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Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch

Titel: Somers, Jeff - Avery Cates 01 - Der elektronische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Somers
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einem Schädel in eine CPU verpflanzen kann. Man konnte einen Mann irgendwo in einer kleinen Gasse über den Haufen schießen, und wenige Stunden später lief dann ein neuer Mönch durch die Gegend, fast ohne jeden Hirnschaden. Und dieser Schaden ließ sich vielleicht sogar durch entsprechende Schaltungen wieder beheben, wer wusste das schon? Jemand, der früher einmal dein Kumpel gewesen war, mit dem man herumgehangen hatte, mit dem man Drogen genommen hatte, fühlte sich eines Morgens ganz furchtbar spirituell und entschied sich für einen dieser Metallkörper, ganz ohne jeden Grund, und als Nächstes kam dann diese rituelle Begrüßung: Hi, ich war früher mal dein Kumpel, aber jetzt bin ich ein Blechkopf und ich möchte gerne mit dir über die Ewigkeit plaudern. Nur dass ich den Grund jetzt kannte. Und Leute wie Nad – Leute wie wir – waren in der Gesamtheit der Gesellschaft völlig unbedeutend. Niemand würde uns vermissen, niemand würde sich auch nur die Mühe machen, irgendwelche Nachforschungen über unser Verschwinden anzustellen.
    Dieser Cyborg hatte Nad Muller umgebracht, um ihn zu rekrutieren. Morgen früh würde Nad als Mönch aufwachen. Und ich? Ich hatte das Gefühl, mich habe man nicht dafür auserwählt.
    Im Augenblick gab es wichtigere Dinge, über die ich mir Gedanken machen musste: Kleinigkeiten wie Blickrichtungen und Blickwinkel und Fluchtmöglichkeiten. Jetzt mit einem System-Bullen zusammenzutreffen, konnte ich genauso gut gebrauchen wie ein Loch im Kopf – und genau diese beiden Möglichkeiten sah ich hier direkt vor mir. Das war ja echt eine großartige Nacht! Ich wünschte sehnsüchtig, Kev Gatz wäre doch noch bei uns geblieben, dieser gottverdammte Freak! Den hätte ich jetzt wirklich gut gebrauchen können. Meine Finger umklammerten den Griff meiner Waffe, einfach nur, damit meine Hand nicht zitterte.
    »Hallo, Officer«!, sagte der Mönch, ruhig und völlig cool. »Es scheint, als sei dieser Mann hier angegriffen worden.«
    Dieser Dreckskerl, dachte ich. Der versucht doch bloß Zeit zu schinden.

IV
     
    Auf glorreiche Art falsch
     
    01000
     
     
    Auch der Cop wusste, dass der Mönch nur Zeit schinden wollte. System-Bullen arbeiteten normalerweise nicht Undercover. Die stapften einfach durch die Gegend, und niemand wagte, sich mit denen anzulegen. Einen System-Cop konnte man schon aus einer Meile Entfernung erkennen – und genau das wollten sie auch. Sie stiegen aus ihren Wagen, und alles rings um sie blieb einfach stehen; hartgesottene Burschen rührten sich nicht mehr, sondern pfiffen nur noch unschuldig vor sich hin, als gebe es in der ganzen Welt nicht das Geringste, das sie dazu bewegen könnte, ein Verbrechen zu begehen. Und dieser Cop hier stand einen Moment lang nur ruhig dort und betrachtete die Szenerie, bevor er auf den Mönch reagierte.
    »Identifizieren Sie sich«, sagte er. In der Straße war es völlig still und sehr dunkel, doch die Stimme des Neuankömmlings war klar und deutlich zu hören und klang sehr fest. Eindeutig ein Mensch.
    Ich betrachtete die Straße und dachte darüber nach, welche Möglichkeiten sich mir boten. Wenn ich jetzt aufstand, würde mich der Cop einfach über den Haufen schießen. Das war meine beste Gelegenheit, dafür zu sorgen, dass dieser Scheiß-Mönch genau das tun konnte, was er tun wollte. Ich war wie paralysiert.
    »Ich bin Bruder Vita«, erwiderte der Mönch sofort. »Bruder Jeofrey Vita von der Alpha-Bruderschaft der Cyber-Kirche.«
    »Dass Sie ein gottverdammter Mönch sind, sehe ich auch«, fauchte der Cop. »Was ist hier passiert?«
    Und sofort wusste ich, dass der Cop nicht mit der Leitstelle in Verbindung stand. Entweder war er auf dem Weg zu irgendeinem Einsatz, oder er hatte dienstfrei, oder er machte hier irgendetwas, von dem die Schnüffler tunlichst nichts erfahren sollten – was auch immer der Grund sein mochte, auf jeden Fall hatte er kein Link aktiviert.
    Nachdem ich hatte miterleben müssen, was dieser Mönch gerade getan hatte, wusste ich, dass der Officer ein toter Mann war.
    Das war mein Stichwort. ›Kein Link‹ bedeutete, dass er mein Bild nicht aufzeichnen und an die Leitstelle übermitteln konnte. ›Kein Link‹ bedeutete, ich konnte einfach verschwinden und zulassen, dass Bruder Vita die Drecksarbeit übernahm. Aber verdammt noch mal, ich konnte mich nicht bewegen! Dieser Scheiß-Mönch war schnell. Wenn ich begriffen hatte, dass der Cop kein Link hatte, dann konnte es nicht mehr lange dauern, bis der

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