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Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Titel: Someone like you - Dessen, S: Someone like you Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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Plötzlich spürte ich etwas Hartes im Rücken. Ich tastete danach, bis ich es zu fassen bekam, hielt es in die Höhe, um in dem spär lichen Licht erkennen zu können, was da kühl in meiner Hand lag: ein goldener Ohrring in Tropfenform. Der Ohrring, den Elizabeth gesucht hatte. Scarlett hatte die gleichen Ohrringe.
    »Moment, warte.« Ich schob Macon von mir. Wir waren tatsächlich schon sehr weit gegangen, weiter als je zuvor, und ich hörte, wie er stöhnte, als ich mich unter ihm hervorzwängte.
    »Was ist los? Was hast du?«, fragte er.
    »Mir ist schlecht.« Was nicht stimmte, zumindest nicht, bis ich es ausgesprochen hatte. Doch in der Sekunde, als die Worte über meine Lippen kamen, fiel mir das viele Bier ein, das ich getrunken hatte, der Zug aus der Wasserpfeife, das Bett, das nach Schweiß roch, das stinkende Katzenklo. Es überwältigte mich und mir war tatsächlich auf einmal speiübel. »Ich muss dringend an die frische Luft.«
    »Komm her zu mir«, sagte er und ließ seine Hand über meinen Rücken gleiten, doch das fühlte sich plötzlich gar nicht mehr gut an, sondern kalt und ekelig. »Leg dich wieder zu mir, komm.«
    »Nein.« Ruckartig wich ich zurück und stand auf, verlor jedoch fast das Gleichgewicht. Alles war schief, das ganze Zimmer. Ich stürzte zur Tür, lehnte mich schwer dagegen, |286| fummelte mühsam an der Klinke herum. »Ich glaub . . . ich glaube, ich muss nach Hause.«
    »Nach Hause?« Er sprach es aus, als wäre es ein Schimpfwort. »Halley, es ist total früh. Du kannst noch nicht nach Hause.«
    Ich bekam die Tür einfach nicht auf, meine Finger rutschten immer wieder ab, ich fand doch glatt den Knopf nicht, um die Tür zu entriegeln. Ich spürte, wie mir langsam, aber sicher alles hochkam. »Ich muss hier raus«, sagte ich. »Ich muss mich gleich übergeben.«
    »Warte«, sagte Macon. »Ganz ruhig bleiben, okay? Komm zu mir.«
    »Nein!« Ich fing an zu weinen. Ich hatte Angst, es war alles so komisch, ich hasste ihn, weil er mich an diesen Ort gebracht hatte, hasste ihn für das, was er mir antat, hasste mich selbst, hasste meine Mutter und Scarlett, weil sie die ganze Zeit über Recht gehabt hatten. Da hörte ich es plötz lich : Stimmen, die rückwärts zählten.
Zehn, neun, acht,
und mir war schlecht, ich fühlte mich völlig verloren, war fertig mit der Welt, das verdammte Schloss rührte sich einfach nicht, dabei spürte ich bereits, wie mir alles hochkam, der säuerliche Geschmack in meinem Mund, dann öffnete sich endlich, endlich die Tür, ich stürzte los,
sie
ben
, sechs, fünf,
über den Flur, drängte mich durch die Leute in Küche und Wohnzimmer, die überall im Weg standen und den Countdown runterleierten, raste raus in die Kälte, die Stufen vorm Haus hinunter, die Auffahrt entlang,
vier, drei, zwei,
ins Gebüsch, und als die
Eins
gegrölt wurde und drinnen alle losjubelten, plumpste ich auf die Knie und kotzte mir die Seele aus dem Leib, dort im Gebüsch, wäh rend das neue Jahr begann.

|287| Kapitel fünfzehn
    Während der ersten Minuten auf dem Weg nach Hause sagte er kein Wort. Er war sauer. Als wäre mir absichtlich schlecht geworden, als hätte ich es von Anfang an geplant. Als er endlich nach mir suchte und zu mir ins Gebüsch kam, lag ich halb tot auf der Erde, Blätter im Gesicht, und wünschte mir, ich wäre ganz tot. Er schleppte mich zum Auto und bretterte so rasant die Auffahrt hinunter, dass die Reifen schwarze Spuren hinterließen. Überhaupt fuhr er viel zu schnell; auf dem Weg zur Hauptstraße geriet das Auto mehrfach ins Schlingern.
    Ich kauerte ans Fenster gelehnt mit geschlossenen Augen auf dem Sitz und hoffte inständig, dass ich mich nicht noch einmal übergeben musste. Mir ging es mehr als dreckig.
    »Entschuldige«, sagte ich nach ungefähr fünf Kilometern, als die Lichter der Stadt allmählich vor uns auftauchten. Jedes Mal, wenn ich an die Laken auf dem Bett und das Katzenklo dachte, drehte sich mir der Magen um. »Tut mir echt Leid.«
    »Vergiss es.« Der Motor heulte auf, als er einen Gang runterschaltete und so scharf um eine Kurve bog, dass wir für eine Sekunde tatsächlich auf zwei statt vier Rädern fuhren.
    |288| »Ich wollte doch auch«, sagte ich. »Ich schwöre dir, ich hätte weitergemacht. Ich hatte einfach zu viel getrunken.«
    Schweigend – dafür quietschten die Reifen umso lauter – stieg er aufs Gas und bog auf die Schnellstraße ab, die zu meinem Viertel führte.
    »Macon, bitte sei nicht so«, sagte ich.

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