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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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das Zielen zu erschweren, oder es war mein erratisches Hin- und Hergerenne, das mir den Hals rettete, oder, ach verdammt: Vielleicht kannte ich die Straßen hier einfach ein ganz kleines bisschen besser. Das waren alte Straßen, wirklich uralt. Sie stammten noch aus einer Zeit, in der alle mit Autos durch die Gegend fuhren – bevor es Schweber gegeben hatte, bevor alles den Bach runtergegangen war. Sie stammten aus einer Zeit, als die Stadt New York noch viel kleiner gewesen war, sich nicht über die ganze Ostküste erstreckte, und Trenton hatte nur ›in der Nähe‹ gelegen. Ich durchforstete mein Gedächtnis nach Dingen, die mir hier einen Vorteil verschaffen mochten, und dachte an Kev Gatz, der hier ganz in der Nähe hauste; er war schon immer ein echter Freak gewesen, aber im Augenblick war er meine einzige Hoffnung. Er war dreiundzwanzig Jahre alt und sah aus, als würde er innerhalb der nächsten fünf Jahre ganz bestimmt draufgehen, aber seit ich ihn kannte, hatte er schon immer so ausgesehen. Einfach eine weitere gesichtslose, jämmerliche Gestalt, wie sie zuhauf durch New York streunten – nur dass in seinem Kopf eben irgendetwas ganz furchtbar falsch lief.
    Aber auf glorreiche Art falsch, denn Kev Gatz war ein Psioniker. Wenn ich den erreichten konnte, dann könnte er ja vielleicht diesen Mönch ›pushen‹. Viel war das nicht gerade, aber es war das Einzige, was mir hier überhaupt noch helfen konnte.
    Mit einem Vorsprung von vielleicht fünf Sekunden bog ich um die Ecke, und sofort wusste ich genau, wo ich war, und ich wusste auch – und dabei durchzuckte mich ein Gefühl, das fast schon an Freude grenzte –, dass es hier ganz in der Nähe einen alten Schutzraum gab. Ohne Zeit zu verschwenden rannte ich eine Gasse hinunter, dann bog ich hastig in eine Seitengasse ab. Beide waren gerade breit genug, um darin rennen zu können – wenn man vorsichtig war. An beiden mochte man Tausende Male vorbeigehen, ohne sie überhaupt zu bemerken.
    »Fliehen Sie nicht vor Ihrem Schicksal, Mr Gates«, sagte der Mönch und war mir dabei näher, als ich erwartet hatte. »Können Sie vor dem Lebensende davonlaufen? Denken Sie nach und fügen Sie sich.«
    Denken Sie nach und fügen Sie sich. Was für eine Scheiße! Ich wünschte, dieser Bulle hätte dir deine Metallfresse weggeschossen! Mit einem kräftigen Tritt riss ich eine morsche Holztür aus den Angeln und sah vor mir eine halbzerfallene Treppe. Sofort stürmte ich hinauf und spürte, wie die uralten Holzbalken unter meinem Gewicht nachgaben, sodass ich fast das Gleichgewicht verlor. Ich erreichte gerade den dritten Treppenabsatz und spürte, wie meine Lunge brannte und meine Beine schmerzten, als ich unter mir das Knarren der Stufen hörte. Verzweifelt sprang ich in einen kleinen, heruntergekommenen Raum: weißgetünchte Wände, der Holzfußboden verrottet. Nicht zögern, keinen Fehler machen: Mir blieben noch fünf Sekunden, mich zu retten -vielleicht auch nur vier.
    Ich schlug gegen die getünchte Wand, auf eine kleine Stelle, die genau so aussah wie all die anderen Unebenheiten im Putz und lief einfach weiter, sprang der gegenüberliegenden Wand entgegen. Wie eine Kanonenkugel schlitterte ich über den staubigen Metallfußboden, zog mir dabei ordentliche Schrammen zu und rollte mich so eng zusammen, wie ich nur konnte. Schließlich krachte ich gegen irgendetwas, das unter meinem Gewicht kein bisschen nachgab, und mein ganzer Körper schrie vor Schmerz.
    Ich erstarrte, meine Lungenflügel brannten immer noch.
    Der Schweiß rann mir in die Augen. Ich wagte nicht einmal zu blinzeln.
    Derartige Schutzräume gab es in dieser Gegend überall. Jeder, der sich bemühen musste, unter dem Radar des SSD zu bleiben, hatte früher oder später Techies angeheuert, die einem so etwas einrichteten: nur Barzahlung, ein Tag Arbeit, alles nach Kundenwunsch maßangefertigt. Thermoabschirmung, Signalverzerrung, holographische Tarnsysteme, Lärmschutz – wenn man sich erst einmal im Inneren einer solchen Kammer befand, mussten die System-Bullen schon die Wände einreißen oder eben einschießen, um einen zu finden. Bequem war es in diesen Räumen nicht, aber sie leisteten ganze Arbeit.
    Einen Augenblick später hatte auch der Mönch das Zimmer erreicht. Ich biss die Zähne zusammen, um mir das Einatmen zu verkneifen. Ich wollte doch nur einen einzigen Atemzug. Nur einen einzigen! Ich wünschte wirklich, ich könnte Sauerstoff durch meine Poren einsaugen.
    Dann hörte ich schwere

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