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Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Titel: Someone like you - Dessen, S: Someone like you Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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schien von dem, was er sagte, vollkommen überzeugt zu sein. »Die Chancen stehen eins zu einer Million. Wir würden total vorsichtig sein, wirklich. Da passiert nichts.«
    »Darum geht es nicht.«
    Nun beobachtete er mich. »Worum geht es dann?«
    »Um mich.« Ich spürte sofort, dass das nicht die richtige Antwort gewesen war. Sah es an der Art, wie er leicht von mir wegrückte, aus dem Fenster blickte. »So bin ich eben.«
    Wir waren an derselben Stelle angelangt, an der wir schon oft gewesen waren. Eine Stelle, die ich mittlerweile nur zu gut kannte. Auge in Auge standen wir einander gegenüber, die Fronten verhärtet, und wir waren keinen Schritt weitergekommen. Es ging nicht vorwärts noch zurück. Gleichstand. Stillstand.
     
    Weihnachten stand vor der Tür. Alle waren plötzlich total aufgekratzt. Die Mütter, die im Supermarkt einkauften, trugen Sweatshirts mit Rentier- oder Tannenzweigmotiven. Selbst der stocksteife Mr Averby erschien am Tag vor |263| Weihnachten mit einer Nikolausmütze auf dem Kopf. Meine Eltern gingen auf eine Weihnachtsparty nach der anderen. Spätabends, ich lag schon im Bett, hörte ich ihre gedämpften Stimmen, ihr Gekicher, wenn sie albern und beschwipst heimkamen. Oma Halleys Umzug in das andere Heim war fix und fertig organisiert; meine Mutter wür de Anfang Januar hinfahren und dabei helfen. Wenn ich an meine Großmutter dachte, sah ich eine schmale Gestalt in einem Bett vor mir, das in einem engen Zimmer stand, und verdrängte das Bild so schnell wie möglich wieder aus meinem Kopf.
    Unser Baum stand bereit, die Geschenke lagen darunter, die Weihnachtskarten, die wir bekommen hatten, waren hübsch ordentlich auf dem Kaminsims aufgereiht. Auf der Veranda hingen Lichterketten. Jede leere Fläche, jede freie Wand im Haus war mit Weihnachtskrimskrams bedeckt. Mein Vater machte allerdings ständig irgendwas kaputt. Einmal schaffte er es – unabsichtlich natürlich   –, mit dem Arm so weit auszuholen, dass der pausbäckige, lä chelnde Weihnachtsmann vom Wohnzimmertisch flog und gegen die Wand krachte; ein anderes Mal kippte einer der drei Weisen aus dem Morgenland, die zu unserer Krippe gehörten, um und rollte exakt in dem Moment über den Fußboden, als zufällig mein Vater vorbeikam und ihn zertrat. Knirsch. Doch das war nichts Neues, das geschah je des Jahr, weswegen auch keines unserer diversen Weihnachtsensembles mehr vollständig war. Irgendwas fehlte immer – ein Jesuskind, ein Rentier, ein jubilierender Weihnachtsengel, übrigens der größte aus dem Engelchor. Bedauernswerte Weihnachtsopfer.
    An den Abenden kurz vor Weihnachten zogen Scarlett und ich los und kauften Geschenke: Sie eine ABBA-CD für |264| Cameron, weil ABBA seine Lieblingsgruppe war, ich eine Ray Ban für Macon, weil er dauernd seine Sonnenbrillen verlor. In den Geschäften war es heiß und voll. Sogar die kleinen mechanischen Engel, die unermüdlich um den Kopf der riesigen Weihnachtsmannfigur mitten in der Passage herumflogen, wirkten erschöpft.
    Mir kam es so vor, als würde ich Macon immer seltener sehen. Er zog bloß noch mit seinen Kumpels durch die Gegend. Auch unsere Telefonate wurden immer kürzer. Wenn wir tatsächlich etwas unternahmen, waren wir fast nie mehr allein. Immer mussten wir noch irgendwen irgendwohin kutschieren, ja, oft hockte einer seiner Freunde die ganze Zeit mit uns im Auto. Macon war ständig mit irgendwem oder irgendwas beschäftigt, nur nicht mit mir. Ich fand nie mehr Süßigkeiten in meinen Taschen oder meinem Rucksack. Einmal bekam ich auf dem Klo in der Schule mit, wie ein Mädchen ihrer Freundin erzählte, Macon habe ihrem Freund das Autoradio geklaut. Als ich ihn darauf ansprach, winkte er allerdings bloß ab und meinte, ich solle nicht alles glauben, was ich auf dem Klo höre. Bei seinen Anrufen herrschte im Hintergrund jedes Mal ein Höllenlärm. Abgesehen davon, dass ich mich dann fragte, wo er eigentlich gerade steckte, hatte ich das Gefühl, dass er bloß noch anrief, weil er sich dazu verpflichtet fühlte, nicht, weil er sich nach mir sehnte. Ich spürte, dass er mir entglitt. Ich musste handeln, und zwar bald.
    Meine Mutter dagegen war total glücklich; sie schien der Überzeugung zu sein, zwischen uns wäre alles wieder in Ordnung. Manchmal merkte ich, wie sie mich quer durchs Zimmer ansah und dabei lächelte, als wollte sie sagen:
Ich hatte Recht, nicht wahr? Es ist doch alles viel besser so.
Sie wirkte sehr zufrieden mit sich selbst.
    |265| Am Abend vor

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