Someone like you - Dessen, S: Someone like you
doch.« Ich nahm noch einen Schluck von meinem kostbaren, inzwischen warmen und schalen Bier. »Sie waren total verliebt.«
»Ich wusste aber nichts davon«, sagte sie gedehnt. »Anscheinend haben sie ein Riesengeheimnis daraus gemacht. Ich habe Michael während der Sommerferien nämlich oft getroffen, aber er hat nie etwas erzählt.«
Dazu wusste ich nichts zu sagen. Da ich allerdings das Gefühl hatte, dass wir gerade in heikles Gelände vorstießen, wechselte ich das Thema. Scarlett gehörte genauso wenig in dieses Zimmer, dieses Haus, wie meine Mutter. »Also, ist Ronnie dein Freund?«
Sie lachte, als wüsste sie etwas, wovon ich keinen Schimmer hatte. »Freund? Nein. Er ist einfach bloß – Ronnie.«
»Oh.«
»Echt krass, dass sie das Baby tatsächlich bekommt.« |283| Elizabeth holte Scarlett zurück, stellte sie wieder zwischen uns. »Damit macht sie sich doch ihr ganzes Leben kaputt.«
Ich starrte auf das Katzenklo und fragte mich erneut, was wohl mit dieser Katze war. »Stimmt nicht. Sie will es so, es ist
ihre
Entscheidung.«
»Ich an ihrer Stelle würde mich eher umbringen als ein Baby zu bekommen.« Da waren sie wieder, lässiger Kopfschwung, fliegende Haare, als sie sich aufsetzte und noch eine Zigarette aus der Packung nahm, die auf dem Regal am Kopfende lag. »Ich kenne mich selbst gut genug, um zu wissen, dass ich das niemals packen würde.«
In dem Moment beschloss ich, dass ich Elizabeth Gunderson nicht nur nicht ausstehen konnte, sondern hasste. Es fiel mir wie Schuppen von den Augen: Sie war durch und durch böse und nur darauf aus, wie ein Raubvogel auf mich herabzustürzen, wenn ich gerade nicht aufpasste. Sinn und Zweck ihres Daseins bestand darin, Bomben abzuwerfen und sich rechtzeitig zu verkrümeln, bevor sie mir ins Gesicht explodierten.
»Du bist auch nicht Scarlett«, meinte ich.
»Das weiß ich.« Sie stand auf, steckte die Zigaretten ein. »Und es ist mein Glück, würde ich sagen.« Als sie an mir vorbei zur Tür ging, stieß sie gegen mich. »Kommst du?« Sie hielt die Tür für mich auf.
»Nein.« Ich erwiderte ihren Blick. »Ich glaube, ich –« Doch sie war bereits weg. Durch die halb offene Tür drang von der Lampe im Flur etwas mehr Licht ins Zimmer. Ich war allein.
Saß lange Zeit auf dem Bett. Von draußen waren Musik, Stimmen, Geräusche zu hören. Mädchen kicherten, stän dig ging die Badezimmertür auf und zu, weil jemand aufs Klo musste. Ich verlor jegliches Zeitgefühl. War mir sicher, |284| dass bereits Stunden vergangen waren und ich den Beginn des neuen Jahres verpasst hatte. Da schlüpfte Macon wieder ins Zimmer und verriegelte die Tür hinter sich.
»Hey du«, sagte er. Im Dunkeln sah ich nur seine Zäh ne , einen sprechenden Mund, der sich mir näherte. »Alles klar?«
Ich beugte mich vor und versuchte angestrengt sein Gesicht zu erkennen. Als er dicht vor mir stand, merkte ich, dass er genauso aussah wie vorher. Mein Macon. Mein Freund. Meiner. »Wie spät ist es?«, fragte ich.
»Keine Ahnung.« Er warf einen Blick auf das grünlich schimmernde Display seiner Armbanduhr. »Halb zwölf, wieso?«
»Einfach so. Wo hast du so lange gesteckt?«
»Hab bloß mit ein paar Leuten gequatscht.« Er gab mir sein Bier. Ich trank. Es war kalt, schmeckte gut. Ich hatte keinen Überblick mehr, wie viel ich schon getrunken hatte. Ich fühlte mich ganz warm und weich, fast wie flüssig. Er legte sich zu mir auf Bett. Ich kuschelte mich an ihn, küsste seinen Nacken. Er schlang die Arme um mich. Als ich die Augen schloss, drehte sich alles, doch er hielt mich fest. Schon wanderte seine Hand mein Bein entlang zu meinem Hosenbund. Das war’s. Es ging los.
Ich küsste ihn, küsste ihn immer wieder, versuchte alles um mich herum zu vergessen, doch es war heiß und stickig und das Bett roch unangenehm nach Schweiß. Wir machten zwar weiter, aber gleichzeitig drängte sich unaufhaltsam der Gedanke in meinen Kopf, dass ich es mir so
nicht
vorgestellt hatte. Nicht in diesem engen Zimmer, auf einem stinkenden Bett, während sich in meinem Kopf alles drehte und nebenan permanent die Klospülung rauschte. Nicht hier, wo ein schmutziges Katzenklo auf dem Fußboden |285| stand, der
Playboy
rumflog und Elizabeth Gunderson meine Vorgängerin gewesen war. Nicht hier.
Ich wurde immer nervöser und unruhiger, zappelte herum. Macon öffnete die Knöpfe meiner Jeans. Die Klospü lung ertönte so laut, als wäre sie im selben Raum, ein Mäd chen bekam nebenan einen Hustenanfall.
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