auch.«
Es war nicht gerade das, was ich hören wollte. Nach meinem Hitzewellenrausch im Restaurant war ich zu meiner Heilpraktikerin gerannt – was nicht leicht war, in meinen ultra-hübschen und angesagten, aber etwas unpraktischen Stiletto-Stiefeletten. Ich hatte einen Diskurs über Leberwickel, ein Lob des Brennnesseltees oder eine Hymne auf die
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