Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Titel: Someone like you - Dessen, S: Someone like you Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
Vom Netzwerk:
ist doch jetzt unwichtig.«
    »Der Polizist meinte, du seist mit Macon Faulkner zusammen gewesen«, fuhr sie fort. Ihre Stimme klang unsicher, so als liefe sie beim Sprechen über unwegsames Gelände. »Stimmt das? War er das? Hat er dir das angetan?«
    »Nein«, antwortete ich. Plötzlich kehrten die Erinnerungen zu mir zurück: die Kälte, das grelle Licht, die fallenden Sterne. Wenn ich bloß nicht so kaputt gewesen wäre. Ich schloss die Augen. »Es war so, dass   –«
    |295| »Ich wusste es.« Sie hielt meine rechte Hand fest, die unverletzte, und drückte sie. Fest. »Ich wusste es«, wiederholte sie. »Warum kannst du nicht ausnahmsweise auf mich hören? Warum geht es nicht in deinen Kopf, dass ich vielleicht Recht haben könnte? Dass ich weiß, was das Beste ist. Immer musst du dir beweisen, dass du es allein herausfindest, und was ist die Folge? Merkst du denn nicht, was dann passiert, siehst du es nicht . . .« Ihre Stimme wurde immer leiser. Aber vielleicht schlief ich auch bloß wieder ein. Schwer zu sagen.
    »Julie.« Ich hörte, wie mein Vater von dem anderen Bett aufstand und zu uns herüberkam. »Julie, sie schläft. Sie hört dich nicht mehr, Liebes.«
    »Du hast mir versprochen, dass du dich nicht mit ihm treffen würdest«, flüsterte sie, ihr Mund nah bei meinem Ohr, ihre Stimme rau. »Du hast es mir
versprochen

    »Lass gut sein«, sagte mein Vater. Und noch einmal, so leise, dass ich es kaum noch hörte: »Lass gut sein.«
    Ich schlief schon fast. Wilde Gedanken schwirrten durch meinen Kopf, verhedderten sich in den Geräu schen , die ich hörte. Alles zusammen riss mich mit sich davon. Doch bevor ich endgültig weg war – möglicher weise träumte ich auch bereits   –, hörte ich dicht an meinem Ohr eine Stimme: Vielleicht ihre, vielleicht Macons, vielleicht eine, die ich mir selbst zusammenfantasierte.
Ich bin bei dir
, sagte die Stimme, als ich einschlief.
Ich bin bei dir.

|296| Kapitel siebzehn
    Der Januar war eintönig, grau, zog sich endlos hin. Den Neujahrstag verbrachte ich noch im Krankenhaus; am zweiten Januar wurde ich entlassen, aber alles tat mir weh. Die ganze darauf folgende Woche über blieb ich im Bett und starrte durchs Fenster auf Scarletts Haus, die Flugzeuge am Himmel. Meine Mutter übernahm komplett die Kontrolle über mein Leben. Und ich ließ sie machen.
    Macon wurde mit keiner Silbe erwähnt. Es war klar, dass in der Nacht vor dem Unfall etwas geschehen war, etwas Bedeutsames, aber sie fragte nicht und ich fing auch nicht von mir aus davon an. Stattdessen erneuerte sie die Verbände an meinem Auge und meinem Handgelenk, gab mir meine Medikamente, servierte mir die Mahlzeiten auf einem Tablett. Macon kam mir vor wie ein Traum, kaum sichtbar, fast unwirklich – was an der Stille lag, die im Haus herrschte, und daran, dass meine Mutter ständig um mich war. Doch es tat ohnehin zu weh, überhaupt nur an ihn zu denken.
    Allerdings versuchte er Kontakt zu mir aufzunehmen. In der ersten Nacht, die ich wieder daheim schlief, hörte ich, wie er mit laufendem Motor am Stoppschild stand, unser altes Zeichen. Ich lag im Bett, starrte an die Decke, lauschte. Nach etwa zehn Minuten fuhr er wieder ab; als er um |297| die Ecke bog, wanderte das Licht seiner Scheinwerfer über die Wände meines Zimmers, ließ meinen Spiegel aufblitzen, beleuchtete kurz einen Streifen Tapete, das lächelnde Gesicht meiner Scarlett-O’Hara-Puppe. Er hupte nachdrücklich, gab mir eine letzte Chance zu reagieren. Dann sah ich durchs Fenster wieder nur den nächtlich schwarzen Himmel und schloss die Augen.
    Ich wusste nicht, was ich von all dem halten sollte. Die Silvesternacht erschien mir wie ein einziger, wahnwitziger, verschwommener Wirbel, der durch meinen Streit mit Scarlett eingeleitet wurde und damit endete, dass ich am Straßenrand lag und mir kalt, kalt, kalt war. Ich war verletzt und wütend und kam mir vor wie der letzte Idiot, weil ich so verblendet und bescheuert gewesen war und mich am Ende sogar gegen Scarlett gewandt hatte, den einzigen Menschen auf der Welt, der wirklich zählte. Und das nur, weil sie versucht hatte mir die Wahrheit zu sagen.
    Manchmal in dieser ersten Januarwoche, während ich im Bett lag und vor mich hin grübelte, tastete ich nach dem Ring, den er mir geschenkt hatte. Wobei ich allerdings jedes Mal vergaß, dass ich ihn gar nicht mehr trug, weil man ihn mir in der Notaufnahme abgezogen hatte. Er lag in einer kleinen Plastiktüte auf dem Schreibtisch, direkt

Weitere Kostenlose Bücher